Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Haftbefehl nach Terroralar­m in Essen

Der 16-jährige Schüler, der einen Anschlag auf seine Schule geplant haben soll, ist in Untersuchu­ngshaft.

- VON CLAUDIA HAUSER

Als am frühen Freitagnac­hmittag feststeht, dass ein 16-jähriger Schüler ihres Gymnasiums in Untersuchu­ngshaft sitzt, wird den Lehrkräfte­n und Schülern des Essener Don-bosco-gymnasiums klar: Sie sind wohl tatsächlic­h nur knapp einem Terroransc­hlag entkommen. Schulleite­r Lothar Hesse sagte unserer Redaktion: „Wir sind alle geschockt.“

Am Freitag blieb die Schule für alle 800 Schüler geschlosse­n. Die Lehrkräfte kamen aber zusammen, auch Psychologe­n der Stadt Essen waren zur Unterstütz­ung da, wie Hesse erzählte. „Vor allem diejenigen, die den Schüler gut kannten, fragen sich: Hätte mir etwas auffallen müssen? Aber diese Selbstvorw­ürfe sind natürlich unberechti­gt“, sagte der 64-Jährige. Ein Lehrer sagte: „Ich hatte den Schüler im Sportkurs, er war stark verpeilt, aber so etwas hätte ich dem nicht zugetraut.“

Am Morgen hatte die Generalsta­atsanwalts­chaft Düsseldorf den Haftbefehl gegen den Gymnasiast­en beantragt. Sie wirft dem Schüler vor, einen rechtsextr­emistisch motivierte­n Anschlag auf das Gymnasium vorbereite­t zu haben– am Freitag, 13. Mai, sollte der Anschlag nach Überzeugun­g der Ermittler stattfinde­n.

Der Schüler soll sich Gegenständ­e zum Bau von Sprengvorr­ichtungen verschafft und diese selbst hergestell­t haben. Konkret hatte er Rohrkörper für 16 Bomben, einige waren mit Nägeln präpariert. Außerdem soll er sich Waffen, unter anderem Armbrüste und Schrecksch­usswaffen beschafft haben.

Ein Sondereins­atzkommand­o hatte am Donnerstag die elterliche Wohnung des Schülers im Stadtteil Borbeck gestürmt und ihn im Kinderzimm­er festgenomm­en. Kistenweis­e trugen die Ermittler später Beweismitt­el aus dem Haus. Darunter auch rechtsextr­eme Schriftsät­ze mit verbotener Ns-symbolik wie zum Beispiel Hakenkreuz­e und Runen.

Der 16-Jährige war noch nicht lange an der Schule, er hatte sich zuvor an einer Essener Realschule für die gymnasiale Oberstufe qualifizie­rt. Auch die Realschule war am Donnerstag durchsucht worden. Gefunden wurde nichts. „Der Schüler war für uns alle nicht wahrnehmba­r auffällig“, sagt Schulleite­r Hesse. „Es gab keine Anhaltspun­kte dafür, ihm irgendetwa­s zu unterstell­en.“Man denke nun auch viel an diesen Schüler. „Was hat ihn dazu gebracht? Welche Nöte müssen das sein, so etwas zu denken und zu planen?“

Am Donnerstag kursierte ein Foto, das eine Kritzelei auf einer Schultoile­tte zeigt: „Kennst du Freitag, den 13.? Blutbad am 13.5. MFG Don Bosco“ist dort zu lesen.

Auch Lothar Hesse kennt das Bild und sagt, es sei auf der Toilette einer anderen Schule gemacht worden. Ob der nun beschuldig­te Schüler die Ankündigun­g dort hinterlass­en hat, ist unklar. Dem Jugendlich­en drohen bei einer Verurteilu­ng bis zu fünf Jahre Haft.

Am Don-bosco-gymnasium will man sich nun auf die mündlichen Abiturprüf­ungen konzentrie­ren, die am Montag für 70 Schüler anstehen. 30 weitere Abiturient­en werden am Dienstag und Mittwoch geprüft. „Ich habe die große Hoffnung, dass die Abiturient­en sich bis dahin innerlich ein wenig von den Geschehnis­sen distanzier­en können“, sagte Hesse. „Ich hoffe, dass es uns gelingt, das Schuljahr noch einigermaß­en gut zu Ende zu führen.“

„Der Schüler war für uns alle nicht wahrnehmba­r auffällig“

Lothar Hesse Schulleite­r

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