Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Läuft zwischen CDU und Grünen auch was im Bund?
Es gab Zeiten, da hat man zusammen Pizza gegessen und Rotwein getrunken. Dann schlief der Kontakt mal ein, oder er wurde von jüngeren Abgeordneten wiederbelebt, je nach Regierungskonstellation im Bund. Ob es die 1995 in Bonn ins Leben gerufene, legendäre „Pizza-connection“von Cdulern und Grünen tatsächlich noch gibt – die einen sagen so, die anderen so. Fakt ist allerdings: Die schwarz-grünen Sondierungen in Nordrhein-westfalen und Schleswig-holstein beflügeln die Träume von einer Alternative zur regierenden Ampel-koalition in Berlin. Das gilt vor allem für die Union.
Insider sind sich sicher: Eigentlich gibt es keine großen Hürden mehr zwischen Union und Grünen, zumal sich Letztere im Umgang mit dem Ukraine-krieg als absolute Realo-partei präsentiert. Weder beim Thema Energieversorgung, noch in der Klimapolitik, auch nicht bei der Inneren Sicherheit und in gesellschaftspolitischen Fragen sind die Differenzen unüberbrückbar – oder aber sie sind schon längst ausgeräumt. In den jüngsten Umfragen hätte Schwarz-grün eine Mehrheit, die SPD ist auf den dritten Platz zurückgefallen.
Aber es regiert die Ampel. Im Miteinander hakt es, viele schieben aus unterschiedlichsten Gründen Frust bei SPD, FDP und Grünen. Aber das Bündnis hält. Ums schnelle Scheitern geht es freilich nicht, sondern um eine politische Perspektive. Und die braucht vor allem die Union, wenn sie zurück an die Macht will. Dass Schleswig-holsteins Ministerpräsident Daniel Günther mit den Grünen sondiert und nicht mit der FDP, obwohl auch mit den Liberalen eine Mehrheit in Kiel möglich wäre, wird von manchem in Berlin bereits als ein erster Schritt für eine „Absage auf Dauer“an den einstigen Lieblingspartner FDP interpretiert. An Rhein und Ruhr haben sich die Liberalen indes selbst ins machtpolitische Aus geschossen. Nun sucht CDU-MANN Hendrik Wüst sein Heil bei den Grünen. Kommt es zu einer schwarz-grünen Koalition gerade im bevölkerungsreichsten Bundesland, hätte dies eine erhebliche Signalwirkung für den Bund.
Nach Ansicht der früheren
Nrw-integrationsstaatssekretärin und jetzigen Bundestagsabgeordneten Serap Güler steht bereits fest: „Schwarz-grün hat das Potenzial, die Koalition der Zukunft in Deutschland zu werden.“Wie sehr die Grünen in der Realpolitik angekommen seien, zeigten gerade Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock. Auch die CDU habe sich verändert, so Güler zu unserer Redaktion. „Klima- oder gesellschaftspolitische Themen sind für uns heute wichtiger denn je.“In Hessen regiere Schwarz-grün zudem seit Jahren erfolgreich. „Ich bin sicher, dass das auch in SchleswigHolstein, NRW und sogar auf Bundesebene möglich sein kann.“
Nicht jeder will wie CDU-VORstandsmitglied Güler jetzt schon in die Offensive gehen. Auffällig ist aber, dass in Berlin sowohl Grüne als auch Unionisten gerne betonen, wie gut der Gesprächsdraht zueinander ist. Auch CDU-CHEF Friedrich Merz soll demnach regelmäßige Kontakte mit den Ministern Habeck, Baerbock und mit Grünen-chefin Ricarda Lang pflegen. Ob bei Pizza und Rotwein, ist nicht bekannt…