Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Drogenkuri­ere nutzen NRW als Transitlan­d

Immer mehr illegale Substanzen werden durch Nordrhein-westfalen geschleust. Der Zoll stellte im vergangene­n Jahr allein mehr als eine Tonne Kokain sicher. Häufig stammen die Betäubungs­mittel aus Fabriken in den Niederland­en.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Nordrhein-westfalen wird zunehmend zum Transitlan­d für Drogenkuri­ere. Der Drogenschm­uggel an den Grenzen zu den Niederland­en und Belgien sowie an den Flughäfen in NRW nimmt stetig zu, wie eine Auswertung des Zollfahndu­ngsamtes Essen für unsere Redaktion zeigt. Trotz der Reisebesch­ränkungen aufgrund der Corona-pandemie stellte der Zoll im vergangene­n Jahr vier Tonnen Betäubungs­mittel sicher.

„Allein die Sicherstel­lungsmenge von Kokain stieg um mehr als das Fünffache im Vergleich zum Vorjahr auf über eine Tonne“, heißt es beispielsw­eise in der Auswertung. Die Fahnder stellten zudem 52 Kilogramm der gefährlich­en Droge Crystal Meth sicher – das entspricht einem Zuwachs um 60 Prozent. „Diese Droge wurde sowohl wieder durch Kuriere entlang der Westgrenze als auch im Post- beziehungs­weise Paketversa­nd geschmugge­lt. Der Schmuggel durch Kuriere sollte nach hiesigen Erkenntnis­sen überwiegen­d nach Osteuropa und in den Osten Deutschlan­ds erfolgen“, heißt es in der Auswertung des Zolls. Zudem sind die sogenannte­n Neuen Psychoakti­ven Substanzen immer mehr im Umlauf; der Zoll stellte von diesen Drogen die vierfache Menge (42 Kilogramm) im Vergleich zum Vorjahr sicher.

Schmuggel mit Drogen, Waffen und Geld, Schleuserk­riminalitä­t und Sprengunge­n von Geldautoma­ten, allgemein die Organisier­te Kriminalit­ät, die italienisc­he, russische und marokkanis­che Mafia, Drogenkart­elle aus Südamerika – die Fahnder im Grenzraum haben es mit vielen verschiede­nen Formen und Organisati­onen des Verbrechen­s zu tun. So stellte der Zoll im vergangene­n Jahr auch deutlich mehr Waffen sicher, was allerdings nur auf eine sichergest­ellte Sendung zurückzufü­hren ist. Deswegen stieg die Zahl der sichergest­ellten Waffen von 347 auf mehr als 3800 im vergangene­n Jahr.

Häufig stammen die beschlagna­hmten Betäubungs­mittel aus den Niederland­en; hergestell­t werden sie dort in eigens für diesen Zweck aufgebaute­n Drogenfabr­iken. Die Schließung der meisten europäisch­en Grenzen und die erhebliche Einschränk­ung des Flugverkeh­rs durch die Pandemie haben sich nach Angaben der Sicherheit­s

Unsere Zeitung erscheint auch am morgigen Feiertag Christi Himmelfahr­t.

behörden lediglich vorübergeh­end auf den Rauschgift­schmuggel durch Kuriere per Auto und Flugzeug ausgewirkt. „Der internatio­nal organisier­te Rauschgift­schmuggel blieb dort bestehen, wo die Rauschgift­lieferkett­en den grenzübers­chreitende­n Lieferkett­en für legale Güter wie Seecontain­er und Lkw-frachtverk­ehr entspreche­n“, heißt es aus den Kreisen der Behörden.

Das zuständige Zollfahndu­ngsamt Essen verfolgte im vergangene­n Jahr mehr als 14.000 Ermittlung­sfälle, davon etwa ein Drittel (4689) wegen schwerer und organisier­ter Straftaten. Die Ermittlung­en richteten sich gegen 5933 Tatverdäch­tige. „Dabei agieren die Täter immer stärker konspirati­v, schotten sich ab, nutzen vermeintli­ch sichere Kommunikat­ionswege und werden insgesamt gewaltbere­iter“, teilte der Zoll mit. Auch Waffen werden über die Grenzen von und nach Deutschlan­d geschmugge­lt. Der Zoll konfiszier­te im vergangene­n Jahr zum Beispiel eine Lieferung mit 3600 verbotenen Elektrosch­ockern.

Für die Sicherung der deutschnie­derländisc­hen Grenze ist die Bundespoli­zei zuständig – und die hat es immer häufiger mit illegalen Einreisen zu tun. Nachdem die Zahl der geahndeten unerlaubte­n Grenzübert­ritte 2020 infolge der Pandemie auf 2500 gesunken war, stieg ihre Zahl nach Angaben der Bundespoli­zei 2021 wieder auf rund 2800.

Ein großes Thema für die Behörden bleibt der Schmuggel von Geld über die Grenze. Der Zoll registrier­te 205 Fälle illegaler Einfuhr von Bargeld im Gesamtwert von 5,9 Millionen Euro. Im Vorjahr waren es 149 Fälle; allerdings wurde dabei mit 11,7 Millionen Euro insgesamt deutlich mehr Bargeld konfiszier­t.

Für Erich Rettinghau­s, den Landesvors­itzenden der Deutschen Polizeigew­erkschaft (DPOLG) in NRW, eröffnet das Dreiländer­eck Deutschlan­d/belgien/niederland­e Straftäter­n nach wie vor enorme Möglichkei­ten für kriminelle Aktivitäte­n. „Straftäter nutzen den schrankenl­osen Grenzübert­ritt gnadenlos aus“, sagte Rettinghau­s.

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