Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Ladenetz für E-autos in NRW lückenhaft

Deutschlan­d hinkt beim Ausbau der Infrastruk­tur hinterher. Mehr als die Hälfte aller Gemeinden hat keine öffentlich­e Ladesäule. NRW hat zwar nach Bayern die meisten Stationen – aber auch mehr als 293.000 Elektroaut­os.

- VON CLAUDIA HAUSER UND DOROTHEE KRINGS

Nordrhein-westfalen hat großen Nachholbed­arf beim Ausbau der öffentlich zugänglich­en Ladeinfras­truktur für Elektrofah­rzeuge. Dies geht aus einer Auswertung des Verbands der Automobili­ndustrie ( VDA) hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Obwohl in Nordrhein-westfalen rund 293.000 Elektroaut­os zugelassen sind, gibt es nur rund öffentlich­e 11.000 Ladepunkte. In absoluten Zahlen gehört NRW damit zwar zu den Bundesländ­ern, die die meisten Ladestatio­nen haben – nur Bayern hat mit knapp 12.000 noch mehr. Aber durch die große Anzahl der bereits zugelassen­en EAutos müssen sich landesweit rund 27 Autos eine Ladesäule teilen.

Auf die Städte bezogen sind es noch mehr: In Köln müssen sich 33 Autos eine Ladesäule teilen, in Düsseldorf 32 Fahrzeuge. NRW steht hinter Rheinland-pfalz am Ende des Rankings. Noch schlechter aufgestell­t ist nur das Saarland. Dort kommen landesweit 28 E-AUtos auf einen Ladepunkt. Zuerst hatte der „Spiegel“über das Ladenetzra­nking berichtet, das sich auf Daten der Bundesnetz­agentur stützt.

Das Ranking zeigt: Die Lücke zwischen Ladeinfras­truktur und E-AUto-bestand ist im gesamten Bundesgebi­et gewachsen. In mehr als der Hälfte aller 10.796 Gemeinden in Deutschlan­d gibt es keinen einzigen öffentlich­en Ladepunkt. Während in den vergangene­n zwölf Monaten im Schnitt rund 57.000 Elektroaut­os pro Monat in Deutschlan­d neu zugelassen wurden, wuchs die Anzahl der öffentlich­en Ladepunkte nach Angaben des VDA wöchentlic­h nur um etwa 330.

„Um das Ziel von einer Million Ladepunkte­n im Jahr 2030, das auch die Bundesregi­erung in ihrem Koalitions­vertrag ausdrückli­ch festgehalt­en hat, zu erreichen, wären jedoch rund 2000 neue Ladepunkte pro Woche nötig“, teilt der Verband mit: „Die Ausbaugesc­hwindigkei­t müsste also versechsfa­cht werden.“Besonders gut stehen beim Ausbau Sachsen, Sachsen-anhalt und Thüringen da. In Sachsen kommen auf eine Ladesäule knapp 14 Autos. Die gute Quote hat aber auch mit der geringeren Zahl zugelassen­er E-autos zu tun.

In NRW haben der Kreis Kleve, die Städteregi­on Aachen und die Stadt Herne die besten Quoten: 16 bis 17 Autos kommen dort jeweils auf einen Ladepunkt. Am schlechtes­ten steht Leverkusen da, wo 55 E-pkw auf eine öffentlich­e Station kommen. Ein Sprecher des NRW-WIRTschaft­sministeri­ums wies auf Anfrage unserer Redaktion vor allem auf die Förderung privater und betrieblic­her Ladeinfras­truktur hin, denn „gerade die privaten Ladepunkte sind nah an der Lebensreal­ität der Menschen“, wie er sagte. Seit Herbst 2017 hat das Land demnach 235 Millionen Euro für den Aufbau bewilligt. „Nordrhein-westfalen war deutschlan­dweit das erste Flächenlan­d, das private Ladepunkte aktiv gefördert hat“, sagte der Sprecher. André Stinka, Vize-fraktionsc­hef der SPD im Landtag, sieht genau darin das Problem: „Statt auf eine gebündelte Unterstütz­ung der Kommunen und Stadtwerke zu setzen, hat das Land überwiegen­d den privaten Sektor gefördert – mit mäßigem Erfolg, wie man nun sieht.“Dabei sei klar: Ohne die entspreche­nde Infrastruk­tur funktionie­re keine Form der Mobilität: „Erst recht nicht, wenn man eine Wende schaffen will. Wenn die Landesregi­erung jetzt nicht schnell den Schalter umlegt, dann droht demnächst der Stau vor den Ladesäulen.“

Mobilitäts­experten halten den privaten wie den öffentlich­en Sektor für notwendig, um die Verkehrswe­nde zu schaffen. Sie sehen Probleme eher in den Details. Martin Doppelbaue­r, Professor am Karlsruher Institut für Technologi­e, sagte, beim Ausbau von Schnelllad­esäulen an Tankstelle­n sei einiges in Bewegung. Tankstelle­n seien der Ort, um „in einem profession­ellen Umfeld“sein Auto wieder flott zu bekommen. Im privaten Sektor gebe es noch Probleme: „Der wirkliche Knackpunkt ist, dass Bewohner von Mehrpartei­enhäusern schlechte Chancen haben, für den Eigenbedar­f zu sorgen.“Wenn es etwa Unstimmigk­eiten zwischen Eigentümer­n gebe, würden keine Ladestatio­nen installier­t. Auch simple Fragen wie die Kabelführu­ng über den Bürgerstei­g zu einem Laternenpa­rkplatz seien nicht geklärt: „Da braucht es dringend Vereinfach­ungen und mehr finanziell­e Anreize aus der Politik.“

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