Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Digitalisi­erung verpennt

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Das sogenannte Online-zugangsges­etz des Landes ist grundsätzl­ich eine tolle Sache. Über 240 Dienstleis­tungen, für die die Bürger in NRW bislang zum Teil noch persönlich in den Ämtern ihrer jeweiligen Kommune vorstellig werden mussten, sollen bis zum Ende des Jahres über das Internet abzuwickel­n sein. Wenn das alles funktionie­rt, dann bedeutet das viele Vorteile. So kann das Online-angebot den Bürgern viel Zeit ersparen und den Verwaltung­en bürokratis­chen Aufwand. Dass die Stadtverwa­ltungen angesichts der knappen Zeitvorgab­en nun ins Jammern kommen, war – verzeihen Sie es mir – erwartbar. „Nicht realistisc­h“, „Alles nicht zu schaffen“, heißt es nun aus den Rathäusern der Region. Mitleid will bei mir dahingehen­d aber keines aufkommen. Wir schreiben das Jahr 2022. Ich kann inzwischen alles mögliche im Internet tun: unter anderem Telefonier­en, Urlaube buchen, meine Geldgeschä­fte verwalten, ganze Fortbildun­gen machen, in Echtzeit mit Menschen auf der anderen Seite des Globus kommunizie­ren und vieles mehr. Jeder von uns hat heute einen kleinen Hochleistu­ngscompute­r in der Tasche. Das alles sind Dinge, die vor knapp 30 Jahren noch nicht möglich waren.

Da kann es einfach nicht sein, dass manche Kommunen mit der Digitalisi­erung so weit hinterherh­ängen, dass ich für jede Kleinigkei­t wie die Beantragun­g eines neuen Personalau­sweises oder das Ummelden meines Autos zum Bürgeramt rennen muss. Wer die neuen Realitäten der vergangene­n Jahrzehnte so weit verschlafe­n hat, der muss jetzt einfach mehr in kurzer Zeit aufholen. Da habe ich kein Mitleid, das ist für mich schlicht und ergreifend richtig so.

Außerdem – und so ehrlich muss man auch sein – kann auch niemand in der Landesregi­erung ernsthaft davon ausgehen, dass die Kommunen tatsächlic­h in der Lage sind, die Vorgaben bis zum Ende des Jahres vollumfäng­lich umzusetzen. Vielmehr ist der im Gesetz formuliert­e zeitliche Horizont wohl als Hinweis darauf zu verstehen, wie dringlich das Thema Digitalisi­erung auf die Tagesordnu­ngen der Kommunen gehört. Und angesichts der bislang bestehende­n Möglichkei­ten, kommunale Dienstleis­tungen online abzuwickel­n, muss man konstatier­en: Das war längst überfällig.

Tim Harpers

Schreiben Sie mir! tim.harpers@rheinische-post.de

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