Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Eine Reise ins Licht
Der auch in Deutschland gern gelesene österreichische Schriftsteller Wolfgang Hermann wurde den Leserinnen und Lesern der Rheinischen Post zuletzt 2021 mit dem humoristisch-hintergründigen Roman „Herr Faustini bekommt Besuch“vorgestellt.
Seine neue, offenkundig stark autobiographische Erzählung von etwa 80 Seiten, „Insel im Sommer“, handelt von der Trauer um den Verlust eines geliebten Menschen und von der mühsamen und lang andauernden Überwindung einer tiefen Depression.
Der Ich-erzähler, ein Mann jenseits der 40, kann sich auch noch Jahre nach dem Tod seines einzigen Sohnes Fabius nicht aus der „Hölle der Trauer“befreien. Erst als Cristina, eine unglücklich verheiratete Spanierin, in sein Leben eintritt und beide ein Paar werden, gewinnt für ihn wieder das Leben an Leuchtkraft. Doch als sich Cristina von ihm ein Kind wünscht, belebt das sein Verlusttrauma erneut. Er fühlt sich überfordert – und verliert Cristina als Geliebte.
Erneut vereinsamt und unglücklich reist er nach Paris, in seine Lieblingsstadt. Doch die einst vertrauten Straßen und Plätze sind ihm fremd geworden. Er reist weiter in den Süden, nach Aix en Provence und in die Gegend des durch Cezanne berühmt gewordenen Mont Saint Victoire.
Dort kann er bei Freunden wohnen, mit denen er einst – mit seinem Sohn Fabius – glückliche
Tage erlebte. Dort lernt er Maria kennen, ein ihn in ihrer Naivität und Selbstsicherheit verzauberndes Mädchen von 12 Jahren. Und über sie lernt er auch ihre attraktive Mutter, eine Künstlerin, kennen und lieben und findet in beiden endlich wieder so etwas wie eine eigene Familie.
Er reist mit ihnen auf eine kleine Insel vor der Küste – und endlich erlebt er auch wieder die Schönheit, das Licht und die Wärme des Südens, hört wieder den Gesang der Zikaden und riecht wieder die Düfte von Thymian und Lavendel: „Die Wunde bleibt, aber das Leben kehrt zurück.“
Die lakonisch knapp erzählte und doch literarisch dicht gewebte Geschichte nimmt ihre Leserinnen und Leser von Anfang an gefangen.
Sie überzeugt aber auch durch ihren Verzicht auf jede psychologische Kommentierung und durch ihre starke Bildersprache.