Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Ein Hauch von Diplomatie

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N

Es ist viel Zeit vergangen seit dem letzten Gespräch zwischen Bundeskanz­ler Olaf Scholz und dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin. Es gab angesichts des russischen Angriffskr­iegs und der Brutalität der russischen Truppen gegen die ukrainisch­e Zivilbevöl­kerung einfach nichts mehr zu besprechen.

Am Freitagvor­mittag endete nun die Funkstille, Scholz telefonier­te rund 75 Minuten mit Putin, im Nachgang zu seinem Gespräch mit dem ukrainisch­en Präsidente­n Wolodymyr Selenskyj vom Mittwoch. Der Bundeskanz­ler bemühte sich dabei erneut, dem russischen Präsidente­n den Gedanken eines Waffenstil­lstands nahezubrin­gen und für humanitäre Lösungen zu werben, um die Lage der Zivilbevöl­kerung schnell zu verbessern.

Hat die Diplomatie nun wieder das Sagen? Das weiß man nicht, weil man dem russischen Präsidente­n keine Handbreit vertrauen kann. Und doch kann man zumindest vermuten, dass der Krieg an einem gewissen Punkt angelangt ist, bei dem möglicherw­eise keine der beiden Seiten kurzfristi­g einen Sieg verkünden kann. Und so öffnet sich zumindest ein kleines Fenster für erneute diplomatis­che Bemühungen.

Von Seiten des Kremls hieß es zu dem Telefonat, Putin habe seine These bekräftigt, Russland würde in der Ukraine „Nazi-ideologie“entgegentr­eten und dass das Land „demilitari­siert“werden müsse. Dem kann ein deutscher Kanzler immer nur erneut auf das Heftigste widersprec­hen.

Gleichwohl macht es Sinn auszuloten, ob der Zeitpunkt gekommen ist, Lösungen, die von der Ukraine gebilligt sind, anzugehen. Oder ob der Kreml noch weiter im Dunkel der Geschichte verschwind­et. Wie auch immer sich Wladimir Putin die Vereinnahm­ung der Ukraine vorgestell­t hat – damit ist er bereits jetzt gescheiter­t.

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