Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Prinz Charles verärgert das britische Regierungslager
(witt) Der britische Thronfolger ist am Wochenende in die Schlagzeilen geraten. „Halte dich aus der Politik raus, Charles!“, donnerte der „Sunday Express“auf der Titelseite. Und die „Mail on Sunday“versicherte dem Royal: „Wir werden wegen Ruanda nicht zurückstecken.“Prinz Charles hatte sich privat über ein umstrittenes Thema ausgelassen: Er finde den Plan der Regierung, Flüchtlinge in das ostafrikanische Land Ruanda abzuschieben, „entsetzlich“. Das habe der Thronfolger „mehrere Male in Privatgesprächen“gesagt, meldete die „Times“. Das Büro des Prinzen dementierte die Äußerungen nicht, betonte aber, der Thronfolger bleibe „politisch neutral“.
Das sehen die Befürworter der britischen Asylpolitik anders. Die „Sunday Times“zitierte gleich vier ungenannt bleibende Mitglieder des Kabinetts, die dem Prinzen nahelegten, mit seiner Meinung lieber nicht hausieren zu gehen. „Das Problem mit Charles ist“, wird ein Minister zitiert, „dass er interessant sein will und denkt, dass es die Leute interessiert, was er denkt. Er scheint seine Rolle misszuverstehen.“Ein anderer verglich ihn mit seiner Mutter: „Das Genie der Queen ist, dass niemand weiß, was sie denkt.“
Die Bemerkungen des Prinzen wurden bekannt, nachdem der
High Court in London es am Freitag abgelehnt hatte, eine einstweilige Verfügung zu erlassen, um die für Dienstag geplante Abschiebung von Asylsuchenden zu verhindern. Großbritannien hat mit Ruanda eine Vereinbarung geschlossen, nach der alle illegal in Großbritannien angekommenen Flüchtlinge in das 6500 Kilometer entfernte Land ausgeflogen werden können. Das ist in Großbritannien hochumstritten. London zahlt pro Jahr 120 Millionen Pfund dafür, dass Ruanda Flüchtlinge übernimmt und ihr Asylverfahren durchführt. Dazu kommen Kosten für Überführung und Unterbringung. Vor britischen Gerichten sind mehrere Verfahren anhängig, um Abschiebungen zu verhindern.
Die Einmischung des Prinzen hat zu einer Diskussion im Land geführt, ob es für ihn angemessen ist, sich über heikle politische Fragen zu äußern. Er hat das schon des Öfteren getan, etwa zu den Themen moderne Architektur, genmanipulierter Mais, alternative Medizin und Islam. Bei Ruanda scheint er nun vor allem rechts stehende Medien und Politiker verärgert zu haben. Die Fernsehmoderatorin Jennie Bond dagegen begrüßte die Intervention: „Ich sah diese Schlagzeilen und dachte: Gut für dich, Charles. Du hast dich geoutet und gesagt, was du denkst.“