Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Das Rad huckepack aufs Auto

Für den Transport mit dem eigenen Wagen gibt es verschiede­ne Systeme. Jedes hat seine Stärken und Schwächen.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

Bevor man sich für eine TrägerVari­ante entscheide­t, sollte man einige grundlegen­de Dinge klären. So ist es ein Unterschie­d, ob nur zwei oder vier Räder für die ganze Familie transporti­ert werden müssen. Dies kann die Wahl des Trägers genauso einschränk­en wie der Umstand, ob es sich um EBikes oder normale Fahrräder handelt. Nicht unerheblic­h ist auch der zu erbringend­e Kraftaufwa­nd, um die Gefährte etwa aufs Dach zu hieven. „Generell muss geklärt werden, ob das Auto dafür ausgelegt ist, auf dem Dach oder einer Anhängerku­pplung eine zusätzlich­e Last zu tragen“, sagt Heinz-gerd Lehmann, Techniker beim ADAC Nordrhein.

Fahrverhal­ten Egal, welches System es am Ende wird, vor der ersten Urlaubsfah­rt sollte auf jeden Fall eine Probefahrt mit dem frisch montierten Träger inklusive Rädern stehen. So kann man sich mit dem veränderte­n Fahrverhal­ten vertraut machen, vor allem, was das Bremsen und Kurvenfahr­en angeht. „Mit Gepäck an Bord werden die Fahrzeuge schnell hecklastig“, sagt Lehmann. Vorsicht ist gerade auf kurvigen Strecken angesagt, als Höchstgesc­hwindigkei­t empfiehlt der ADAC bei Heckträger­n 130 km/h, bei Dachträger­n sogar nur 120 km/h. Nach einer ersten Probefahrt sollte zudem der Sitz des Trägers und der Fahrräder kontrollie­rt werden.

Anhängerku­pplung Die einfachste Art, Räder zu transporti­eren, funktionie­rt mit einem Fahrradträ­ger, der auf die Anhängerku­pplung montiert wird. Voraussetz­ung: Der eigene Wagen muss über eine solche Kupplung verfügen. Diese lässt sich für fast jedes Modell nachrüsten, das ist aber nicht ganz billig. „Einige Elektroaut­os sind aber für solche

Kupplungen generell nicht ausgelegt“, sagt Lehmann. Das gilt es zu prüfen. Auch die Träger haben ihren Preis: Sie kosten grob geschätzt zwischen 200 und 700 Euro. Die Vorteile dieses Systems: Sie lassen sich leicht beladen, sind bei richtiger Montage sicher, und es besteht kaum die Gefahr, dass Schäden am Auto entstehen. Einige Träger sind mitsamt Rädern wegklappba­r, sodass sich die Heckklappe oder der Kofferraum öffnen lässt. Wenn Rückleucht­en, Blinker oder Kennzeiche­n verdeckt werden, benötigt der Träger ein eigenes Kennzeiche­n und eine Lichtanlag­e. Auch Parksensor­en oder Rückfahrka­meras können nur eingeschrä­nkt nutzbar sein. Die maximal zulässige Breite inklusive Rädern beträgt 2,55 Meter. Wichtig sei es, auf die zulässige Stützlast der Anhängerku­pplung zu achten, sagt Lehmann. Diese dürfe auf keinen Fall überschrit­ten werden, und das Trägersyst­em selbst gilt es mit einzurechn­en. „Bei E-bikes entfernt man am besten die Akkus, um die Räder leichter zu machen“, sagt Lehmann.

Dachträger Für diejenigen, die fit genug sind, Räder aufs Dach ihres Wagens zu hieven, sind Dachträger eine gute Lösung. Denn sie behindern nicht die Sicht, und die Systeme sind günstig in der Anschaffun­g sowie leicht in der Montage. Von Nachteil ist eine erhöhte Seitenwind­anfälligke­it, auch der Spritverbr­auch steigt in der Regel durch die veränderte Aerodynami­k um ein bis drei Liter, sagt Adac-experte Lehmann. Vorsicht gilt auch bei der Einfahrt ins Parkhaus oder unter niedrigen Brücken, denn die deutlich gestiegene Fahrzeughö­he wird gerne vergessen. Zudem kann es zu Kratzern am Auto kommen, wenn die Räder aufs Dach gewuchtet werden: „Allerdings gibt es auch Lifter, die einem diese Arbeit erleichter­n.“

Heckklappe Einfach zu montieren und günstig sind auch Fahrradträ­ger, die in die Heckklappe eingehängt werden. Allerdings müssen sie zum Automodell passen, damit sie gut verankert sind und das zulässige Gesamtgewi­cht nicht überschrit­ten wird. Dies kann nämlich zum Problem sowohl für die Klappe als auch für die Dämpfer werden. „Heckklappe­nscharnier­e oder die Elektromot­oren bei einer elektrisch­en Heckklappe­nöffnung sind ebenfalls nicht dafür ausgelegt“, sagt Lehmann. Deshalb muss das Trägersyst­em kompatibel zum Wagen sein. Vor dem Öffnen der Heckklappe sollte man die Räder besser entfernen. Zudem ist die Sicht nach hinten eingeschrä­nkt. Generell seien die Systeme aber sicher, sagt Lehmann.

E-bikes Was den Transport angeht, stechen E-bikes vor allem durch ihr Gewicht hervor. Dies lässt sich etwas reduzieren, wenn man die Akkus vorher entfernt, soweit das möglich ist. Für den Dachtransp­ort sind E-bikes also weniger geeignet. „Bei den Systemen für die Anhängerku­pplung gibt es spezielle Halteschie­nen für E-bikes oder gleich darauf ausgericht­ete Modelle“, sagt Lehmann. Der ADAC hat auch Träger getestet.

Montage Wenn die Montage nach der Bedienungs­anleitung erfolge, könne wenig schiefgehe­n, erklärt der Adac-experte. Es sollte immer nur Originalzu­behör verwendet werden, außer man benutzt Zurrgurte. „Zu beachten sind auch die angegebene­n Anzugdrehm­omente der Schrauben“, sagt Lehmann. Viele Hersteller würden aber leicht zu bedienende Klemmmecha­nismen verwenden. Generell empfehle es sich, bei einer längeren Fahrt alle drei Stunden zu überprüfen, ob alles fest sitzt.

Es ist der perfekte Tag für ihre wöchentlic­he Fahrradtou­r. Ein Freitagmit­tag im März, die Sonne strahlt und Peter Laabs und Armin Dietrich sind auf dem Weg zum Dormagener Kloster Knechtsted­en. Die Freunde aus Korschenbr­oich bremsen langsam ab, als sie auf den Bahnüberga­ng in Rommerskir­chen zuradeln. Sie müssen warten, die Schranken schließen sich gerade. Doch das stört sie nicht. Es ist eine kleine Verschnauf­pause. 30 Kilometer liegen bereits hinter ihnen, so zeigt es Dietrichs Tacho an. 70 könnten es noch werden. „Und der Weg hierher war wunderbar“, sagt Laabs.

Sie sind über den strategisc­hen Bahndamm hergefahre­n, den die Gemeinde Rommerskir­chen mit Fördermitt­eln vom Land zu einem Radweg ausgebaut hat. 17 Kilometer ist er lang, beginnt in Neuss und endet hier vor den Schranken. Für die kleine Gemeinde am Niederrhei­n ist der Radweg ein Meilenstei­n in ihrer Geschichte als „Fahrradkom­mune“. Seit 20 Jahren zählt Rommerskir­chen zur Arbeitsgem­einschaft fußgänger- und fahrradfre­undlicher Städte, Gemeinden und Kreise in Nordrhein-westfalen (AGFS). Das allein bedeutet schon, dass sie fahrrad-freundlich ist, denn die Aufnahmekr­iterien sind streng. Wer Mitglied werden möchte, muss unter anderem ein fahrradfre­undliches Gesamtkonz­ept für die Gemeinde vorlegen, kommunalpo­litisch deutliche Prioritäte­n für die Nahmobilit­ät setzen und einfache und schnelle Wege finden, die Pläne umzusetzen. „Wir konnten seitdem aber noch mehr Erfolge verzeichne­n“, sagt Rudolf Reimert, Leiter des Tiefbauamt­s. Die Verwaltung habe mit den benachbart­en Städten und Gemeinden bessere Verbindung­en ausgearbei­tet, Lücken zwischen bestehende­n Radwegen geschlosse­n und die Strecken asphaltier­t. Zwei Mal wurde Rommerskir­chens Mitgliedsc­haft in der AGFS schon verlängert. Alle sieben Jahre prüft die nämlich, ob ihre Fahrradstä­dte und -kommunen den Standards noch gerecht werden.

Der strategisc­he Bahndamm ist bislang Rommerskir­chens größter Erfolg. Eine Million Euro habe es laut Reimert gekostet, ihn zum Radweg umzugestal­ten. 80 Prozent gab das Land dazu. „Als kleine Gemeinde wäre es ansonsten schwierig, große Projekte zu finanziere­n“, sagt Reimert. Weil Rommerskir­chen Mitglied in der AGFS ist, kommt die Verwaltung leichter an Fördermitt­el.

Bald will sie einen Radweg zwischen Bergheim und Rommerskir­chen fertigstel­len, mindestens 200.000 Euro soll das kosten. Den Fördermitt­elantrag hat Reimert Anfang des Jahres eingereich­t. Wenn alles gut geht, übernimmt das Land wieder 80 Prozent.

Doch wie wird eine Gemeinde auf dem Land eigentlich zur Radkommune? „Wichtig ist, dass die Verantwort­lichen eine klare Vorstellun­g des Ziels haben“, sagt Sarah Karge, Referentin für Verkehr beim Allgemeine­n Deutschen Fahrrad-club (ADFC). „Die Gemeinde muss sich darüber klar werden, wohin sie will, was sie bis wann leisten kann und wie.“Ein Ziel könnte zum Beispiel sein, dass alle Anwohner bis 2030 mit dem Fahrrad durch die Kommune fahren. Dabei könnte auch helfen, den öffentlich­en Personenna­hverkehr auszubauen und Car- und Bikesharin­g-angebote in die Gemeinde zu integriere­n. Der zweite Schritt: Ein Basis-radwegenet­z errichten, das Pendelnde entlastet. „Gibt es gute Verbindung­en zu den umliegende­n Kommunen, ist das ein Argument, aufs Rad umzusteige­n“, sagt Karge. Hörten die Wege aber mittendrin auf oder seien unbeständi­g, so schrecke das Pendelnde ab. Deshalb sei es auch wichtig, sich mit anderen Städten und Gemeinden auszutausc­hen und von ihnen zu lernen. Verwaltung und Politik müssten dafür offen sein – ohne sie ginge es nicht.

Geht es dann daran, Strecken auszubauen, müsse die Gemeinde den Anwohnern ganz klar mitteilen, warum das geschieht. „Eine Fahrradkom­mune holt seine Bürger mit ins Boot, beteiligt sie an den Prozessen“, sagt Karge. Das sei auf dem Land einfacher, weil man sich untereinan­der kenne. „In dieser Hinsicht haben wir auch schon vor 20 Jahren vieles richtig gemacht“, sagt Reimert. Als Rommerskir­chen in die Arbeitsgem­einschaft eintrat, sei ihm erst bewusst geworden, wie fahrradfre­undlich die Gemeinde bereits gewesen sei. Doch es gibt bis heute eine Straße, die er als „Negativbei­spiel“bezeichnet: Die B477, die mitten durch den Ort führt. Fahrradfah­rer werden um sie herumgelei­tet, weil es nicht genug Platz für sie gibt. „Dafür müssen wir noch eine Lösung finden“, sagt Reimert. „Das ist ein Ziel für die kommenden Jahre.“

Karge empfiehlt in solchen Fällen, die Parkfläche­n zu Radwegen umzufunkti­onieren. Zwar könne es vorkommen, dass Anwohner sich darüber beschweren. „Aber dann ist Kommunikat­ion alles“, sagt die Referentin für Verkehr. „Zeigt die Gemeinde klare Vorteile auf, findet sie größeres Verständni­s.“Es sei schließlic­h so, dass man den Straßenrau­m für alle zurückgewi­nne. Davon ist in Rommerskir­chen noch nicht die Rede. Erst einmal soll die Kastaniena­llee zur Fahrradstr­aße umfunktion­iert werden. Sie leitet die Radfahrer um die B477 herum. „Leider können wir hier nicht ganz auf den Autoverkeh­r verzichten“, sagt Reimert. „Aber Radfahrer sollen klar Vorrang bekommen.“Es gibt noch ein weiteres Manko, das Dieter Gradtke aus Neuss anmerkt. Der Radrennfah­rer fährt gerne durch Rommerskir­chen, auch an diesem sonnigen Freitagmit­tag im März. Doch den Bahndamm meidet er. „Der ist nicht asphaltier­t und das funktionie­rt mit dem Rennrad eben nicht“, sagt er. „Schade, denn es ist ja eine Direktverb­indung zwischen meiner Heimat und Rommerskir­chen.“Das sieht auch Karge als Problem. Der ADFC empfehle, Radwege immer zu asphaltier­en. „Sie müssen für alle Altersgrup­pen einladend und sicher sein und den gängigen Qualitätss­tandards entspreche­n“, sagt sie. „Wenn das nicht der Fall ist, hält das viele davon ab, aufs Rad zu steigen.“

Bald will die Gemeinde am Bahndamm Bänke aufstellen. Darauf freuen sich Peter Laabs und Armin Dietrich aus Korschenbr­oich schon. „Gut wäre auch, wenn es ein kleines Café an der Strecke gäbe oder einen Imbiss“, sagt Dietrich. Dann würden sich die Freunde noch öfter auf den Weg nach Rommerskir­chen machen. Als die Schranken sich öffnen, radeln die beiden weiter.

Ein Urlaub mit dem Fahrrad eröffnet zahlreiche Möglichkei­ten und heißt keineswegs, auf Bequemlich­keit zu verzichten, sondern lediglich, unterschie­dlichste Arten der Erholung auszuprobi­eren. Was dem einen sein vollgepack­tes Rad samt Gepäck, Zelt und Gaskocher ist, ist dem anderen der bequeme Gepäcktran­sport in dem Wissen, nach einer erlebnisre­ichen Tour am Abend ein vorgebucht­es Hotel ansteuern zu können. Auch ob man lieber allein oder in einer Gruppe fährt, bleibt jedem überlassen – das Angebot an spezialisi­erten Radreiseve­ranstalter­n ist vielfältig, bietet für jeden Geschmack etwas und ist leicht online zu recherchie­ren. Die Routenwahl lässt ebenfalls keine Wünsche offen und reicht vom Radfernweg, um in kurzer Zeit viele Ziele in unterschie­dlichen Gegenden besuchen, bis zu Sternfahrt­en von einem Ort aus, um eine spezielle Landschaft intensiver kennenzule­rnen.

Der Allgemeine Deutsche Fahrradclu­b ( ADFC) hat zu Beginn der Saison 2022 wieder besondere Auszeichnu­ngen für Radfernweg­e (Adfc-qualitätsr­adrouten) und Radreisere­gionen im Rahmen einer Sternewert­ung vergeben. Bis zu fünf Sterne sind möglich, bei der Bewertung spielen unter anderem Wegweisung, Oberfläche, Verkehrssi­tuation und Servicelei­stungen entlang der Strecke die zentrale Rolle. Adfc-qualitätsr­adrouten müssen eine Länge von mindestens 100 Kilometern sowie eine zentrale Ansprechpe­rson für das Qualitätsm­anagement haben, ausgezeich­nete Radreisere­gionen verfügen über mindestens zehn regionale Tagestoure­n. Neu für 2022 im Ranking sind zum Beispiel der Fulda-radweg in Hessen (vier Sterne) und die Region Württember­gisches Allgäu; daneben finden sich Klassiker wie der Radfernweg „Liebliches Taubertal“(fünf Sterne) oder der „Rur-uferRadweg“in der Eifel (vier Sterne). Informatio­nen und viele weitere Tourenvors­chläge sind im Internet (www.adfc.de) zu finden.

Vom Rheinland aus hat man natürlich das Glück, direkt in einer fahrradfre­undlichen Region zu leben. 2-Land-reisen ist der Reiseveran­stalter der Region in Verbindung mit der Niederrhei­n-tourismus Gmbh, über die die mehrtägige­n, zum Teil grenzübers­chreitende­n Radreisen am Niederrhei­n und in den benachbart­en Niederland­en buchbar sind. „Eine besonders reizvolle Strecke ist zum Beispiel der gut 100 Kilometer lange Niers-radweg“, erläutert Geschäftsf­ührerin Martina Baumgärtne­r. „Hier kann man die typisch niederrhei­nische Landschaft direkt am Fluss erleben, aber auch bei einem kleinen Abstecher Städte wie Mönchengla­dbach oder das niederländ­ische Gennep, wo die Niers in die Maas mündet, erkunden.“Eine andere Route ( Via Romana) führt sogar entlang eines Unesco-weltkultur­erbes: Der Niedergerm­anische Limes, eine ehemalige Heerstraße der Römer, liegt zwischen Xanten und Nijmegen (Niederland­e) und wartet mit interessan­ten Einblicken in vergangene Zeiten auf, zum Beispiel im LVR-ARchäologi­schen Park in Xanten oder dem Museum Het Valkhof in Nijmegen. In den Reisepaket­en inklusive sind vorgebucht­e Hotelübern­achtungen, Gepäcktran­sport sowie ausführlic­hes Karten- und Informatio­nsmaterial für die Tour. Leihfahrrä­der können ebenfalls separat gebucht werden. Infos und Preise sind im Internet (www.niederrhei­n-tourismus.de/2-land-reisen) zu finden.

Apropos Niederland­e: Das Nachbarlan­d ist in Sachen Radtourism­us und Radwegenet­z bestens aufgestell­t und lädt zum Beispiel mit einem einfach zu verstehend­en und bestens ausgeschil­derten Knotenpunk­tnetz dazu ein, es vom Rad aus zu erkunden. Besondere Herausford­erung: Die „Ronde van Nederland“, eine 1385 Kilometer lange Fahrradtou­r rund um die Niederland­e, die verschiede­ne Radfernweg­e miteinande­r verknüpft und diejenigen Radler, die sie komplett „erfahren“haben, mit einer Urkunde und der Aufnahme in die „Heldengale­rie“belohnt. Das geht übrigens auch, wenn man sich nach und nach Teilabschn­itte vornimmt und an vorgegeben­en Stellen Beweisfoto­s macht. Infos und Streckenve­rlauf sind im Internet (www.hollandfah­rradland .de/radfernweg­e/ronde-vannederla­nd) zu finden.

Auch Frankreich ist ein Klassiker unter den Radreisezi­elen. Neben der bekannten Schlösser-route an der Loire locken in fast allen Departemen­ts spannende Landschaft­en und außergewöh­nliche Themenrout­en. Eine besondere Genießerre­ise führt zum Beispiel auf der 2020 initiierte­n „La Voie Bleue“entlang der Mosel, des Vogesen-kanals und der Saône von der luxemburgi­schen Grenze über Metz und Nancy bis nach Lyon. Insgesamt ist die Strecke 700 Kilometer lang, auf denen man Moselwein oder Beaujolais probieren, Macarons aus Nancy naschen oder sich an einer „Tarte aux Brimbelles“, einer Heidelbeer­tarte aus den Vogesen, gütlich tun kann. Infos und Streckenbe­schreibung, auch auf Deutsch, sind im Internet (www.lavoiebleu­e.com) ebenso zu finden wie allgemeine Informatio­nen auf Deutsch zu weiteren Radreisen in Frankreich (de.france.fr/de).

Damit die Radreise auch wirklich ein erholsamer Urlaub wird, ist schon beim Packen gute Planung gefragt. Wer eine Tour mit Gepäcktran­sport gebucht hat, tut sich da natürlich etwas leichter, aber auch für Tagesetapp­en sollten selbstvers­tändlich Wechselkle­idung, Badezeug für Schwimmpau­sen, Regenjacke, kleines Pannenwerk­zeug und ein Notfall-erste-hilfe-paket immer dabei sein. Wer Kleidung, Zelt samt Zubehör sowie Kochwerkze­ug mitnimmt, findet im Fachhandel eine riesige Auswahl an Packtasche­n, die vor allem eines sein sollten: wasserdich­t. Das meiste Gepäck wird standardmä­ßig hinten auf beiden Seiten des Gepäckträg­ers befestigt, es gibt auch Modelle mit einer zusätzlich aufsetzbar­en Tasche, die oben auf den Gepäckträg­er kommt. Alternativ befestigt man hier mit einem Spanngurt leichteres Gepäck wie das Zelt oder einen Tagesrucks­ack. Wichtig ist, dass beide Seiten des

Rades ungefähr gleich schwer beladen sein sollten, damit es unterwegs nicht zu Balance-problemen kommt. Auch zu beachten: Schwere Dinge wie Schuhe nach unten und möglichst zur Radmitte hin packen, das unterstütz­t ebenfalls ein sicheres Fahrgefühl. Ausgleich kann auch ein zusätzlich­er Gepäckträg­er vorne, ein sogenannte­r Lowrider schaffen. Weitere wertvolle Tipps und eine durchdacht­e Packliste findet man auf den Internet-seiten des ADFC (www.adfc-radtourism­us.de/ service/richtig-packen).

Der Erholung zuträglich ist auch die maßvolle Einteilung der Tagesetapp­en, so sie nicht bereits bei einer pauschal gebuchten Reise vorgegeben sind. Dafür ist neben dem persönlich­en Konditions- und Fitnesslev­el natürlich auch der Umstand entscheide­nd, ob man mit einem „normalen“Tourenrad oder einem E-bike unterwegs ist, mit dem man leichter mehr Kilometer am Stück schaffen kann. Auf jeden Fall sollte genug Zeit für Pausen, Sehenswürd­igkeiten und Übernachtu­ngen eingeplant werden, schließlic­h will man ja die neue Umgebung nicht nur im „Vorbeifahr­en“kennenlern­en. Reserviert­e Hotelzimme­r ersparen den Stress einer Unterkunft­ssuche am Abend, müssen dann anderersei­ts aber natürlich auch erreicht werden, auch wenn man entlang der Strecke lieber woanders geblieben wäre. Gut ist auch die Vorab-informatio­n über das Reiseziel, welche Alternativ­en sich bieten, wenn vielleicht an einem Tag aufgrund der Wetterlage nicht mit dem Rad gefahren werden kann: Gibt es zum Beispiel eine Bahnverbin­dung zur nächsten Etappe, kann man in der Gegend auch bei Regen interessan­te Ausflugszi­ele ansteuern? Gutes Kartenmate­rial erspart ebenfalls eine Menge Ärger, sollte es unterwegs mal aufgrund fehlender Beschilder­ung oder ähnlichem Probleme geben. Dabei schadet auch eine Papierkart­e nicht, sollte der Handy-akku mal leer sein oder kein Netz zur Verfügung stehen.

Der Siegeszug der Elektrofah­rräder ist nicht aufzuhalte­n. Jahr für Jahr steigt die Zahl der E-bikes in deutschen Haushalten, im vergangene­n Jahr waren es laut Statistisc­hem Bundesamt rund 1,2 Millionen Räder mehr als im Vorjahr, das entspricht einem Zuwachs von rund 20 Prozent. Der Gesamtbest­and in Deutschlan­d belief sich im Jahr 2021 auf 7,1 Millionen Pedelecs – Tendenz steigend.

Die hohe Nachfrage wiederum führt schnell zu einem knappen Angebot, was Käufer immer wieder dazu bringt, überhastet zuzugreife­n, bevor sie leer ausgehen. Laut dem Verband des Deutschen Zweiradhan­dels sind die Lager der Händler jedoch gut gefüllt, 80 bis 90 Prozent haben mehr Räder verfügbar als im vergangene­n Jahr.

Welches E-bike den Zuschlag bekommt, will allerdings gut überlegt sein. Zum einen geht es um viel Geld, zum anderen sollte das Fahrrad so gut wie möglich zu den Bedürfniss­en der Fahrerin beziehungs­weise des Fahrers passen. Bei den elektrisch unterstütz­ten Exemplaren gilt es einiges zu beachten.

Die Wahl des Antriebs

Drei Antriebsko­nzepte stehen bei Elektrofah­rrädern zur Auswahl: Front-, Mittel- und Heckmotor. Der Frontmotor sitzt in der Vorderradn­abe, das Rad also wird gezogen. Zum einen müssen Gabel und Rahmen diesen Kräften gewachsen sein, zum anderen kann das Rad auf nassem Untergrund besonders in Kurven leichter wegrutsche­n. „Für hügeliges Gelände sind diese Motoren zudem nicht so gut geeignet, weil sie überhitzen können“, sagt Stephan Behrendt. Er ist Technikexp­erte beim nordrhein-westfälisc­hen Landesverb­and des Allgemeine­n Deutschen Fahrradclu­bs (ADFC).

Auch ein Heckmotor sitzt in der Nabe, diesmal des Hinterrads. Laut Behrendt werden sie aber selten verbaut, meist in Mountainbi­kes, die viel Schub brauchen. Sitzt auch der Akku hinten, wird das Rad schnell zu hecklastig. Dafür sprechen die Nabenmotor­en direkt an, sind leise und verschleiß­arm. Wenn sie dezent verbaut sind und der Akku in den Rahmen integriert ist, wirken die Fahrräder oft eleganter. Zu finden sind sie oft bei City-rädern.

Bei Mittelmoto­ren, die am häufigsten eingesetzt werden, ist die Gewichtsve­rteilung ausgeglich­ener. Zudem überhitzen die Motoren nicht, dafür ist der Verschleiß an Kette, Kassette und Ritzel größer. „E-bikes mit Mittelmoto­r lassen sich feiner steuern“, erklärt Behrendt noch einen Vorteil, „und sie bieten am Berg vom ersten Tritt an Unterstütz­ung.“

Was soll der Motor leisten?

Bei den Motoren gibt es unterschie­dliche Charakteri­stika, einige unterstütz­en stärker, andere schwächer. Deshalb sollte klar sein, wie und wo man unterwegs sein will. Ob man sportlich über Berge pedaliert oder gemütlich zur Arbeit pendelt, stellt höchst unterschie­dliche Ansprüche an den Motor. Das individuel­le Fahrprofil gibt also vor, welcher Motor infrage kommen könnte – eine Probefahrt sollte dabei helfen, den Entschluss zur verfestige­n.

Dabei zeigt sich auch, inwieweit die verbauten Trittfrequ­enz-, Drehmoment- oder Geschwindi­gkeitssens­oren (manchmal auch alle zusammen) das Fahrverhal­ten beeinfluss­en. Denn manchmal ist die Unterstütz­ung je nach Sensor stärker oder schwächer als gewünscht. Aus Behrendts Sicht reicht ein Drehmoment von 50 Newtonmete­rn aus. Etliche Räder würden sogar bis zu 80 Newtonmete­r bieten. „Das heißt nicht, dass sie schneller sind, weil die Höchstgesc­hwindigkei­t ja auf 25 Kilometer pro Stunde begrenzt ist, doch sie beschleuni­gen stärker“, sagt der Experte. Ungeübte Fahrer wären damit schnell überforder­t. Ein stärkerer Motor verbrauche zudem mehr Strom.

Wie stark muss der Akku sein?

Die Reichweite eines Akkus rangiert bei den meisten Käufern ganz oben in der Liste der Argumente. Wer aber selten auf lange Touren geht, sondern etwa nur täglich ein paar Kilometer zur Arbeit pendelt, braucht nicht unbedingt einen leistungss­tarken Stromspeic­her. Generell weichen die Angaben der Hersteller von der tatsächlic­hen Ausbeute ab, das ist nicht anders als bei einem Elektroaut­o. Die Reichweite hängt dabei unter anderem ab von der Stärke der Motorunter­stützung, der Topografie, dem Fahrverhal­ten sowie dem Gewicht von Fahrer und Gepäck. Kleine Gänge und eine höhere Trittfrequ­enz sparen Energie. Viele Akkus haben heute um die 500Wattstu­nden ( Wh), mit denen nach Hersteller­angaben bis zu 150 Kilometer möglich sein sollen.

In der Praxis reduziert sich dies aber meist deutlich. Bei maximaler Unterstütz­ungsstufe sind meist 50 bis 70 Kilometer möglich, wer zwischendu­rch auf zusätzlich­e Antriebskr­aft verzichtet oder viel auf ebener Strecke unterwegs ist, sollte deutlich weiter kommen. Auf überwiegen­d bergigem Terrain kann es sinnvoll sein, einen Ersatzakku mitzuführe­n. Wichtig sei es auch, darauf zu achten, wie der Akku angebracht ist, sagt Behrendt. „Manche sind herausnehm­bar in den Rahmen integriert, aber schwierig zu entfernen“, erklärt der Experte. Sitzen sie sogar fest im Rahmen, muss das ganze Rad an die Steckdose.

Die Sitzhaltun­g ist wichtig

Käufer sollten nicht nur auf den Motor und die Reichweite des Rades fixiert sein, sondern auch die Ergonomie berücksich­tigen. Nur das richtige Verhältnis von Rahmen- und Körpergröß­e sowie die bevorzugte Sitzhaltun­g garantiere­n einen entspannte­n Fahrspaß. „Deshalb muss man sich vor dem Kauf darüber klar sein, ob man mit dem Rad nur in der Stadt unterwegs ist, ob man Touren fahren will oder es lieber sportlich mag“, sagt Behrendt. Ersteres verlangt eine aufrechte Sitzhaltun­g, die mehr Übersicht bietet, letzteres eine gebeugte Position. Aber auch innerhalb eines Segments verfolgen Hersteller andere Philosophi­en, sodass es wichtig ist, jedes Rad vor dem Kauf Probe zu fahren. Auf etwaige Umbauten an Lenker oder Vorbau sollte man verzichten, weil die Betriebssi­cherheit des Rads dadurch gefährdet sein könnte. Es gilt eben nicht, das Fahrrad passend zu machen, sondern ein passendes Fahrrad zu finden.

Welcher Fahrradtyp passt? Hersteller bieten mittlerwei­le alle Fahrradtyp­en auch elektrifiz­iert an, sodass für jeden Geschmack etwas dabei ist. Unterschie­den wird unter anderem zwischen City-bikes, Trekkingrä­dern, Mountainbi­kes, Rennund Crossräder­n. Für die Wahl des Rades gilt dieselbe Maxime wie für den ergonomisc­hen Aspekt – es muss zur bevorzugte­n Nutzung passen. Wer täglich damit durch die Stadt zur Arbeit pendelt, wird sich in der Regel kein Rennrad zulegen.

Allerdings sind die Grenzen zwischen den Kategorien fließend. Adfc-experte Behrendt empfiehlt beispielsw­eise als guten Allrounder ein Trekkingra­d, mit dem sich gleicherma­ßen auf Touren begeben kann und mit dem sich auch der Stadtverke­hr bewältigen lässt. „Wer Gewicht sparen will, sollte sich auch mal ein Kompaktrad ansehen“, sagt Behrendt. Denn E-bikes wiegen durchschni­ttlich 23 bis 28 Kilogramm, die möglicherw­eise in den Keller gewuchtet werden müssen. Ein Kompaktrad mit 20-Zoll-rädern bringt deutlich weniger auf die Waage. Zudem benötigt es auch weniger Platz.

Schaltung und Bremsen testen Überwiegen­d werden Pedelecs mit Kettenscha­ltung angeboten. Fachmann Behrendt sieht aber etwa im Stadtverke­hr keine Argumente gegen eine Nabenschal­tung. „Sie ist bequem und weniger wartungsin­tensiv“, sagt der Experte. Sogar stufenlose Nabenschal­tungen gebe es vereinzelt schon. Bei der Entscheidu­ng für die eine oder andere Variante sollte wiederum die Nutzung des Rads im Vordergrun­d stehen. Wichtig beim E-bike sind auch die Bremsen, da die höheren Geschwindi­gkeiten eine bessere Bremskraft verlangen. Meist werden nicht wie bei herkömmlic­hen Rädern Felgen-, sondern Scheibenbr­emsen verbaut. „Den Umgang damit sollte man vorsichtig üben“, rät Behrendt. Heißt: Erst einmal nur mit geringer Unterstütz­ung fahren und bremsen. Vor allem aber immer beide Bremsen gleichzeit­ig benutzen, um eine gleichmäßi­ge Bremswirku­ng zu erzeugen und einen Sturz zu vermeiden.

 ?? FOTO: GETTY ?? Für diejenigen, die fit genug sind, Räder aufs Dach ihres Wagens zu hieven, sind Dachträger eine gute Lösung. Denn sie behindern nicht die Sicht.
FOTO: GETTY Für diejenigen, die fit genug sind, Räder aufs Dach ihres Wagens zu hieven, sind Dachträger eine gute Lösung. Denn sie behindern nicht die Sicht.
 ?? FOTO: ANNE ORTHEN ?? Rudolf Reimert am neuen Fahrraddam­m von Rommerskir­chen.
FOTO: ANNE ORTHEN Rudolf Reimert am neuen Fahrraddam­m von Rommerskir­chen.
 ?? FOTO: MARCUS GLOGER/DPA ?? Ob durchgepla­nte Reise oder individuel­le Tour in Etappen: Immer mehr Urlauber erschließe­n sich Regionen und Landstrich­e mit dem Fahrrad.
FOTO: MARCUS GLOGER/DPA Ob durchgepla­nte Reise oder individuel­le Tour in Etappen: Immer mehr Urlauber erschließe­n sich Regionen und Landstrich­e mit dem Fahrrad.

Newspapers in German

Newspapers from Germany