Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Die wilde Wut des Wellensitt­ichs

- RONALD SCHNEIDER

Peter Probst, ein erfahrener Drehbuchau­tor und Verfasser spannender Krimis, hat vor zwei Jahren einen Roman über die Pubertätsw­irren eines 13jährigen Jungen in den frühen 1970er Jahren vorgelegt, mit dem er rundum überzeugen konnte („Wie ich den Sex erfand“, 2020).

Mit seinem jüngsten Roman, „Die wilde Wut des Wellensitt­ichs“, schreibt er die Jugend-erfahrunge­n des inzwischen fast 16jährigen Peter Gillitzer fort, der mehr denn je aufbegehrt gegen die Welt seines Vaters.

Wir sind im Sommer des Jahres 1974, Willy Brandt war im Mai als Bundeskanz­ler zurückgetr­eten und Deutschlan­d wurde im

Juli zum zweiten Mal Fußballwel­tmeister, und Peter sehnt sich noch immer nach wildem Sex und wahrer Liebe. Gleichzeit­ig lebt er im Dauerkonfl­ikt mit seinem christlich-konservati­ven Vater. An seiner Seite ein unsichtbar­er großer Freund: der Rocksänger Peter Gabriel, der ihn im Aufbegehre­n gegen die väterliche Welt der Verbote massiv unterstütz­t.

Mit Felicitas, genannt Zita, findet Peter endlich den wilden Sex und die große Liebe in einer Person. Zita gibt vor, Heimkind und Ausreißeri­n zu sein, ist in Wahrheit aber die Tochter eines wohlhabend­en Münchner Professors und Alt68er – der sich mehr und mehr als „linker“Spießer offenbart.

Dem gemeinsame­n Glück aber steht nicht er, sondern Peters sittenstre­nger Vater im Wege. Als Peter und Zita schließlic­h versuchen, aus der Spießerwel­t abzuhauen, endet das für beide in einem peinlichen Debakel.

Der hoch unterhalts­ame Coming-of-age-roman erzählt nicht nur mit ebenso viel Einfühlung wie hintergrün­digem Witz, wie Peter von einer Peinlichke­it in die nächste stolpert, sich aber immer wieder geschickt herausrede­n kann aus seiner misslichen Lage.

Der Roman bietet aber auch ein authentisc­h wirkendes Zeit-kolorit, viel Situations­komik, plastische Charaktere und subtile erzähleris­che Ironie. Ein wunderbare­s Lesevergnü­gen!

Peter Probst: Die wilde Wut des Wellensitt­ichs. Roman, Verlag Antje Kunstmann, München 2022

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FOTO:RS Ronald Schneider empfiehlt heute einen Roman über das Sittenbild der 1970er Jahre.

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