Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Differenzen zum Abschluss von Scholz‘ Afrika-reise
PRETORIA Es war klar, dass es kein ganz einfaches Treffen würde. Doch dass die Meinungsunterschiede mit Blick auf den Ukraine-krieg so offen zutage treten würden, war dann doch eine Überraschung. Bei einem Treffen mit Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa in der Hauptstadt Pretoria hat Bundeskanzler Olaf Scholz den russischen Angriffskrieg in der Ukraine deutlich verurteilt und den Sanktionskurs des Westens gegen Moskau bekräftigt. Ramaphosa hingegen betonte die Gemeinsamkeiten und die Freundschaft zu Deutschland, verzichtete aber auf jedwede Kritik an Russland. Und er ging noch weiter und kritisierte die Strafmaßnahmen: „Selbst jene Länder, die Zuschauer oder gar nicht Teil des Konflikts sind, werden unter den Sanktionen leiden, die gegen Russland verhängt wurden.“
Südafrika hat gerade große Exportschwierigkeiten; das Russland-geschäft liegt brach, die Waren können nicht dorthin exportiert werden. Südafrika gehört zu 17 afrikanischen Ländern, die sich bei der Abstimmung über eine Un-resolution zur Verurteilung des russischen Angriffskriegs im März enthielten.
Insgesamt gab es 35 Enthaltungen und fünf Gegenstimmen.
Ramaphosa behauptete bei der Pressekonferenz auch, Scholz habe Verständnis für solche Staaten gezeigt. Der Kanzler habe „sehr gut die Gründe verstanden, die von diesen Ländern geäußert wurden“. Scholz widersprach heftig, wechselte sogar während der Pressekonferenz ins Englische. Er kritisierte deutlich die Länder, die gegen die Resolution gestimmt hatten: „Das kann ich nicht akzeptieren, das ist auch nicht hinnehmbar.“Zu den Enthaltungen äußerte er sich nicht direkt.
Ramaphosa pochte vor allem auf Verhandlungen: „Es sollte einen Dialog geben – das ist der einzige Weg.“Er begründete seine Haltung damit, dass auch das Apartheid-regime in seiner Heimat letztlich durch Verhandlungen beendet worden sei. Während Scholz von „Angriffskrieg“sprach, verwendete Ramaphosa, der Scholz konsequent „Schulz“nannte, das Wort „Konflikt“.
Eine Schrecksekunde gab es am Rande des Besuchs: Staatssekretär Jörg Kukies erlitt beim Warten auf die militärischen Ehren einen Schwächeanfall. Doch er erholte sich schnell und war während der politischen Gespräche wieder dabei.