Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Erste Soldaten aus Asow-stahlwerk evakuiert
211 ukrainische Kämpfer sollen sich derzeit in russischer Gefangenschaft befinden und später in einem Gefangenenaustausch freikommen.
(dpa) Nach einer wochenlangen Blockade haben gut 260 ukrainische Soldaten das Asow-stahlwerk in Mariupol verlassen. Darunter waren 53 Schwerverletzte, wie der ukrainische Generalstab in der Nacht zu Dienstag mitteilte. Fast gleichzeitig mit der Evakuierung gab es erneut einen russischen Luftangriff bei der Großstadt Lwiw im Westen der Ukraine.
211 der aus dem Stahlwerk Azovstal evakuierten ukrainischen Soldaten wurden in eine von russischen Truppen besetzte Ortschaft gebracht. Sie sollten später in einem Gefangenenaustausch freikommen, hieß es. An der Evakuierung weiterer Kämpfer aus dem Werk werde noch gearbeitet. Auf dem Gelände sollen sich noch mehrere Hundert Soldaten aufhalten. Die ukrainische Vize-verteidigungsministerin Hanna Maljar betonte, ein Freikämpfen von Azovstal sei nicht möglich gewesen. Von russischer Seite wurde ein geplanter Gefangenenaustausch bislang nicht offiziell bestätigt. Das russische Verteidigungsministerium hatte zuvor lediglich von einer Feuerpause für die Evakuierung gesprochen.
Das russische Parlament stellt einen Austausch von gefangengenommen Mitgliedern des umstrittenen ukrainischen Regiments Asow infrage. Dies seien Nazi-verbrecher, die von derartigen Vereinbarungen ausgeschlossen werden müssten, sagte Duma-präsident Wjatscheslaw Wolodin am Dienstag.
Der Duma-website zufolge ordnete er entsprechende Anweisungen der Ausschüsse für Verteidigung und Sicherheit an. Der Vorsitzende des Außenausschusses der Duma und Unterhändler bei Verhandlungen mit der Ukraine Leonid Slutski nannte die Asow-kämpfer „Tiere in Menschengestalt“. Er forderte für sie die Todesstrafe. Die Generalstaatsanwaltschaft beantragte der Nachrichtenagentur Interfax zufolge zudem beim Obersten Gericht die Einstufung des Regiments Asow als Terrorgruppe. Die Verhandlung darüber solle am 29. Mai stattfinden.
Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte in seiner Videoansprache, die Ukraine brauche ihre Helden lebend. An der Evakuierung der Soldaten seien unter anderem auch das Internationale Rote Kreuz und die Vereinten Nationen beteiligt gewesen.
Die russischen Truppen riskierten keinen Erstürmungsversuch, riegelten aber alle Zugänge ab. „Blockiert diese Industriezone so, dass nicht einmal eine Fliege rauskommt“, wies Kremlchef Wladimir Putin sein Militär vor laufender Kamera an. Das Gelände wurde immer wieder bombardiert.
Unterdessen wurde das Gebiet um die Großstadt Lwiw in der Westukraine erneut Ziel eines Luftangriffs. In den umkämpften ostukrainischen Gebieten Donezk und Luhansk sind nach Behördenangaben mindestens 19 Zivilisten getötet worden.