Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Gesetze verhindern Amokläufe nicht
Es ist der erste, nachvollziehbare Reflex. „Wann in Gottes Namen bieten wir der Waffenlobby die Stirn?“, sagt Us-präsident Joe Biden wenige Stunden, nachdem die Schüsse an einer Grundschule in Texas gefallen und mindestens 19 Kinder sowie zwei Erwachsene tot sind. „Ein Kind zu verlieren, ist, als würde Ihnen ein Stück Ihrer Seele weggerissen werden“, sagt der erschütterte Us-präsident, der selbst schon den Tod von zwei seiner vier Kinder verkraften musste. „Wir müssen handeln.“
Argumente für schärfere Waffengesetze in den USA gibt es freilich genug: 61 Amokläufe mit Schusswaffen hat es nach Angaben des FBI in den USA allein im vergangenen Jahr gegeben, 103 Menschen wurden dabei getötet. Speziell an Schulen habe es seit dem Massaker 2012 an der Sandy-hook-grundschule in Connecticut mehr als 900 Vorfälle gegeben, bei denen Schüsse auf Schulgeländen gemeldet worden seien, betonte Biden. Ob strengere Gesetze die Tat in der Kleinstadt Uvalde verhindert hätten, lässt sich schwer sagen.
Auch außerhalb der USA gibt es Amoktaten. Der Terrorplan des 16-Jährigen jüngst in Essen konnte glücklicherweise vereitelt werden. Zwar unterscheiden sich die Motive: Der Essener Schüler soll eine rechtsextrem motivierte, staatsgefährdende Gewalttat geplant haben. Der Schüler aus Texas soll gemobbt worden sein und psychische Probleme gehabt haben. Gemein haben beide Fälle: die Bereitschaft zu töten. Bis es bei so jungen Menschen so weit kommen kann, muss viel passieren. Oft gibt es Hinweise, Auffälligkeiten, manchmal eindeutige Hilferufe. Der Essener soll seine Pläne ebenso angedeutet haben wie der Junge aus Texas seine Tat. Es muss Menschen geben, die Kinder im Blick haben – wenn Eltern versagen, Verwandte wegsehen, Lehrkräfte nicht können und richtige Freunde nicht existieren. Die Hürde, um an eine Waffe zu kommen, ist in vielen Fällen sowieso nicht unüberwindbar.