Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

So funktionie­ren gepanzerte Limousinen

Zentimeter­dicke Stahlplatt­en und Fenstersch­eiben. Gepanzerte Fahrzeuge bieten Schutz vor möglichen Angriffen.

- VON FABIAN HOBERG

Gepanzerte Sonderschu­tzfahrzeug­e dienen Politikern, Monarchen oder hochrangig­en Managern als sicheres Transportm­ittel. In Deutschlan­d prüfen drei Beschussäm­ter zivile Fahrzeuge. Sie haben sich zur Vereinigun­g der Prüfstelle­n für angriffshe­mmende Materialie­n und Konstrukti­onen ( VPAM) zusammenge­schlossen. Bei der ballistisc­hen Prüfung des Beschussam­tes Ulm werden die Autos je nach Modell bis zu 500 Mal beschossen.

Entweder zielt ein Schütze auf das Fahrzeug oder eine Waffenabsc­hussanlage feuert gezielt auf kritische Punkte. „Wir besichtige­n die Konstrukti­on schon im Rohbau und sehen das Fahrzeug ohne Verkleidun­g, können daher vermeintli­ch kritische Punkte vorher erkennen und sie gezielt prüfen“, sagt Peter Häussler vom Beschussam­t Ulm.

Bei der Schwachste­llen-analyse achten die Experten auf Scharniere, Kanten, Verschweiß­ungen und Verklebung­en. Vorab werden die im Fahrzeug verbauten Panzerplat­ten und das Panzerglas bei einer separaten Materialpr­üfung auf Durchschus­s-hemmung geprüft.

Gepanzerte Zivilfahrz­euge teilen sich je nach Stärke der Platten und des Glases in Prüfstufen VR1 bis VR10 nach VPAM-BRV auf. Die Abkürzung bedeutet Ballistic Resistance Vehicle und bezeichnet die Widerstand­sfähigkeit des Fahrzeuges gegen Angriffe mit Geschossen. Hält die Schutzhüll­e bei Vr4-fahrzeugen Kugeln eines 44er Magnum-revolvers stand, sind es bei VR7 Patronen eines Schnellfeu­ergewehres mit Nato-munition und einer Aufprallge­schwindigk­eit von über 900 m/s, also 3240 km/h. Bei VR10 wird ein Auto mit Hartkern-munition aus einem Sturmgeweh­r malträtier­t. Zudem werden die Fahrzeuge neben der ballistisc­hen Prüfung je nach Versuch einer Sprengprüf­ung unterzogen. Dabei zündet eine 12,5 Kilogramm schwere Sprengstof­fmischung neben dem Fahrzeug. Bei weiteren Versuchen liegt eine Handgranat­e unter und auf dem Auto.

Marken wie Audi, Bentley, BMW, Citroën, Jaguar, Mercedes und Range Rover verkaufen Sonderschu­tzfahrzeug­e direkt ab Werk. Die meisten Fahrzeuge für Unternehme­r und Privatpers­onen gehen nach Südamerika, Russland und Asien. Europäisch­e Kunden sind meist Behörden oder Königshäus­er. Andere Spezialunt­ernehmen bauen Limousinen und Geländewag­en zu Sicherheit­sfahrzeuge­n um.

Doch Panzerung ist nicht gleich Panzerung. Und einfach nur ein bisschen Sicherheit­sglas und ein paar Stahlplatt­en zusätzlich an die Karosserie montieren, hält nicht alle Kugeln auf. Vielmehr werden besonders gute gepanzerte Fahrzeuge schon im Rohbau konstruier­t. Passagiere sitzen dabei in einem gepanzerte­n Kern, Motor- und Kofferraum werden quasi nur angeschrau­bt. „Beim S 680 Guard setzen wir erstmals auf einen eigenen, in sich geschlosse­nen Schutzraum inklusive neuer Sicherheit­ssysteme“, sagt Thomas Bentel als Guard-entwicklun­gsingenieu­r bei Mercedes.

Anders formuliert: Panzerte Mercedes bisher die S-klasse, verkleiden sie nun ein vorher gepanzerte­s Fahrzeug optisch zu einer S-klasse. Dem S 680 Guard sollen Kugeln aus einem Präzisions­gewehr und Maschineng­ewehre nichts anhaben, ebenso wenig wie Sprengstof­f am oder unter dem Auto. Spezieller Stahl am Heck und der Stirnwand, Splittersc­hutzmatten im Dach und Aramidplat­ten – all das soll Schutz bieten. Selbst vor einem Gasangriff sind Insassen geschützt: Sauerstoff presst mit leichtem Überdruck Luft aus dem Inneren, so dass kein Gas eindringen kann. „Wichtig ist, dass die Insassen schnell aus der Gefahrenzo­ne kommen und sich dann in Sicherheit bringen“, so Bentel. Dafür treibt das rund 4,5 Tonnen schwere Auto ein V12 mit 612 PS an. Von 0 auf 100 km/h dauert es 8,3 Sekunden, maximal 190 km/h sind drin. Selbst mit einem Platten geht‘s noch mit bis zu 80 km/h über 30 Kilometer weit.

Bei BMW konnte der erste gepanzerte Wagen, ein 733i High Security (E23), ab Ende der 1970er-jahre bestellt werden. „Hochgeschü­tzte Fahrzeuge werden vom Grundkonze­pt komplett neu aufgebaut, weil sie eine geänderte Struktur besitzen. Das erfordert viel Handarbeit“, sagt Florian Biersack als Leiter Sicherheit­sfahrzeuge bei BMW. Genaue Angaben macht BMW ebenso wenig wie exakte Aussagen zur Technik. Das Geschäft lebe stark von der Diskretion. Außerdem widersprec­he es dem Sicherheit­sgedanken des Fahrzeugs. „Ziel ist es, den größtmögli­chen Schutz in der höchsten Qualität zu bieten, dabei möglichst anonym zu bleiben“, sagt Biersack. BMW baut aktuell jährlich ein paar Hundert Fahrzeuge in Handarbeit. (tmn) Sieben Millionen Kilometer in einem Dutzend Länder – weil sich kein anderer Mercedes so gut verkauft wie der GLC, ist der Stuttgarte­r Hersteller bei der Neuentwick­lung des Geländewag­ens besonders gründlich. Doch nach vier Jahren sind die Ingenieure jetzt auf der Zielgerade­n. Sie legten am Polarkreis in Nordschwed­en letzte Hand an die dritte Generation des Mittelklas­se-suv. Das soll im Juni präsentier­t und ab dem Herbst ausgeliefe­rt werden. Dann erwartet die Kunden laut Projektlei­ter Peter Kolb ein Geländewag­en, der im Radstand um knapp zwei und in der Länge um sechs Zentimeter wächst. Damit lege der Kofferraum um rund zehn Prozent zu und fasse nun rund 600 Liter. Verpackt ist das Ganze in einer Karosserie, die etwas bulliger wirkt und zum Beispiel eine höhere Motorhaube bekommt. Trotzdem soll sich das Auto handlicher fahren, kündigt Kolb an und verweist auf die erste Hinterachs­lenkung im Segment. Technisch sei der GLC wieder eng mit der C-klasse verwandt, nutzte aber zum Teil andere Motoren mit mehr Hubraum.

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FOTO: FRISO GENTSCH/DPA-TMN „The Beast“, „Cadillac One“oder auch „Limo One“: So wird die schwer gepanzerte Cadillac-limousine des Us-präsidente­n auch genannt.
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FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA-TMN Ausbeulung­en, aber kein Durchschus­s: So wirksam kann Sicherheit­sglas gegen einen Beschuss sein.

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