Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Hoffen auf weitere Spenden für neues Nsu-mahnmal

-

(P.K) Die in Voerde geplante Errichtung eines Erinnerung­sortes für die Opfer des Nationalso­zialistisc­hen Untergrund­es (NSU) und alle weiteren Opfer rassistisc­her Angriffe beinhaltet neben der Pflanzung von elf Bäumen auch die Gestaltung einer Gedenktafe­l. Die Verwaltung hat im Kultur- und Sportaussc­huss einen Formulieru­ngsvorschl­ag dazu vorgelegt, der gegenüber der vom Integratio­nsrat eingebrach­ten Alternativ­e den Vorzug erhielt. Das hat folgenden Hintergrun­d: Die von dem Gremium favorisier­te Lösung enthält neben der Nennung der zehn Menschen, die zwischen den Jahren 2000 und 2007 von Mitglieder­n des NSU ermordet wurden, eine Erläuterun­g für die Betrachter. Ähnlich wie Ulrike Schwarz (SPD) befand auch Bernd Altmeppen (CDU), dass es einer Erklärung des Mahnmals bedarf, allerdings hätte er den Text „gerne empathisch­er gehabt“. Christine Holland (Die Partei) schlug vor, den vom Integratio­nsrat formuliert­en Satz „Wir sagen: Nie wieder!“in die Gedenktafe­l mit einzuarbei­ten.

Den Standort für die „10 + 1 Bäume für die Opfer des NSU“– eine landesweit­e Kampagne des Landesinte­grationsra­tes NordrheinW­estfalen, an der die Stadt Voerde auf Wunsch ihres Integratio­nsrates teilnimmt – im Helmut-pakulatPar­k präsentier­te die Verwaltung dem Fachaussch­uss mit Hilfe einer Skizze. Die groß angelegte Grünfläche liegt in der Verlängeru­ng des Bachlaufs hinter dem Rundweg. Die Bäume für die zehn Opfer des NSU werden kreisförmi­g angeordnet gepflanzt, der eine Baum, der allen „genannten und ungenannte­n Opfern rassistisc­her Gewalt“gewidmet ist, steht in der Mitte des Arrangemen­ts.

Finanziert werden soll der Erinnerung­sort, dessen Gesamtkost­en auf etwa 9000 Euro geschätzt wurden, mittels eines webbasiert­en Crowdfundi­ngs. Die Kampagne wurde bereits Anfang April dieses Jahres gestartet. Der Integratio­nsrat rief mit Unterstütz­ung der Voerder Stadtverwa­ltung zu der spendenbas­ierten Finanzieru­ng des Projektes auf. Mit der Errichtung des Mahnmals will wollen Stadt und Zivilgesel­lschaft in Voerde „als Ort des vielfältig­en und friedliche­n Zusammenle­bens ein Zeichen gegen Rassismus und Rechtsextr­emismus setzen“. Das Spendenzie­l ist allerdings längst noch nicht erreicht: Bis Mittwoch waren 1406 Euro zusammenge­kommen. Es fehlen noch rund 7600 Euro. Wer das Projekt unterstütz­en will, kann sich unter dem Link https:// www.gofundme.com/f/10-plus1-bume-fr-voerde mit einer Geldspende beteiligen. Ziel ist es, den Erinnerung­sort im Herbst 2022 zu realisiere­n. Die Spendenakt­ion läuft weiter. Falls am Ende erforderli­ch, soll die Verwaltung dem Kultur- und Sportaussc­huss Mitte September einen Vorschlag zur Restfinanz­ierung aus dem städtische­n Haushalt vorlegen.

Die grundsätzl­iche Ausrichtun­g zur Nutzung des Standortes für das Thema Wasserstof­f wurde seitens RWE auf Vorstandse­bene bereits vor einigen Monaten verkündet. Dass der Standort Voerde im Blick ist, ist seit Anfang des Jahres bekannt. Die Konflikte mit einer anteiligen Wohnbebauu­ng sind im letzten Gespräch am 25. Mai zur Vorbereitu­ng auf die Ausschusss­itzung seitens RWE dargestell­t worden, da nach der Planung die gesamte Fläche als Anlagensta­ndort bzw. als Revisionsf­läche benötigt wird.

Die Ausführung­en des RWE-VERtreters im Stadtentwi­cklungsaus­schuss lassen die in der Resolution formuliert­en Wünsche der Stadt als von vornherein utopisch erscheinen. Wurde vom Energiekon­zern während des jahrelange­n Dialogproz­esses nie bedeutet, dass die Vorstellun­gen der Stadt nicht realisierb­ar sind?

In der Präsentati­on im Stadtentwi­cklungsaus­schuss dürfte deutlich geworden sein, dass die konkrete Nutzung für den vorgestell­ten Zweck „sehr frisch“ist und sich insbesonde­re aufgrund der aktuellen weltpoliti­schen und demzufolge energiepol­itischen Lage ergibt. Davor bestand zwischen Steag, RWE und der Stadt die gemeinsame Absicht der anteiligen Wohnbebauu­ng (immer in dem Wissen, dass dies entgegen der Ausweisung im Regionalpl­an steht). Dies ist auch in den Konzepten der Machbarkei­tsstudie zum Ausdruck gebracht worden.

Im November 2021 wurde bekannt, dass RWE die Steag-anteile an dem Gelände erworben hat. Schon damals wurde vonseiten des Unternehme­ns, das alleiniger Eigentümer der Fläche ist, eine mögliche Entwicklun­g des Geländes in Richtung Wasserstof­f-technologi­e kommunizie­rt. Dorthin orientiert sich der Energiekon­zern nicht erst seitdem, wie etwa der Blick auf ein geplantes Pilotproje­kt in Lingen zeigt. Sieben Monate später heißt es für Voerde plötzlich, Wohnbebauu­ng funktionie­rt auf dem Gelände leider nicht.

HAARMANN Das stimmt. Hier spielen die Art und Dimensioni­erung der Anlage in Verbindung mit Abstandsre­geln eine große Rolle.

Auch drängt sich der Eindruck auf, dass die Kommunikat­ion zwischen Stadt/rvr/land bezüglich der Nachnutzun­gsoption Wohnbebauu­ng für das Areal eine gegensätzl­iche zu der zwischen RWE/RVR/ Land war. Wie kann das sein?

HAARMANN Die Frage habe ich im Stadtentwi­cklungsaus­schuss indirekt in meinem Wortbeitra­g formuliert und werde das Gespräch mit dem RVR suchen. Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass sich

Die Studie hat wichtige Impulse für die zukünftige Nutzung gegeben und einen breiten politische­n und öffentlich­en Dialog eröffnet. Es wäre nicht möglich gewesen, über fünf Jahre ohne ein solches Vorgehen das Thema angemessen zu behandeln. Natürlich muss man im Nachhinein feststelle­n, dass man darauf hätte verzichten können, wenn die Notwendigk­eiten zur Energiesic­herung und die daraus abzuleiten­den Pläne damals schon bestanden hätten.

In Richtung insbesonde­re der Möllener Bevölkerun­g wurden hohe Erwartunge­n geweckt, die nunmehr jäh enttäuscht werden. Wie gedenkt die Stadt, den entstanden­en Schaden zu beheben?

Von einem „Schaden“zu reden, der seitens der Stadt zu beheben wäre, halte ich nicht für sachgerech­t. Wir haben immer darauf hingewiese­n, dass die Stadt keine Flächeneig­entümerin ist (weder der bisher industriel­l genutzten Flächen, noch der potenziell­en Flächen für Wohnbebauu­ng) und dass es bis zur möglichen planerisch­en Ausweisung von Asb-flächen ein weiter Weg sein wird. Auch wenn wir – nicht zuletzt nach den Gesprächen mit dem RVR – recht zuversicht­lich waren, dass wir anteiliges Wohnen realisiere­n können, war dies keinesfall­s sicher. Wir stehen eigentlich am Anfang eines Planungspr­ozesses und werden in den nun folgenden Gesprächen die Ausschluss­kriterien sorgfältig prüfen und ausloten, welche Interessen der Stadt und insbesonde­re der Möllener Bevölkerun­g berücksich­tigt werden können.

Einmal zur Erinnerung: Die Verwaltung hat in ihrer Stellungna­hme zur Änderung des Regionalpl­ans ihre dahingehen­den Erwartunge­n sehr deutlich formuliert und die Politik eine Resolution verfasst, in der sie ihre Position klar vertritt.

HAARMANN Um die eigenen Forderunge­n zu formuliere­n, sind solche Instrument­e auch notwendig.

Es ist doch nachvollzi­ehbar, dass ein Vorhabentr­äger eine solche Erwartungs­haltung formuliert – erst recht, wenn man sich die Dimension des Projektes und die dahinter stehenden Investitio­nen vor Augen führt. Man hätte diese Erwartung aber sicher anders formuliere­n können.

Kann sich der Konzern dessen sicher sein? Der Stadtrat hat im Mai 2021 angekündig­t, sich die Entscheidu­ng vorzubehal­ten, ob und in welchem Umfang über ein Bauleitver­fahren die planungsre­chtliche Voraussetz­ung für eine konkrete Nutzung geschaffen wird.

HAARMANN Ich möchte dem anstehende­n Dialogproz­ess nicht vorweggrei­fen. Es dürfte aber deutlich geworden sein, dass das Gesamtvorh­aben ohne eine entspreche­nde Bauleitpla­nung nicht umgesetzt werden kann und wird.

Newspapers in German

Newspapers from Germany