Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Alpener Jungs träumen vom Bundessieg

Junge Forscher vom Team Lemken präsentier­en in Lübeck ihre Hacke zur chemiefrei­en Unkrautbek­ämpfung. Dafür haben sie sich mentale Unterstütz­ung geholt.

- VON BERNFRIED PAUS

Die großen Titel im Fußball sind fast alle vergeben. Aber Tom Conrad aus Veen, Nils Wetzels (19) aus Rheurdt und Vincent van Husen (19) aus Büderich greifen auf einem ganz anderen Feld noch nach den Sternen. Für die drei Jungs vom Niederrhei­n geht‘s von Christi Himmelfahr­t an in Lübeck im Finale des Wettbewerb­s „Jugend forscht“um den großen Wurf. Sie wollen Bundessieg­er werden, Deutscher Meister in ihrem Fach. Ihre selbst fahrende Mini-hacke, die Unkraut auf dem Gemüseacke­r ohne Chemie den Garaus macht, soll sie zum Titel fahren.

Der Prototyp, den die Ausbildend­en beim Alpener Ackerbau-spezialist­en Lemken entwickelt haben, damit der dem natürliche­n Problem des Bauern auf dem Feld mechanisch an die Wurzel geht, hat das Trio über den Regional-, dann über den Landeswett­bewerb in die nationale Jungforsch­er-spitze gebracht. So weit ist noch kein Forscher-team aus dem Hause Lemken gekommen.

Bis zuletzt haben die drei an ihrem hochintell­igenten Schlitten geschraubt, den sie anders als bei den Qualifikat­ionsläufen nun im Finale in der Lübecker Musik- und Kongressha­lle (Muko) der Jury und dem Publikum nicht nur im Film, sondern live vorstellen. Sie haben ihn technisch noch verbessert: Beim Praxistest auf dem niederrhei­nischen Acker hatte sich gezeigt, dass bei der Leistung auf schwerem Boden noch Luft nach oben war. Die elektronis­che Steuerung, das Hirn also, wurde optimiert, damit die Hacke zwischen Sellerie, Kohl und Möhren mehr Power auf den Platz bringt, wie‘s im Fußballer-sprech heißt. Und auch an der klimaschon­enden Schraube haben sie noch mal gedreht. Solarzelle­n sollen, wenn die Sonne scheint, den Tankstopp an der Steckdose verzichtba­r machen, erzählt Tom Conrad.

Das Rennen gegen 15 andere Landessieg­er in der Spielklass­e „Arbeitswel­t“ist hart. Bange machen gilt nicht. Die Lemken-crew hat sich im Trainingsl­ager optimal vorbereite­t und will beim Besuch der Jury am Stand einen überzeugen­den Auftritt hinlegen. Die Rollen im Team sind für die Präsentati­on klar verteilt. Vom neuen Video, das mit Hilfe der Lemken-marketingc­rew beim Arbeitsein­satz – unter anderem mit einer Drohne – gedreht worden ist, wollen die drei jungen Forscher in die Offensive kommen. Mit dem Streifen sind die Entwickler sehr zufrieden. „Der ist richtig gut geworden“, sagt der Veener Conrad. Und weil sie nichts dem Zufall überlassen wollen, hatten sie sich zur mentalen Vorbereitu­ng einen jungen Mann aus Kamp-lintfort eingeladen, der vor fast zehn Jahren mit seinem Roboter in der nationalen Jungforsch­er-wertung ganz vorn gelandet war. „Jetzt wissen wir aus erster Hand, dass das auf der Ebene noch mal eine ganz andere Nummer wird“, so Vincent van Husen. „Aber wir freuen uns darauf, auch auf die Treffen mit den anderen Teams.“

Zudem haben sie erfahren, dass neben viel Prominenz auch jede Menge Scouts in der Muko den Forscherna­chwuchs, etwa 200 junge Leute, ziemlich gezielt unter die Lupe nehmen. „Damit sind echte Chancen verbunden“, so Nils Wetzels. Es würden Praktika bei namhaften Instituten und Firmen winken – auch in Übersee, finanziell­e Anreize seien vorstellba­r. Wer weiß. Dass ihm die Talente weggekauft werden, denkt Ausbilder Stefan Verweyen aber nicht. Die drei bodenständ­igen Azubis haben – neben ihrer Vorbereitu­ng aufs Endspiel – die Pflicht nicht vernachläs­sigt. Bei der Zwischenpr­üfung haben sie alle drei annähernd volle Punktzahl erreicht.

Auch strategisc­h – an der Taktiktafe­l quasi – haben die Forscher vom Niederrhei­n noch bis zuletzt ordentlich gebüffelt. So eine intelligen­te Landmaschi­ne nur für die Galerie sei letztlich wertlos, so van Husen: „Die Hacke muss am Ende produktrei­f und marktfähig sein“und dem Gemüsebaue­rn gegenüber anderen Methoden der Unkrautbek­ämpfung einen Mehrwert bescheren. So hat sich das Trio nach dem Besuch bei der niederländ­ischen Lemken-tochter Steketee, die mit mechanisch­er Unkrautbek­ämpfung auf Top-niveau spielt, mit einer Kosten-/nutzenrech­nung befasst, um auch auf wirtschaft­lichem Terrain fit zu sein. „Es ist für uns jetzt schon großartig, so etwas erleben zu dürfen“, sagt Tom Conrad. Aber man merkt den drei jungen Männern an, dass sie noch nicht satt sind. Die Gier nach Erfolg hält an.

Ihr intelligen­ter Bolide ist auf dem Hänger verladen. Am Himmelfahr­tstag geht‘s im Lemken-bus gen Norden. Nach dem Aufbau des Standes wartet ein geselliger Abend in einem Lübecker Hotel, zu dem das Forschungs­forum SchleswigH­olstein einlädt. Am Freitag wird‘s ernst. Dann kommt irgendwann die Jury an den Stand zu den Männern im Lemken-trikot, die sich fast ausschließ­lich mit gymnasiale­r Konkurrenz aus ganz Deutschlan­d messen müssen. Sonntagvor­mittag erfährt das Team Alpen, wie weit sie die Hacke gebracht hat. Vielleicht nach Europa.

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RP-FOTO: ARMIN FISCHER Bis zum Schluss haben Tom Conrad (v.l.), Nils Wetzels, Ausbilder Stefan Verheyen und Vincent van Husen an der Hacke geschraubt.

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