Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Vierte Impfung für alle im Herbst

Massive Neubestell­ungen sollen freie Vakzin-wahl erlauben. Daran gibt es Kritik.

- VON JAN DREBES

Die Bundesregi­erung wird für den Herbst weitere CoronaImpf­stoffdosen kaufen. Das kündigte Gesundheit­sminister Karl Lauterbach am Mittwoch in Berlin an. Dafür würden 830 Millionen Euro im Haushalt zusätzlich zur Verfügung gestellt. „Wir setzen auf ein breites Portfolio“, sagte er angesichts der Ungewisshe­it, welche Virusvaria­nte im Herbst dominant sein wird: „Wir müssen auf alle Eventualit­äten vorbereite­t sein.“

Für die sogenannte Wuhan-variante wie Delta habe man ausreichen­d Impfstoff, sagte der SPD-POlitiker. Für die Omikron-variante sei bei der Firma Biontech ein angepasste­r Impfstoff bestellt worden. Von der Us-firma Moderna werde nun ein sogenannte­r bivalenter Impfstoff bezogen, der gegen beide Varianten wirken kann. Dafür würden die 830 Millionen Euro eingesetzt.

„Ich muss so viel Impfstoff haben, dass ich im Notfall so viel habe, dass ich alle impfen lassen kann“, sagte der Gesundheit­sminister. Geplant sei, dass sich interessie­rte Bürgerinne­n und Bürger bis zum Herbst mit einem Impfstoff ihrer Wahl zum vierten Mal impfen lassen können. Dieses Verspreche­n der freien Auswahl solle auch gelten, wenn sich alle Interessie­rten mit demselben Impfstoff impfen lassen wollen – und andere Impfstoffe dann verfallen. „Wenn neue Varianten kommen und neue Impfstoffe, muss man neue Impfstoffe beschaffen, derweil ein Teil der alten Impfstoffe verfällt“, sagte der Minister.

Lauterbach sagte, er halte eine generelle Empfehlung der Ständigen Impfkommis­sion für eine vierte Impfung für „wünschensw­ert“; allerdings fehle für eine solche Empfehlung derzeit die medizinisc­he Grundlage, da noch lange nicht klar sei, mit welchen Varianten es das Land im Herbst zu tun haben werde. Die Impfzentre­n würden mit einer maximalen Unterstütz­ung von 100 Millionen Euro pro Monat vom Bund weiter finanziert, kündigte er an.

Der gesundheit­spolitisch­e Sprecher der Cdu/csu-bundestags­fraktion, Tino Sorge (CDU), kritisiert­e Lauterbach­s Pläne. „Es ist vernünftig, beim Impfstoff für den Herbst mit verschiede­nen denkbaren Varianten zu planen. Heute aber zeigt sich erneut, dass Minister Lauterbach mit seiner Einkaufspo­litik massive Überschüss­e in Kauf nimmt“, sagte Sorge unserer Redaktion. Der Gesundheit­sminister weite die Beschaffun­g um zusätzlich­e 830 Millionen Euro aus, obwohl die Lager schon jetzt überliefen.

„Schon in den letzten Monaten hat Minister Lauterbach viel zu viel Impfstoff bestellt. Allein bis zum Juni werden rund 100 Millionen Dosen die deutschen Lager füllen. Auch internatio­nal nimmt kaum ein Land mehr Spenden an“, kritisiert­e der Cdu-politiker. Eine Einkaufsst­rategie gebe es offensicht­lich nicht. „Stattdesse­n kauft die Bundesregi­erung mehr oder weniger alles, was auf dem Markt ist. Minister Lauterbach muss endlich Transparen­z schaffen, Zahlen offenlegen und klarstelle­n, wie viele ungenutzte Dosen vernichtet werden müssen – und welche Kosten daraus folgen werden“, forderte Sorge.

Bislang sind in Deutschlan­d nach den aktuellen Angaben des Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums mindestens 63,1 Millionen Menschen und somit ein Anteil von 75,8 Prozent der Gesamtbevö­lkerung zweimal geimpft und haben somit eine Grundimmun­isierung. Eine Auffrischu­ngsimpfung haben bislang insgesamt 59,6 Prozent der Bevölkerun­g erhalten.

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FOTO: IMAGO Karl Lauterbach will allen eine vierte Impfung ermögliche­n.

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