Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Drogenkuriere nutzen NRW als Transitland
Immer mehr illegale Substanzen werden durch Nordrhein-westfalen geschleust. Der Zoll stellte im vergangenen Jahr allein mehr als eine Tonne Kokain sicher. Häufig stammen die Betäubungsmittel aus Fabriken in den Niederlanden.
Nordrhein-westfalen wird zunehmend zum Transitland für Drogenkuriere. Der Drogenschmuggel an den Grenzen zu den Niederlanden und Belgien sowie an den Flughäfen in NRW nimmt stetig zu, wie eine Auswertung des Zollfahndungsamtes Essen für unsere Redaktion zeigt. Trotz der Reisebeschränkungen aufgrund der Corona-pandemie stellte der Zoll im vergangenen Jahr vier Tonnen Betäubungsmittel sicher.
„Allein die Sicherstellungsmenge von Kokain stieg um mehr als das Fünffache im Vergleich zum Vorjahr auf über eine Tonne“, heißt es beispielsweise in der Auswertung. Die Fahnder stellten zudem 52 Kilogramm der gefährlichen Droge Crystal Meth sicher – das entspricht einem Zuwachs um 60 Prozent. „Diese Droge wurde sowohl wieder durch Kuriere entlang der Westgrenze als auch im Post- beziehungsweise Paketversand geschmuggelt. Der Schmuggel durch Kuriere sollte nach hiesigen Erkenntnissen überwiegend nach Osteuropa und in den Osten Deutschlands erfolgen“, heißt es in der Auswertung des Zolls. Zudem sind die sogenannten Neuen Psychoaktiven Substanzen immer mehr im Umlauf; der Zoll stellte von diesen Drogen die vierfache Menge (42 Kilogramm) im Vergleich zum Vorjahr sicher.
Schmuggel mit Drogen, Waffen und Geld, Schleuserkriminalität und Sprengungen von Geldautomaten, allgemein die Organisierte Kriminalität, die italienische, russische und marokkanische Mafia, Drogenkartelle aus Südamerika – die Fahnder im Grenzraum haben es mit vielen verschiedenen Formen und Organisationen des Verbrechens zu tun. So stellte der Zoll im vergangenen Jahr auch deutlich mehr Waffen sicher, was allerdings nur auf eine sichergestellte Sendung zurückzuführen ist. Deswegen stieg die Zahl der sichergestellten Waffen von 347 auf mehr als 3800 im vergangenen Jahr.
Häufig stammen die beschlagnahmten Betäubungsmittel aus den Niederlanden; hergestellt werden sie dort in eigens für diesen Zweck aufgebauten Drogenfabriken. Die Schließung der meisten europäischen Grenzen und die erhebliche Einschränkung des Flugverkehrs durch die Pandemie haben sich nach Angaben der Sicherheits
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behörden lediglich vorübergehend auf den Rauschgiftschmuggel durch Kuriere per Auto und Flugzeug ausgewirkt. „Der international organisierte Rauschgiftschmuggel blieb dort bestehen, wo die Rauschgiftlieferketten den grenzüberschreitenden Lieferketten für legale Güter wie Seecontainer und Lkw-frachtverkehr entsprechen“, heißt es aus den Kreisen der Behörden.
Das zuständige Zollfahndungsamt Essen verfolgte im vergangenen Jahr mehr als 14.000 Ermittlungsfälle, davon etwa ein Drittel (4689) wegen schwerer und organisierter Straftaten. Die Ermittlungen richteten sich gegen 5933 Tatverdächtige. „Dabei agieren die Täter immer stärker konspirativ, schotten sich ab, nutzen vermeintlich sichere Kommunikationswege und werden insgesamt gewaltbereiter“, teilte der Zoll mit. Auch Waffen werden über die Grenzen von und nach Deutschland geschmuggelt. Der Zoll konfiszierte im vergangenen Jahr zum Beispiel eine Lieferung mit 3600 verbotenen Elektroschockern.
Für die Sicherung der deutschniederländischen Grenze ist die Bundespolizei zuständig – und die hat es immer häufiger mit illegalen Einreisen zu tun. Nachdem die Zahl der geahndeten unerlaubten Grenzübertritte 2020 infolge der Pandemie auf 2500 gesunken war, stieg ihre Zahl nach Angaben der Bundespolizei 2021 wieder auf rund 2800.
Ein großes Thema für die Behörden bleibt der Schmuggel von Geld über die Grenze. Der Zoll registrierte 205 Fälle illegaler Einfuhr von Bargeld im Gesamtwert von 5,9 Millionen Euro. Im Vorjahr waren es 149 Fälle; allerdings wurde dabei mit 11,7 Millionen Euro insgesamt deutlich mehr Bargeld konfisziert.
Für Erich Rettinghaus, den Landesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPOLG) in NRW, eröffnet das Dreiländereck Deutschland/belgien/niederlande Straftätern nach wie vor enorme Möglichkeiten für kriminelle Aktivitäten. „Straftäter nutzen den schrankenlosen Grenzübertritt gnadenlos aus“, sagte Rettinghaus.