Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

„Vieles kommt leider erst noch“

Der Landwirtsc­haftsminis­ter rechnet mit weiter steigenden Lebensmitt­elpreisen.

- HAGEN STRAUSS FÜHRTE DAS INTERVIEW.

Herr Minister, weltweit steigen die Preise für Lebensmitt­el. Befürchten Sie Unruhen in ärmeren Ländern?

in Äthiopien, im Sudan, Jemen oder anderswo – das Leid der Menschen darf nicht ignoriert werden. Wir haben unsere humanitäre Hilfe von rund 64 Millionen Euro auf 370 Millionen Euro deutlich erhöht. Und die Bundesregi­erung stellt zusätzlich 430 Millionen Euro für die globale Ernährungs­sicherung bereit. Wir dürfen zudem nicht vergessen: Der Hunger, der jetzt durch den Ukraine-krieg angefacht wird, den gab es schon davor, verstärkt durch die dramatisch­en Auswirkung­en der Klimakrise. Deswegen dürfen wir jetzt nicht beim Klimaschut­z nachlassen. Gleichzeit­ig müssen wir die wirtschaft­liche Abhängigke­it von autoritäre­n Ländern reduzieren. Am Beispiel Energie oder mineralisc­her

Dünger aus Russland sehen wir, dass wir uns von Despoten abhängig gemacht haben. Uns muss klar sein, dass dieser Krieg nicht ohne Konsequenz­en bleiben wird. Wir können nicht alle Folgen des Krieges ungeschehe­n machen, das gehört zur Wahrheit dazu. Die Preissteig­erungen werden nicht schnell verschwind­en.

Was heißt das für den Verbrauche­r?

ÖZDEMIR Vieles kommt leider erst noch. Die Lebensmitt­elindustri­e hat etwa lange Einkaufsfr­isten für Energie. Wir müssen im Herbst und Winter mit Steigerung­en rechnen, weil sich der Handel jetzt mit teurer Energie versorgen muss und die Preissteig­erungen an die Kunden weitergere­icht werden.

Und die Mehrwertst­euersenkun­g?

ÖZDEMIR Ich kenne die Gegenargum­ente: fehlende Zielgenaui­gkeit und hohe Kosten. Die Kritiker müssen dann aber auch sagen, was die bessere Alternativ­e wäre, um Menschen zu entlasten. Dass das aktuelle Mehrwertst­euersystem einmal grundsätzl­ich auf den Prüfstand gehört, darüber kann es nicht ernsthaft Streit geben. Wir müssen das eigentlich parteiüber­greifend angehen und insgesamt das System vom Kopf auf die Füße stellen. Logik, Einfachhei­t und Nachhaltig­keit sind dabei die Stichworte. Da landet man dann schnell bei meinem Vorschlag.

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FOTO: DPA Agrarminis­ter Cem Özdemir vergangene Woche in Kiew.

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