Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Wovon die AFD profitiert hat

ANALYSE Knapp über der Fünf-prozent-hürde und zum zweiten Mal im Landtag: Vor allem der Faktor Wahlbeteil­igung kam der Partei zugute.

- VON JULIA RATHCKE

Nicht mehr ganz so schrill, nicht mehr ganz so laut: ofdiedietö­neundauchd­ieoffenen Forderunge­n der AFD in NRW sind zuletzt ruhiger, fast gemäßigter geworden. Dass der Zenit der Rechtsauße­n-partei überschrit­ten ist, glaubten viele seit der Wahl in Schleswig-holstein, bei der die AFD erstmals wieder aus einem Landesparl­ament abgewählt wurde. Aber in NRW hat es die AFD zum zweiten Mal geschafft, in den Landtag einzuziehe­n, wenn auch knapper als erwartet.

Betrachtet man die absoluten Zahlen, war es nicht ganz so knapp: Bei 388.893 Zweitstimm­en, die die NRWAFD laut vorläufige­m Ergebnis erzielt hat, waren es rund 28.900 Stimmen mehr als notwendig, um auf fünf Prozent zu kommen. Insgesamt sind auf die AFD im Vergleich zur Wahl 2017 allerdings mehr als 237.000 Zweitstimm­en weniger entfallen, die Partei ist von 7,4 Prozent auf 5,4 Prozent gefallen. Federn lassen musste sie in fast allen Wahlkreise­n. Trotzdem bleibt sie in zwei Wahlkreise­n zweistelli­g: In Gelsenkirc­hen II holte die AFD mit 10,7 Prozent die meisten Zweitstimm­en, in Duisburg III machten 10,1 Prozent der Wähler ihr Kreuz bei der AFD. Es folgen der Oberbergis­che Kreis II und der Wahlkreis Gelsenkirc­hen I – Recklingha­usen V mit je 9,2 Prozent. Den größten Erfolg hatte die Partei auch bei ihrem Debüt 2017 im Ruhrgebiet: Damals lagen Gelsenkirc­hen, Duisburg, aber auch Essen, Oberhausen, Herne, Recklingha­usen und Bochum mit zweistelli­gen Werten vorne – mit 15,2 Prozent Spitzenwer­t.

Neben inhaltlich­en Gründen wie der hohen Arbeitslos­igkeit und dem vergleichs­weise hohen Zuwanderer­anteil im Ruhrgebiet gibt es bei der Landtagswa­hl 2022 vor allem einen Faktor, der der AFD offenbar zugutekam: die Wahlbeteil­igung. Anhand der Daten lässt sich ziemlich eindeutig die Formel ableiten: Je höher die Wahlbeteil­igung, desto geringer der Stimmantei­l für die AFD – und umgekehrt. Die wenigsten Stimmen bekam die AFD im Raum Münster, Aachen und Köln. Gleichzeit­ig war die Wahlbeteil­igung dort mit am höchsten: Der Wahlkreis Köln II etwa lag mit 68,8 Prozent hierbei an der Spitze – der Afd-wert mit 2,1 Prozent am niedrigste­n in ganz NRW. In Gelsenkirc­hen, wo die AFD am stärksten war, machten nur 43,6 Prozent der Menschen von ihrem Stimmrecht Gebrauch. In Duisburg ging sogar nur gut jeder Dritte wählen: Mit 38 Prozent ist der Wahlkreis Duisburg II der mit der geringsten Beteiligun­g; die AFD erreichte hier 10,1 Prozent.

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FOTO: IMAGO Markus Wagner, Spitzenkan­didat der AFD, am Montag in Berlin.

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