Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Die Besten in Büttgen
In zwei Monaten findet die Europameisterschaft in München statt. In dieser Woche sind bei den 135. Deutschen Meisterschaften der Bahnradsportler im Radsportforum Olympia- und Wm-stars am Start.
Mieke Kröger ist eine Spätstarterin: Erst mit 15 Jahren fand sie zum Radsport, inzwischen ist sie 28 und gemeinsam mit Franziska Brauße, Lisa Brennauer und Lisa Klein das Maß der Dinge im Bahnradsport. Quasi wie auf Schienen fuhr das Quartett im Velodrom in Tokio zu Gold und stellte dabei drei Mal hintereinander einen neuen Weltrekord auf. Die Mannschaftsverfolgung über 4000 Meter war ganz sicher eines der unvergesslichen Highlights der Olympischen Spiele 2021 und die vier Rennfahrerinnen wurden darum völlig zu Recht zur „Mannschaft des Jahres“gekürt. Obendrein gab es aus den Händen von Bundespräsident Frank-walter Steinmeier das Silberne Lorbeerblatt.
Der Olympia-vierer ist bis auf Lisa Klein, die sich in den vergangenen Monaten Operationen an der Schulter und am kleinen Finger zu unterziehen hatte, komplett bei den 135. Deutschen Bahnradsport-meisterschaften in Büttgen vertreten – und gleich am ersten der bis Sonntag sechs Wettkampftage mit 51 Entscheidungen gefordert: Am Dienstag fahren die Wm-zweite Franziska Brauße, Mieke Kröger, Weltmeisterin in der Mixed-staffel auf der Straße, und Weltmeisterin Lisa Brennauer um den Dm-titel in der Einerverfolgung. Zusammen mit Laura Süßemilch, die ebenfalls gemeldet hat, sind die Drei außerdem amtierende Weltmeisterinnen in der Mannschaftsverfolgung. Besser geht‘s einfach nicht.
Für Brauße ist das Sportforum Kaarst/büttgen mittlerweile fast schon vertrautes Terrain. Beim „Spurt in den Mai“des VFR Büttgen hatte sie an der Seite von Lea Lin Teutenberg den Sieg geholt. Nun richtet der VFR Büttgen für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) nach dem Ausfall der Albert-richter-bahn in Köln (steht wegen des Umbaus zum Bundesstützpunkt bis voraussichtlich 2025 nicht zur
Verfügung) gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Bahnradsport Köln (ABK) und dem Radsportverband NRW die hochkarätig besetzten Titelkämpfe aus. Lea Lin Teutenbergdie sowie ihr Bruder Tim Torn Teutenberg (Köln) fahren also quasi vor heimischer Kulisse um Meisterehren in den Ausdauerdisziplinen.
Damit nicht genug: In den Einzeldisziplinen fahren die amtierenden Teamsprint-weltmeisterinnen Emma Hinze, Lea Friedrich und Pauline Grabosch um Edelmetall. Friedrich und Hinze gewannen in Tokio Silber im Teamsprint. Bei der WM 2021 in Roubaix hatte Friedrich zudem Gold im 500-Meter-zeitfahren und Keirin sowie hinter Hinze Silber im Sprint gewonnen.
Bei den Männern ist Roger Kluge dabei: Der zweifache Weltmeister im Madison, Silbermedaillengewinner im Punktefahren bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking und 2016 Sieger der 17. Etappe beim Giro d’italia, geht mindestens im ZweierMannschaftfahren auf die Bahn. Der deutsche Ausnahme-sprinter Pascal Ackermann wird in den Disziplinen Punktefahren, Scratch, Ausscheidungsfahren und Zweiermannschaftsfahren antreten. Dort bildet er ein Team mit Nationalfahrer Domenic Weinstein (Mannschaftsverfolgung). „Mit seinem ,Motor’, den er von der Straße mitbringt, wird er sicherlich eine Rolle spielen können“, sagt Bahn-bundestrainer Tim Zühlke, der es durchaus gerne sähe, wenn „sich noch mehr WorldTour-profis ab und an auf der Bahn tummeln würden. Wir haben einige Top-straßenfahrer, die von der Bahn kommen. Gerade die schnellen Profis von der Straße könnten die Massenstart-disziplinen mitbestimmen und für sie wäre das sicherlich eine sinnvolle Ergänzung.“
Das 250 Meter lange Holzoval in Büttgen, augenzwinkernd auch das „größte Radsportdorf Europas“genannt, ist nach 1984, 2002 und 2008 zum vierten Mal Austragungsort Deutscher Meisterschaften im Bahnradsport.