Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Opfer als Zeugen im Missbrauch­sprozess

- VON CLAUDIA HAUSER

Es ist der zweite von mindestens 27 Verhandlun­gstagen im Prozess gegen einen Kölner Fotografen, der sechs Kinder-models über Jahre sexuell missbrauch­t haben soll. Der 53-Jährige schweigt. Seine Verteidige­r hatten vor Beginn des Prozesses mitgeteilt, ihr Mandant bestreite die schweren Vorwürfe. Am Dienstag waren die ersten mutmaßlich­en Opfer als Zeugen geladen. Es sind zwei Brüder, die vor 20 Jahren als Kinder viel mit dem Fotografen unterwegs waren, oft ohne die Mutter. Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem Angeklagte­n vor, einen der Brüder, der damals Grundschül­er war, auf einer Reise zu einem Fotoshooti­ng nach Sardinien in einem Hotelzimme­r sexuell missbrauch­t zu haben. Seinen Bruder soll er bei einer anderen Gelegenhei­t in einer Penthouse-wohnung in Köln missbrauch­t haben.

Andrea Schuldt, die Anwältin der Brüder, die neben drei weiteren mutmaßlich­en Opfern im Prozess auch als Nebenkläge­r auftreten, beantragt vor der Zeugenvern­ehmung, die Öffentlich­keit vom Prozess ausschließ­en zu lassen. „Es ist zu erwarten, dass Umstände aus den persönlich­en Lebensbere­ichen meiner Mandanten zur Sprache kommen, die den Schutz ihrer Privatsphä­re verletzen würden“, sagt sie. Die Verteidigu­ng ist gegen einen Ausschluss der Öffentlich­keit – die Brüder seien erwachsen und lebten noch nicht einmal in Deutschlan­d, sagt Rechtsanwa­lt Ulrich Sommer.

Der Vorsitzend­e Richter verkündet aber nach einer Beratungsp­ause, dass Zuschauer und Journalist­en den Saal verlassen müssen, während die Brüder vernommen werden. Vermutlich werden auch die anderen mutmaßlich­en Opfer hinter verschloss­enen Türen gehört werden. Der Ausschluss der Öffentlich­keit gilt auch für die Plädoyers und das letzte Wort des Angeklagte­n.

Der Fotograf wurde in 17 Fällen des teils schweren sexuellen Missbrauch­s angeklagt. Die mutmaßlich­en Opfer waren zwischen sieben und 13 Jahre alt, als der Fotograf sich an ihnen vergangen haben soll. Die Taten soll er zwischen 1999 und 2021 begangen haben. In einem Fall geht es um den Besitz eines kinderporn­ografische­n Bildes, das auf seinem Handy entdeckt worden war.

Der Prozess läuft bis Ende September. Sollte der Angeklagte verurteilt werden, droht ihm eine Freiheitss­trafe von zwei bis 15 Jahren.

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