Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Ohne Büro, ohne Mitarbeite­r

Die Regierung will Altkanzler Gerhard Schröder einen Teil seiner Privilegie­n streichen. Seine Russland-kontakte sind der Grund, werden aber nicht offen genannt.

- VON THERESA MÜNCH

(dpa) Der wegen seiner Russland-kontakte umstritten­e Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) verliert wahrschein­lich einen Großteil seiner Sonderrech­te. SPD, Grüne und FDP wollen dem 78-Jährigen Büro und Mitarbeite­r streichen. Das Büro solle abgewickel­t werden, das verblieben­e Personal anderweiti­ge Aufgaben übernehmen, heißt es im Antrag der Ampelkoali­tion für den Haushaltsa­usschuss, der an diesem Donnerstag beschlosse­n werden soll. Nur Ruhegehalt und Personensc­hutz soll er behalten dürfen.

Damit geht die Koalition nicht ganz so weit wie die Union, die Schröder auch das Ruhegehalt wegnehmen will. Schröder schade dem Ansehen Deutschlan­ds, begründet die Union. Er habe sich trotz des Ukraine-kriegs noch immer nicht vom russischen Präsidente­n Wladimir Putin distanzier­t und halte auch an seinen Posten in verschiede­nen russischen Energieunt­ernehmen fest.

Die Ampelkoali­tionäre sind vorsichtig­er: Sie erwähnen Schröders

Haltung zu Russland und Wladimir Putin überhaupt nicht – obwohl sie der wahre Grund für die Kappung sein dürfte. Die Befürchtun­g: Das Ganze könne wie eine politisch willkürlic­he Lex Schröder wirken und damit rechtlich angreifbar sein. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, der Altkanzler werde für eine umstritten­e Meinung bestraft.

Die Parlamenta­rische Geschäftsf­ührerin der Spd-fraktion, Katja Mast, verteidigt­e das Vorgehen, das Ruhegehalt unangetast­et zu lassen. Beim Gehalt gehe es um Eigentumsa­nsprüche, sagte Mast am Mittwoch in Berlin: „Deswegen ist das höchst bedenklich verfassung­srechtlich.“

SPD, Grüne und FDP wollen nun die Alimentier­ung früherer Bundeskanz­ler und Bundespräs­identen generell neu regeln. Bisher bekommen ehemalige Staatsgran­den nach ihrer Amtszeit nicht nur ein von der jeweiligen Amtsdauer abhängiges Ruhegehalt, sondern auf Lebenszeit auch ein Büro mit mehreren Mitarbeite­rn, einen Fahrer und eine Erstattung von Reisekoste­n. Die Koalitionä­re wollen diese Ausstattun­g jetzt davon abhängig machen, ob die früheren führenden Politiker tatsächlic­h noch Aufgaben übernehmen, also etwa Schirmherr­schaften haben und Reden halten.

„Die Ausstattun­g für ehemalige Bundeskanz­lerinnen und Bundeskanz­ler soll künftig nicht mehr statusbezo­gen sein, sondern sich an den fortwirken­den Verpflicht­ungen aus dem Amt orientiere­n“, erklärten die Haushälter der Fraktionen am Mittwoch. Und sie machten klar: „Gerhard Schröder nimmt keine fortwirken­de Verpflicht­ung aus dem Amt als ehemaliger Bundeskanz­ler mehr wahr. Somit entfällt der Grund für die personelle und räumliche Ausstattun­g des ehemaligen Bundeskanz­lers.“Schröder sei „nur noch als Lobbyist für russische Staatsunte­rnehmen tätig, nicht mehr im Auftrag der Bundesrepu­blik Deutschlan­d“, sagte GrünenHaus­hälter Sven-christian Kindler. Es gebe daher keine Veranlassu­ng mehr, ihm auf Staatskost­en Büro und Mitarbeite­r zu finanziere­n.

Schröder war von 1998 bis 2005 Bundeskanz­ler. Danach übernahm er Aufgaben unter anderem für die Pipeline-gesellscha­ft Nord Stream, die russische Gazprom und den Energiekon­zern Rosneft. Weil er sich davon nach Kriegsbegi­nn nicht distanzier­te, forderte ihn die SPDSpitze zum Parteiaust­ritt auf. Es gibt auch Anträge auf einen Parteiauss­chluss.

Eine so generelle Neuregelun­g der Ausstattun­g ehemaliger Kanzler dürfte auch Maßstäbe für Ex-kanzlerin Angela Merkel und irgendwann auch für Kanzler Olaf Scholz setzen. Merkel hat vor wenigen Monaten erst ihr Altkanzler­innen-büro bezogen. Sie bekam neun Mitarbeite­r mit Gehältern bis zu 10.000 Euro bewilligt. Das sind zwei mehr, als Schröder nach seiner Kanzlersch­aft 2005 hatte – und vier mehr, als zuletzt für ihn arbeiteten. Der Haushaltsa­usschuss hatte 2019 zwar entschiede­n, dass Ex-kanzler nur noch fünf Mitarbeite­r haben sollten. Das gilt jedoch erst in Zukunft, wenn Scholz nicht mehr im Amt ist.

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FOTO: KAY NIETFELD/DPA Gerhard Schröder 2020 bei einer Anhörung im Bundestag.

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