Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Eine Lösung für das Rubel-problem
Uniper und RWE können dank Doppelkonten weiter Gas aus Russland beziehen, erfüllen Putins Währungsforderung und unterlaufen nicht die Sanktionen gegen Russland. Das Umtauschrisiko trägt die Gazprombank.
Aufatmen in Düsseldorf und Essen: Deutschland hat mit der Eu-kommission ein Verfahren gefunden, wie Konzerne ihre Gasrechnungen bezahlen können, ohne die westlichen Sanktionen zu brechen. Damit können RWE und Uniper den Zahltagen im Mai gelassen entgegensehen, die Rechnungen bezahlen – und neues Gas bestellen. Aktuell sind die deutschen Gasspeicher zu 41 Prozent gefüllt, bis Herbst müssen es 100 Prozent werden, um den Winter zu überstehen.
Was ist das Problem? Wladimir Putin hatte vor Wochen ein Dekret erlassen, wonach aus seiner Sicht „unfreundliche Staaten“ihre Energierechnungen in Rubel zahlen müssen. Damit wollte er die heimische Währung stützen und zugleich westliche Sanktionen unterlaufen. Die Eu-kommission und auch die Bundesregierung pochen aber darauf, dass die westlichen Versorger weiterhin in Euro oder Dollar zahlen, wie es die Verträge vorsehen.
Wie sieht die Lösung aus? Die Unternehmen eröffnen oder haben ein sogenanntes K-konto bei der Gazprombank und zahlen dort Euro-beträge ein. Die Bank wechselt dann die Beträge in Rubel. So machen es die Versorger beiden Seiten recht. „Wir erhalten die Rechnung in Euro. Und wir bezahlen in Euro auf ein Konto der Gazprombank im Einklang mit dem neuen Zahlungsmechanismus. Auf diese Weise ist eine fristgerechte Vertragserfüllung unsererseits gewährleistet“, so die Uniper-sprecherin zum geplanten Vorgehen. Dazu stehe man im engen Austausch mit der Bundesregierung. Ähnlich äußerte sich der französische Konzern Engie.
Ist das sanktionskonform? Knackpunkt ist die Frage, ab wann die Unternehmen schuldbefreit sind. Die Eu-kommission riet den Unternehmen am Dienstag, deutlich zu erklären, dass für sie die Transaktion mit der Überweisung in Euro oder Dollar abgeschlossen sei und es keine weiteren Verpflichtungen gebe. Damit liegt das Umtauschrisiko bei der Gazprombank, die deutschen Versorger treten nicht mit der russischen Zentralbank in Kontakt. Letztere ist, anders als die Gazprombank, vom Westen mittels Sanktionen gebannt. Der Energierechts-experte Wiegand Laubenstein von der Essener Kanzlei Rosin Büdenbender hält das Vorgehen für sanktionskonform: „Würde von deutschen Kunden allerdings eine Einzahlung in Rubel auf das Konto bei der Gazprombank verlangt, wäre dies der Versuch, die vom Westen beschlossenen Sanktionen gegen die Russische Zentralbank zu unterlaufen.“
Was heißt das für RWE und Uniper? Bei RWE steht der Zahltag noch früher an als bei Uniper, bei Uniper geht es hingegen um viel größere Summen. So exportiert RWE in diesem Jahr nur noch vier Terawattstunden an Gas aus Russland.
Bei Uniper sind es dagegen 200 Terawattstunden aus Russland, bei einem Gesamtimport von 370 Terawattstunden. Der Düsseldorfer Konzern ist der größte GazpromKunde in Deutschland und damit auch für die Versorgung von Haushalten (über die Stadtwerke) und die Industrie zuständig. „Wir sind auf eine Zahlung in Euro vorbereitet und haben auch ein entsprechendes Konto eröffnet“, sagte die RWESprecherin: „Wir agieren damit im Einklang mit den europäischen und deutschen Vorgaben.“
Wie kam die Einigung zustande? Hinter den Kulissen laufen seit Putin das Dekret erlassen hat Verhandlungen, wie man die Kuh vom Eis bekommt. Wieder einmal war es Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der für die Unternehmen in die Bresche sprang.
Seine Experten rangen mit denen anderer Länder und der EU-KOMmission um die rechtlich saubere Lösung. In Polen soll es gleichwohl Unmut geben: Russland hat Polen unlängst die Lieferungen durch die Jamal-pipeline abgedreht, weil das Land sich angeblich nicht an Zahlungsmodalitäten gehalten hat.
Was soll das Ganze also? Kritiker mögen einwenden, dass die Sanktionen des Westens zahnlos seien. Tatsächlich aber haben Habeck und sein Kanzler Olaf Scholz (SPD) immer klar gemacht, dass die Gaslieferungen weiterlaufen sollen, daher erfassen die Sanktionen gegen das Zahlungssystem Swift ja auch nicht die Gazprombank. „Am Zahlungsmodus wird der Gashandel nicht scheitern“, heißt es denn auch in der deutschen Branche. Putin hat insofern sein Ziel erreicht, als er die Sorgen vor einem Lieferstopp angeheizt hat, was den Gaspreis weiter getrieben hat und Gazproms Kasse klingeln lässt. Zugleich diente sein Dekret als Warnschuss für den Westen.