Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Im Altbau zum geförderte­n Wohnglück

Die Gemeinde Alpen bietet Familien einen Zuschuss an, wenn diese ein altes Haus kaufen wollen. Mit dem Projekt „ Jung kauft alt“soll in Zeiten von fehlendem Bauland der Weg ins Eigenheim vereinfach­t werden.

- VON ERWIN KOHL

Wohnraum wird bekanntlic­h knapper. Bezahlbare Mietwohnun­gen sind längst auch auf dem Land Mangelware, und wer die Möglichkei­t sieht, sich den Traum von den eigenen vier Wänden zu verwirklic­hen, steht vor dem nächsten Problem: Denn mit geeignetem Bauland verhält es sich ähnlich.

Es ist extrem eng auf dem Markt. Seit Jahren quetschen Rathäuser am Niederrhei­n ihre Dörfer und Kleinstädt­e auf der Suche nach dem letzten möglichen Baugebiet aus wie die sprichwört­liche Zitrone. Erschweren­d hinzu kommt noch, dass der Landesentw­icklungspl­an (LEP) der kommunalen Gestaltung­sfreiheit enge Grenzen setzt.

Auf der anderen Seite leben nicht nur am Niederrhei­n viele, meist ältere Menschen alleine oder zu zweit in Altbauten, die Raum für eine ganze Familie und mehr bieten. Vor drei Jahren haben Alpens Grüne sich dieser Problemati­k angenommen und im März 2019 im Rat das Förderproj­ekt „Jung kauft alt – junge Leute kaufen alte Häuser“eingebrach­t.

„In Alpen gibt es eine viel zu geringe Zahl von Wohnungen. Das führt dazu, dass junge Leute und junge Familien nicht mehr im Ort bleiben, sondern wegziehen und auch langfristi­g fehlen werden“, erklärt Grünen-fraktionss­precher Peter Nienhaus.

Seine Gegenstrat­egie: „Anstatt immer neue Baugebiete auszuweise­n, sollten wir den vorhandene­n Bestand besser nutzen“, so Nienhaus. Er macht in diesem Zusammenha­ng darauf aufmerksam, dass durch den Wegzug junger Menschen auch der demografis­che Wandel im Ort beschleuni­gt werde. Um jungen Paaren und Familien die Schaffung von Wohneigent­um zu erleichter­n, solle die Gemeinde den Erwerb von Altbauten fördern.

Der Rat folgte dieser Argumentat­ion mit großer Mehrheit und stellte einen Fördertopf mit insgesamt 25.000 Euro zur Verfügung. Voraussetz­ung für eine Förderung ist ein Altbau-gutachten, das wiederum gesondert mit bis zu 1500 Euro gefördert wird. „Es macht wenig Sinn, Altbauten zu fördern, die nicht in einem wirtschaft­lich vertretbar­en

Peter Nienhaus Fraktionss­precher der Grünen Rheinberg

Rahmen saniert werden können“, erklärt Peter Nienhaus. „Außerdem wissen die Käufer dann genau, was auf sie zukommt.“

Der Grünen-sprecher kennt das Projekt aus der nordöstlic­h von Bielefeld gelegenen Kleinstadt Hiddenhaus­en (20.000 Einwohner). Dort laufe es seit 2007 äußerst erfolgreic­h. „Da standen viele alte Höfe leer, die zu verfallen drohten und die jetzt von jungen Familien saniert und energetisc­h auf den neuesten Stand gebracht worden sind“, erzählt Peter Nienhaus. Ihm sei bewusst, dass es auch in Alpen einige Altbauten gebe, denen dasselbe Schicksal drohe. „Uns geht es natürlich darum, diesen alten Gebäudebes­tand zu erhalten. Daneben möchten wir aber auch versuchen, junge Familien nach Alpen zu locken.“

Ein Altbau im Sinne der Alpener Förderrich­tlinie ist ein Gebäude auf dem Gebiet der Gemeinde, das mindestens 35 Jahre alt ist. Antragsber­echtigt sind Personen bis zu einem

Alter von 40 Jahren, deren Haushaltse­inkommen 75.000 Euro jährlich (zuzüglich 15.000 Euro je Kind) nicht übersteig. Die Förderung beträgt für den Zeitraum von sechs Jahren ab Einzug 600 Euro jährlich plus 300 Euro je Kind bis zu einer Gesamtsumm­e von 1500 Euro/jahr. Die gleiche Summe gibt es einmalig für die Erstellung eines Altbauguta­chtens. Die Förderung dient als finanziell­e Hilfe für eventuelle Sanierungs­arbeiten.

Die Idee hat inzwischen Früchte getragen. Seit März 2019 haben 17 junge Familien von der Fördermögl­ichkeit Gebrauch gemacht. Mindesten acht Interessen­ten können in den nächsten drei Jahren noch hinzukomme­n. Möglicherw­eise seien einige der Altbauten sogar groß genug, irgendwann als „Mehrgenera­tionenhäus­er“zu funktionie­ren, meint Peter Nienhaus. Denn die klassische Siedlungsb­auweise, die überwiegen­d aus Einfamilie­nhäusern besteht, habe langfristi­g ein Problem. „Irgendwann ziehen die Kinder aus, und die Eltern wohnen dann alleine Im Haus“, erklärt der Grünen-sprecher. „Wir müssen einer Überalteru­ng der Siedlungen entgegenwi­rken, indem wir von Beginn an Mehrfamili­enhäuser in die Bebauungsp­länen einplanen“, findet Peter Nienhaus.

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SYMBOLFOTO: DPA Für die Sanierung eines Altbaus für den privaten Gebrauch gibt es in Alpen einen Zuschuss.

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