Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Kirche berät selbst zum Thema Austritt
Die Evangelische Landeskirche wendet sich mit einer Website an die Mitglieder und fragt, was sie bewegt.
„Kirchenaustritt: Fragen und Antworten“heißt es auf der Homepage. Und weiter: „Alle Informationen zu Kirchenaustritten aus der Evangelischen Kirche im Rheinland.“Der Internetnutzer glaubt, seinen Augen nicht zu trauen. Denn der Ersteller dieser Website ist tatsächlich – die Evangelische Kirche im Rheinland. Als erste deutsche Landeskirche bietet sie auf ihrer Internetpräsenz nicht nur Informationen über Taufe und Abendmahl, Gottesdienste und Friedensethik, sondern beantwortet auch die Frage, wie man die evangelische Kirche wieder verlassen kann.
„Wir haben festgestellt, dass es unglaublich viele Google-suchen nach den Begriffen ,Kirchenaustritt‘ und ,Bonn‘ oder „Kirchenaustritt‘ und ,NRW‘ gibt“, sagt Ralf-peter Reimann, der Internetbeauftragte der rund 2,3 Millionen Kirchenmitglieder zählenden Landeskirche. Doch wer im Internet danach suche, finde relativ weit oben auf den Ergebnisseiten Websites, die vor allem aus atheistischen Kreisen stammten. „Als Landeskirche erfahren wir von einem Austritt meist nur, wenn er vollzogen ist“, sagt Reimann: „Vorher ins Gespräch kommen wir mit den Menschen dann nicht mehr.“Mit der neuen Internetseite will die Kirche deswegen nicht nur darüber informieren, dass in NRW die Amtsgerichte für den Kirchenaustritt zuständig sind. Sie will Austrittswilligen auch ein letztes Gesprächsangebot machen.
Was freilich auf Kosten der Übersichtlichkeit der Website geht: Wer auf die „Fragen und Antworten zum Kirchenaustritt“klickt, erfährt zunächst einmal, wer die Evangelische Kirche im Rheinland eigentlich ist. „Es sind die Kirche und ihre Gemeindemitglieder, die den Glauben gemeinsam leben und durch die Zeit tragen“, heißt es dort. Daher bedauere man jeden einzelnen Kirchenaustritt. „Wenn Sie überlegen, aus der Kirche auszutreten, Ihre Fragen, Gedanken und Sorgen teilen möchten, helfen wir Ihnen gerne bei der Entscheidungsfindung“, heißt es auf der Website. Dafür könne man sich etwa an den Pfarrer der eigenen Gemeinde wenden. Oder man benutzt ein anonymes Kontaktformular auf derselben Seite. Zudem bietet die Seite Informationen etwa über die Höhe der Kirchensteuer, die für viele Menschen ein Austrittsgrund ist.
Erst nach einem Klick findet man schließlich auf einer weiteren Unterseite die Informationen, die man anfänglich gesucht hat: Für den Kirchenaustritt ist in NRW das Amtsgericht zuständig, heißt es dort. Und auch die Unterlagen, die man dorthin mitzubringen hat, sind dort aufgelistet.
„Wir wollen die Menschen sachlich über den Kirchenaustritt informieren“, sagt Reimann, „aber wir freuen uns über jeden, der unser Gesprächsangebot noch einmal annimmt.“Denn oft erfahre die Landeskirche gar nichts von Problemen, die Einzelne mit ihr haben. „Viele, die austreten wollen, behalten ihren Ärger für sich“, sagt Reimann: „Aber nur wenn wir davon erfahren, können wir auch Dinge verändern – deshalb freue ich mich, dass wir über das Kontaktformular schon mit Austrittswilligen in E-mail-kontakt treten konnten.“
„Viele, die austreten wollen, behalten ihren Ärger für sich“
Ralf-peter Reimann Internetbeauftragter der Landeskirche