Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Eine Chance für die Wirtschaft

- VON ANTJE HÖNING

Die Grünen waren lange das Schreckges­penst für die Nrw-wirtschaft: ökoradikal, lebensfrem­d, industrief­eindlich. Mit dem Schutz der Feldhamste­r wollten sie Garzweiler II stoppen, als streitbare Ministerin war Bärbel Höhn für die Ministerpr­äsidenten Johannes Rau und Wolfgang Clement wie für die Wirtschaft ein rotes Tuch. Doch die Zeiten wandeln sich: Mona Neubaur ist nicht Bärbel Höhn. Schon früh hat sie den Schultersc­hluss mit der Wirtschaft gesucht. Der Präsident des Chemieverb­ands flocht ihr öffentlich Kränze. Neubaur hat im Wahlkampf lieber wortreich nichts gesagt, als der Wirtschaft auf die Füße zu treten. Handwerk und Industrie sehen in Schwarz-grün eine Chance.

Das hat gute Gründe. Erstens: Klimaschut­z ist als Megathema in der Wirtschaft angekommen, spätestens seit Investoren ihr Geld aus Kohle-einsetzend­en Firmen abziehen. Längst hat sich Hendrik Wüst offen für ein Vorziehen des Kohleausst­iegs auf 2030 gezeigt. Das kann er leichthin tun – das Rheinische Revier geht bei den Abschaltun­gen ohnehin voran. Ein Vorziehen von 2038 trifft vor allem die Lausitz. Der Ukraine-krieg bremst die Energiewen­de kurzfristi­g, langfristi­g treibt er sie voran. Zweitens: Die FDP hat enttäuscht – die chaotische Corona-politik der Minister Yvonne Gebauer und Joachim Stamp in Schulen und Kitas kam in Form von Personalau­sfällen in den Firmen an. Der wackere Andreas Pinkwart allein kann die liberale Fahne nicht hochhalten. Drittens: Bei der Bewältigun­g der Kriegsfolg­en zeigt sich im Bund niemand so wirtschaft­snah wie die Grünen. FDP und CDU schwatzen vom raschen Embargo, Robert Habeck tut, was für Wirtschaft und Verbrauche­r wichtig ist. Pragmatism­us plus Modernisie­rungsdruck – das ist, was NRW braucht. Schwarz-grün sollte es nicht am Windkraft-ärger scheitern lassen.

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