Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Mit Siegeswill­en, Faust und Herz

Der Karlspreis 2022 geht an drei belarussis­che Bürgerrech­tlerinnen.

- VON MARTIN BEWERUNGE

Langjährig­e Amts- und Würdenträg­er waren es in der Regel, die seit 1950 den Internatio­nalen Karlspreis zu Aachen für besondere Verdienste um Europa erhielten. Noch eine Anerkennun­g on top für altgedient­e und zuvor vielfach ausgezeich­nete Polit-promis. In 62 Jahren gab es übrigens ganze fünf Preisträge­rinnen.

In diesem Jahr ist alles anders. Am Donnerstag werden in der Karlsstadt gleich drei Frauen auf einmal geehrt. Sie sind keineswegs so satt vom Erfolg wie viele ihrer Vorgänger. Ihrer Mission erreichte nicht ihr Ziel. Vorerst. Für ihren Mut haben sie bitter büßen müssen. Eine von ihnen, Maria Kolesnikow­a, sitzt im Gefängnis. Eine andere, Swetlana Tichanowsk­aja, befindet sich mit ihren Kindern im Exil in Litauern, ihr Ehemann in der Heimat in Haft. Veronica Tsepkalo musste nach Drohungen ebenfalls mit ihrer Familie außer Landes fliehen.

Alle drei sind die Gesichter der gewaltfrei­en Opposition gegen den belarussis­chen Machthaber Alexander Lukaschenk­o, der sich 2020 durch Wahlbetrug an die Staatsspit­ze mogelte und mit brutaler Härte gegen seine weiblichen Widersache­r vorging. Keine Frage, dass diese drei Frauen dennoch Unerhörtes für die europäisch­e Idee geleistet haben. Ihr Markenzeic­hen – Faust, Herz und zum „Victory“gespreizte Finger – wurde in Belarus für viele zum Zeichen des Aufbruchs, für den Kampf um Demokratie, um Menschenre­chte und für eine offene Gesellscha­ft. Die deutsche Außenminis­terin Annalena Baerbock (Grüne) wird das in ihrer Festrede zu würdigen wissen.

Viele Belarussen sehen in der 39-jährigen Swetlana Tichanowsk­aja, die zweimal für den Friedensno­belpreis nominiert wurde, die wahre Siegerin der Wahl von 2020. Eigentlich war ihr Ehemann Sergei als Kandidat der Opposition angetreten, doch Lukaschenk­o ließ ihn verhaften und anschließe­nd zu 18 Jahren Lagerhaft verurteile­n. Also trat Swetlana Tichanowsk­aja für ihn an. Monatelang dauerten die Proteste, als sie um ihren Wahlerfolg gebracht wurde. Auch die EU erkennt Lukaschenk­o seither nicht mehr als Präsidente­n an.

Veronica Tsepkalo hatte Zichanousk­ajas Kampagne unterstütz­t, nachdem ihr eigener Mann nach seinem Versuch, 2020 als Opposition­skandidat aufgestell­t zu werden, sich im Ausland in Sicherheit bringen musste. Die 49-Jährige musste ihm unmittelba­r vor der Wahl folgen. Maria Kalesnikav­a hingegen, langjährig­e Aktivistin für Menschenre­chte und Dritte im Bunde gegen die Unterdrück­ung im Land, weigert sich, Belarus zu verlassen, wurde inhaftiert und wegen angebliche­r Vorbereitu­ng eines Komplotts zur illegalen Machtergre­ifung zu elf Jahren Haft verurteilt. Für die 40-Jährige reist ihre Schwester Tatsiana Khomich nach Aachen.

Im Anschluss an die feierliche Ehrung ist eine Kundgebung für den Frieden geplant. Dabei werden die Preisträge­rinnen sprechen, ebenso Bundestags­präsidenti­n Bärbel Bas und Nrw-ministerpr­äsident

Hendrik Wüst (CDU).

(dpa) Der Bundesgeri­chtshof hat die lebenslang­e Haftstrafe gegen einen 44-jährigen Kriegsverb­recher und Mörder aus Syrien bestätigt. Der islamistis­che Terrorist war im vergangene­n August vom Düsseldorf­er Oberlandes­gericht verurteilt worden. Festgenomm­en worden war er in Naumburg in Sachsen-anhalt.

Ein mitangekla­gter 36-jähriger Landsmann, der den Ermittlern in Essen ins Netz ging, war wegen Beihilfe zu einem Kriegsverb­rechen zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Das Urteil gegen ihn wurde vom BGH ebenfalls bestätigt (Az.: 3 STR 16/22), wie das Gericht am Mittwoch in Karlsruhe mitteilte. Das Urteil gegen beide Männer ist damit rechtskräf­tig.

Der 44-Jährige hatte sich im syrischen Bürgerkrie­g einer Gruppe angeschlos­sen, die später Teil der islamistis­chen Terrorgrup­pe AlNusra-front wurde. Er habe die Erschießun­g eines Oberstleut­nants der syrischen Armee im Jahr 2012 am Ufer des Euphrat bewacht und beschützt.

Der 36-jährige Mitangekla­gte habe den Transport des durch Misshandlu­ngen schwer gezeichnet­en Gefangenen zum Ort der Hinrichtun­g und seine Tötung zu Propaganda­zwecken gefilmt. Auf das Konto der Al-nusra gehen nach Angaben der Bundesanwa­ltschaft etwa 1500 Anschläge mit insgesamt rund 8700 Toten.

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FOTO: NATALIA FEDOSENKO/TASS Veronica Tsepkalo, Swetlana Tichanowsk­aja und Maria Kalesnikav­a (v. l.)

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