Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Wirtschaft­sweise für Energiespa­r-prämie

Verbrauche­r könnten durch einen Rabatt belohnt werden, wenn sie weniger Gas verbrauche­n. Der Mieterbund ist skeptisch.

- VON JAN DREBES, BIRGIT MARSCHALL UND GEORG WINTERS

Der Vorschlag der Bundesnetz­agentur, der Staat könnte wegen der Gasknapphe­it die Heizvorgab­en für Vermieter zeitweise senken, hat eine breite Debatte über Einsparung­en ausgelöst. Die Wirtschaft­sweise Veronika Grimm hat die Bundesregi­erung und die Energiever­sorger aufgeforde­rt, so schnell wie möglich Prämien für private Haushalte einzuführe­n, die ihren Gasverbrau­ch deutlich zurückfahr­en. „Das könnte man durch den Vergleich der Gasrechnun­gen relativ einfach überprüfen, und die Leute würden sich jetzt schon entspreche­nd ihren Möglichkei­ten auf den Winter vorbereite­n können“, sagte Grimm unserer Redaktion.

Die energiepol­itische Sprecherin der Spd-bundestags­fraktion, Nina Scheer, hat einen ähnlichen Vorschlag. „Wir alle können beim Energiespa­ren einen großen Beitrag leisten. Energiespa­ren sollte deswegen belohnt werden“, sagte Scheer. „Daher werbe ich dafür, einen bundesseit­igen Rabatt zu schaffen. Die Idee: Wer es schafft, beim Gasverbrau­ch einzuspare­n, soll direkt entlastet werden“, sagte Scheer. Je höher die Einsparung beim Verbrauch, desto höher der Rabatt: „So senken wir den Gasbedarf und die teuer einzukaufe­nden Gasmengen. Damit wird es letztlich günstiger für alle.“

Gegen eine solche Prämie sprach sich der Deutsche Mieterbund aus. „Anreize zum Energiespa­ren haben Mieterinne­n und Mieter allein dadurch, dass sie ihre Energiekos­ten zu 100 Prozent alleine tragen. Prämien mit dem Gießkannen­prinzip bringen aus unserer Sicht nichts, vielmehr brauchen wir zielgerich­tete und effektive Maßnahmen, die genau die Haushalte unterstütz­en, die die hohen Energiepre­ise nicht mehr aus eigener Kraft finanziere­n können“, sagte Präsident Lukas Siebenkott­en auf Nachfrage.

Netzagentu­r-präsident Klaus Müller hatte die Überlegung­en des Bundes zu einer Änderung der Heizvorgab­en für Vermieter im Gespräch mit unserer Redaktion geäußert. Auch Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck (Grüne) hat angesichts der jüngsten Drosselung russischer Gaslieferu­ngen die Durchsetzu­ng von Energiespa­rmaßnahmen mit gesetzlich­en Mitteln ins Spiel gebracht. Sollte die gespeicher­te Gasmenge nicht zunehmen, „dann werden wir weitere Maßnahmen zur Einsparung, zur Not auch gesetzlich, vornehmen müssen“, hatte Habeck gesagt. Die deutschen Gasspeiche­r seien nur zu 56 Prozent gefüllt. Das ist nach Auffassung der Regierung viel zu wenig, um über den Winter zu kommen.

Die Städte und Gemeinden in Nordrhein-westfalen setzen auf Solidaritä­t aller Beteiligte­n. „Alle müssen jetzt vorausscha­uend handeln, Bürger, Wirtschaft und auch Städte und Gemeinden“, sagte Eckhard Ruthemeyer, Präsident des Städteund Gemeindebu­ndes NRW. Wegen der hohen Kosten für den Betrieb öffentlich­er Einrichtun­gen sparten die Kommunen schon seit Jahren, „wo es nur geht“. „Die Energiekri­se zwingt uns, den Gürtel noch enger zu schnallen“, so Ruthemeyer. Das werde auch auf Kosten des Komforts gehen. Man müsse nun mit Blick auf den Winter prüfen, wo man beim Energiever­brauch in Rathaus, Turnhallen oder Kulturzent­ren „noch besser sparen“könne. Ökonomen befürchten wegen der Gasknapphe­it negative Folgen für die deutsche Wirtschaft. KremlChef Wladimir Putin könnte die Gaslieferu­ngen in Kürze komplett einstellen. Erste Anzeichen dafür gab es am Freitag.

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