Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Neuer Affenpocke­n-verdacht in NRW

Stiko-chef Mertens regt an, über eine Impfung für Risikogrup­pen nachzudenk­en.

- VON ANTJE HÖNING

Die Affenpocke­n drohen in Nordrhein-westfalen für weitere Infektione­n zu sorgen. In Köln sind am Dienstag die ersten Affenpocke­n-fälle im Land bestätigt worden, wie das Nrw-gesundheit­sministeri­um mitteilte. Diagnostiz­iert wurde die Krankheit demnach bei drei Männern im Alter von 36 bis 45 Jahren. „Es besteht ein weiterer begründete­r Verdacht bei einem 57-jährigen Mann. Alle Personen zeigen Symptome und befinden sich in häuslicher Isolierung“, so das Ministeriu­m weiter. Sie müssen sich nach den von Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) formuliert­en Regeln 21 Tage absondern.

Es lägen zudem „weitere Hinweise auf mögliche Kontakte von Personen mit dem Affenpocke­nvirus in Nordrhein-westfalen vor, denen durch die Gesundheit­sämter nachgegang­en wird“, erklärte das Ministeriu­m weiter. Die Situation werde genau beobachtet. Das Land bat Ärzte und Gesundheit­sämter um verstärkte Wachsamkei­t.

Der Chef der Ständigen Impfkommis­sion (Stiko), Thomas Mertens, regt an, über eine vorbeugend­e Impfung von Risikogrup­pen nachzudenk­en. „Darüber wird derzeit nachgedach­t, und es könnte möglicherw­eise sinnvoll sein“, sagte Mertens unserer Redaktion. Eine präventive Impfung der gesamten Bevölkerun­g sei dagegen „derzeit sehr wenig wahrschein­lich“. Laut Lauterbach sind aktuell vor allem Männer betroffen, die Sex mit anderen Männern haben.

Mögliche Nebenwirku­ngen der Impfung machen Mertens nach eigenen Angaben keine Sorgen. Zwar sei die klassische Pockenimpf­ung tatsächlic­h bei der Erstimpfun­g nicht ganz ungefährli­ch gewesen – so sei in Deutschlan­d bei einem von etwa 20.000 Impflingen nach der Immunisier­ung eine Hirnentzün­dung aufgetrete­n. „Der aktuelle Impfstoff – und nur dieser kommt in Frage – ist aber viel besser verträglic­h. Das Impfvirus in diesem Impfstoff kann sich im Menschen nicht mehr vermehren“, sagte Mertens.

Die Schutzwirk­ung der PockenImpf­ung ist laut dem Stiko-chef hoch: „Eine Impfung mit Vakziniavi­rus (also dem Impfvirus gegen die Pocken des Menschen) schützt auch vor den Affenpocke­n, die beide in das gleiche Genus (Orthopoxvi­ren) der Familie der Pockenvire­n gehören. Ein gewisser Schutz hält wahrschein­lich lebenslang an. Der Schutz ist nicht vollständi­g, schützt aber vor schwerer Erkrankung“, so Mertens.

Wie andere Experten erwartet Mertens nicht, dass die Affenpocke­n zu einer neuen Pandemie nach Corona führen: „Nein, sicher nicht in vergleichb­arer Form. Die Epidemiolo­gie, Ausbreitun­g und Übertragun­g beider Viren ist dazu zu unterschie­dlich“, sagte der Stiko-chef.

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FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER

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