Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Ein Hauch von Diplomatie
Es ist viel Zeit vergangen seit dem letzten Gespräch zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Es gab angesichts des russischen Angriffskriegs und der Brutalität der russischen Truppen gegen die ukrainische Zivilbevölkerung einfach nichts mehr zu besprechen.
Am Freitagvormittag endete nun die Funkstille, Scholz telefonierte rund 75 Minuten mit Putin, im Nachgang zu seinem Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vom Mittwoch. Der Bundeskanzler bemühte sich dabei erneut, dem russischen Präsidenten den Gedanken eines Waffenstillstands nahezubringen und für humanitäre Lösungen zu werben, um die Lage der Zivilbevölkerung schnell zu verbessern.
Hat die Diplomatie nun wieder das Sagen? Das weiß man nicht, weil man dem russischen Präsidenten keine Handbreit vertrauen kann. Und doch kann man zumindest vermuten, dass der Krieg an einem gewissen Punkt angelangt ist, bei dem möglicherweise keine der beiden Seiten kurzfristig einen Sieg verkünden kann. Und so öffnet sich zumindest ein kleines Fenster für erneute diplomatische Bemühungen.
Von Seiten des Kremls hieß es zu dem Telefonat, Putin habe seine These bekräftigt, Russland würde in der Ukraine „Nazi-ideologie“entgegentreten und dass das Land „demilitarisiert“werden müsse. Dem kann ein deutscher Kanzler immer nur erneut auf das Heftigste widersprechen.
Gleichwohl macht es Sinn auszuloten, ob der Zeitpunkt gekommen ist, Lösungen, die von der Ukraine gebilligt sind, anzugehen. Oder ob der Kreml noch weiter im Dunkel der Geschichte verschwindet. Wie auch immer sich Wladimir Putin die Vereinnahmung der Ukraine vorgestellt hat – damit ist er bereits jetzt gescheitert.