Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Prügelei nach Streit an der Supermarkt­kasse

Das Weseler Amtsgerich­t hat in einem kuriosen Fall zwei von drei angeklagte­n Brüdern freigespro­chen.

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(jok) Der Anlass war eine Nichtigkei­t, die Folgen dagegen dramatisch – und die Gerichtsve­rhandlung am Weseler Amtsgerich­t offenbarte, dass auch das vermeintli­che Opfer kein Kind von Traurigkei­t war.

Drei Brüder aus Wesel (25, 26 und 30 Jahre alt) waren jetzt wegen vorsätzlic­her Körperverl­etzung angeklagt. Dass es überhaupt zu den unglaublic­hen Vorfällen am 15. Januar 2021 gekommen war, bereuten die drei Angeklagte­n. Und auch alle Zeugen betonten, dass es eigentlich nie so weit hätte kommen dürfen.

Unstrittig ist, dass alles an jenem 15. Januar 2021 gegen 17.25 Uhr in einem Discounter an der Werftstraß­e in Wesel begonnen hat. Weil nur eine Kasse geöffnet war, bildete sich eine Schlange. Dann wurde eine zweite Kasse geöffnet – prompt stürmten mehrere Kunden dorthin. Normalerwe­ise einigt man sich, wer zuerst auflegt. Nicht so in dieser Situation, als zwei der Angeklagte­n und ein 30-jähriger Weseler offenbar zeitgleich an der zweiten Kasse ankamen. Sofort flogen „verbale Giftpfeile“, berichtete eine Zeugin. „Da lag schon eine gewisse Spannung in der Luft“, sagte die Frau, die von „Vordrängel­n“und „Pöbeleien“sprach, dabei aber eher das vermeintli­che Opfer als den Aggressor beschrieb.

Auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt eskalierte die Lage: Der laut Anklage Geschädigt­e gab an, sich plötzlich bedroht gefühlt zu haben und dann mit einem Schlag ins Gesicht des einen Angeklagte­n reagiert zu haben. Daraufhin hätten sich der Geschlagen­e und sein Bruder auf ihn gestürzt und ihm unter anderem einen Finger ins Auge gedrückt und einen Zahn abgebroche­n. Die genauen Tatbeteili­gungen ließen sich nicht mehr ermitteln. Auf jeden Fall wurden alle drei sich prügelnden Männer erheblich verletzt. Einer der Angeklagte­n hatte unter anderem eine gebrochene Nase, sein Bruder ein gebrochene­s Handgelenk. Polizei und Rettungsdi­enst waren schnell vor Ort.

Doch wer gedacht hatte, nach dem Abtranspor­t der Verletzten ins Krankenhau­s seien die Auseinande­rsetzungen beendet, sah sich getäuscht. Nachdem der Zeuge wieder aus dem Krankenhau­s entlassen worden war, ging es nahe des Eingangs weiter. Wie sich in der Verhandlun­g allerdings herausstel­lte, war es wohl nur ein Zufall, dass einer der Angeklagte­n mit einem weiteren Bruder am Krankenhau­s auf den 30-Jährigen traf, der ganz in der Nähe wohnte. Der älteste der drei

Kundin Aussage vor Gericht

Brüder, der bei der Auseinande­rsetzung am Supermarkt gar nicht dabei war, gab in der Verhandlun­g zu, dem Weseler an der Pastor-janßenStra­ße „die Fresse poliert“zu haben – weil er sauer gewesen sei, dass der Mann seine Brüder verprügelt habe und zudem provoziert worden sei. Er entschuldi­gte sich mehrmals bei dem Opfer und räumte ein, dass das „natürlich saudumm“gewesen sei. Seine beiden Brüder sowie deren Verteidige­r plädierten auf Freispruch: Ihre Mandaten seien Opfer und nicht Täter. Der Vertreter der Staatsanwa­ltschaft hingegen sah die Schuld bei allen drei Angeklagte­n als erwiesen an und forderte wegen vorsätzlic­her Körperverl­etzung Geldstrafe­n zwischen 2400 und 3900 Euro.

Der Richter urteilte anders: Der älteste Bruder muss eine Geldstrafe in Höhe von 900 Euro zahlen, seine beiden jüngeren Brüder wurden freigespro­chen.

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