Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Wenig Hoffnung auf Heilung von innen
Eine Studie belegt, dass im Bistum Münster fast 200 Priester mindestens 600 Jugendlichen sexualisierte Gewalt angetan haben.
„Auch wenn euer Pastor / Kapi /Bei euch viel gemacht hat, so ist und / Bleibt er ein Kinderschänder!!! / Und ich bin ganz sicher nicht der einzige.“Diese Zeilen finden sich im Juni 2019 in der Gemeinde Bocholt-barlo auf dem Grab des acht Jahre zuvor verstorbenen Pfarrers Theodor Wehren. 30 Jahre lang hatte Wehren in der Gemeinde gearbeitet. Doch was kaum einer bis dahin wusste: Der Priester war ein pädosexueller Missbrauchsund Intensivtäter. Dies hatte ein Gericht schon im Jahr 1976 festgestellt. In mindestens 17 Fällen soll er bis dahin minderjährige Kinder und in drei Fällen ihm anvertraute Schutzbefohlene sexuell missbraucht haben.
Was dieser monströsen Tatgeschichte dann folgt, macht sprachlos: Das Gericht verhängt eine Freiheitsstrafe auf Bewährung und gibt zu bedenken, dass eine Reihe von Taten weit zurückliege. Zudem gehe man davon aus, dass die Verurteilung Pfarrer Wehren derart beeindruckt habe, „dass er in Zukunft keine strafbare Handlungen der festgestellten Art mehr begehen werde“. Ein fataler Fehlschluss.
Und die Kirche? Sie bleibt an der Seite des Täters. Der damalige Personalchef des Bistums Münster schreibt Wehren, dass dieser davon ausgehen könne, „dass wir in diesen Tagen mit Ihnen fühlen und uns mühen, Ihnen zu helfen“. Ein Therapeut wird empfohlen mit dem Hinweis, dass schon erste Gespräche „den inneren Druck, unter dem Sie jetzt stehen, zum Teil zu lindern vermögen“. Und die sogenannten Betroffenen, denen Kirche und geweihte Männer oft lebenslange psychische Schäden zugefügt haben, bis hin zu Suizidgedanken? Fehlanzeige.
Das ist nur ein Fall von unerträglich vielen sexualisierten Gewalttaten im Bistum Münster, die Historiker der Universität Münster nach knapp dreijähriger Arbeit jetzt vorstellten. Sicher, es ist ein weiteres Dokument kirchlichen Leitungsund Systemversagens mit einer neuen Liste von Tätern und schuldigen
Bischöfen wie den verstorbenen Joseph Höffner, Heinrich Tenhumberg und Reinhard Lettmann sowie weiteren Personalverantwortlichen. Auch Bischof Felix Genn (72) wird für seine Zurückhaltung zumindest zu Beginn seiner Amtszeit gerügt sowie Ruhrbischof Franz-josef Overbeck (57), der 2008 als Diözesanadministrator kurze Zeit in Münster tätig war. Jedes andere Ergebnis wäre inzwischen – nach Gutachten etwa aus Köln, Aachen und München – auch überraschend.
Einige Zahlen von vielen: Nach der „Hellfeldstudie“, das sind die belegten Fälle, konnten für den Zeitraum von 1945 bis 2018 etwa 610 Betroffene und 196 Priestertäter ermittelt werden. Das ist schon ein Drittel mehr als in der großen MHGStudie von 2018. Im sogenannten Dunkelfeld gehen die Forscher aber von 6000 Betroffenen aus. Zwei Drittel dürften männlichen Geschlechts sein, die meisten waren zwischen zehn und 14 Jahre alt. Und auch das spiegelt das System Kirche wider: dass nämlich die Hälfte aller Betroffenen eine sehr enge Kirchenbindung hatten. Als Messdiener oder in der Jugendarbeit. Dabei nutzten die Täter in zehn Prozent der belegten Fälle eine seelsorgliche Situation zur „Anbahnung“, wie den Empfang des Bußsakraments. Die Kinder wurden also missbraucht, weil sie katholisch waren.
Und dennoch ist die Münsteraner Untersuchung ein Meilenstein, vielleicht sogar ein Wendepunkt zumindest in der Art und Weise der Aufklärung. Denn es waren keine Juristen, die die Personalakten auswerteten. Diesmal hatte sich ein fünfköpfiges Team aus Zeithistorikern und Anthropologen an die fast
Thomas Großbölting Historiker dreijährige Arbeit gemacht, das zudem völlig freien Zugang zu den Archiven und Akten des Bistums bekam und auch selbstständig darüber entschied, wann, was und wem etwas präsentiert wird.
So wurden am Tag vor der Publikation Ergebnisse erst einmal Betroffenen vorgestellt, nun wurde die Studie ins Internet gestellt und zudem als Buch im Herder-verlag herausgegeben. Nach der Vorstellung konnten Bürger in der Aula des Schlosses die Ergebnisse kennenlernen, auch Bischof Genn wurde ein Exemplar überreicht, der es jetzt lesen und dazu am kommenden Freitag Stellung nehmen will – an einem neutralen Ort, wie es hieß.
Die Kirche ist also, salopp gesprochen, außen vor. Und sie muss es im Sinne einer freien Aufklärung auch sein. Zumal es den Forschern auch nicht bloß um Teilhabe von Betroffenen an der Untersuchung geht; vielmehr müsse die Kirche auf „Selbstermächtigung“dieser Gruppe setzen. „Betroffene haben Ansprüche und Interessen, die mit denen der Täterinstitution Kirche inkompatibel sind und bleiben müssen“, schreibt der Historiker Thomas Großbölting in seinem zeitgleich erschienenen Buch „Die schuldigen Hirten“.
Am Ende bleibt Fassungslosigkeit zurück, wie Moral, Weihe und Seelsorge pervertiert wurden und Kirchenschutz zum Selbstzweck verkommen ist. Nach den Worten Großböltings geht es bei allen Vertuschungsversuchen nie um die Verteidigung von Glauben oder Kirche, sondern um die Ämter.
Die Historiker haben mit der Münsteraner Studie mehr als alle anderen Gutachten zuvor das System Kirche vehement infrage gestellt und wenig Hoffnung auf Heilungskräfte von innen gemacht. Weil streng hierarchisch aufgebaute Systeme wie die Kirche, so Großbölting, zum Lernen und zur Veränderung unfähig seien. „Die katholische Kirche ist eine Täterorganisation“, sagt er. Auch vor diesem Hintergrund sei die staatliche Zurückhaltung nicht angebracht: „Es ist längst an der Zeit, dass sich die Politik stärker in der Kirche engagiert.“
dukt mit einem ph-wert von etwa 5,5.
Sie sprachen soeben von einer Ölkur. Wie wirkungsvoll sind solche Produkte?
Die kosmetische Herausforderung besteht darin, das Öl hinterher wieder aus dem Haar zu entfernen. Man möchte ja Struktur in den Haaren haben und nicht ungewaschen aussehen wie ein Klätschkopp, wie man im Rheinland sagt.
Wie oft soll man sie waschen?
Das ist ein Glaubenskrieg, bei dem man nur Fehler machen kann. Man muss sich wohlfühlen. Wer die Haare häufiger mit entfettenden Substanzen wäscht, der regt die Talgdrüsen auch stärker an.