Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Ein sonderbarer Wahlkampf
Die Landtagswahl in NRW am Sonntag kommt so unscheinbar daher wie schon der ganze Wahlkampf lief. Das Interesse vieler gilt gerade anderen Fragen. Das macht die Wahl nicht unwichtiger.
Plötzlich ist Landtagswahl. Irgendwie lag sie in weiter Entfernung, gedanklich jedenfalls. Doch der Kalender hat zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk vorgespult bis Mitte Mai.
Und da findet nun mal, so sieht es das Gesetz vor, die Landtagswahl in Nordrhein-westfalen statt. Es ist ja noch nicht besonders lange her, dass dieser Wahlkampf begonnen hat. Er waberte eine ganze Zeit lang so daher, ohne dass besonders viele Bürger etwas davon mitbekommen hätten, geschweige denn die Massen bewegt worden wären.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat alles verändert. Die Probleme und Ängste, die dieser Krieg und sein Initiator Wladimir Putin hervorrufen, haben die landespolitischen Debatten, die hätten entstehen können, von vornerein im Keim erstickt. Wer will schon über Bildungspolitik sprechen, wenn die Preise steigen, wenn Menschen Angst vor der Ausweitung des Krieges haben? Wer will über das Schienennetz streiten, wenn Hunderttausende Flüchtlinge in Deutschland Schutz suchen?
Die Landespolitiker und solche, die es werden wollen, erscheinen dagegen weitgehend machtlos. Die Probleme, die drängen, können sie nicht lösen. Das mangelnde Interesse an landespolitischen Themen in der Bevölkerung und die vermeintliche Ohnmacht eines Regionalparlaments angesichts der Weltlage haben diesen Wahlkampf zu einem sehr sonderbaren Ereignis werden lassen. Dabei ist Desinteresse an dieser Landtagswahl alles andere als angebracht.
Eine nordrhein-westfälische Landesregierung ist nicht machtlos, nicht ohnmächtig. Sie steht dem bevölkerungsreichsten Bundesland des größten Eu-staates vor. Da kann man schon etwas bewegen. Und nur weil die Weltlage erdrückend wirkt, heißt das nicht, dass die Probleme im Land nicht mehr existieren. Die Schulen sind in einem schlechten Zustand, der öffentliche Nahverkehr ist deutlich ausbaufähig, die Gesundheitsämter haben ihre Schwächen offenbart, der Rechtsextremismus breitet sich aus. Genug Aufgaben für eine Landesregierung.
Henning Rasche
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