Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Der weltweite Niedergang der Demokratie
Die Demokratie ist in Gefahr. Von allen Seiten wird sie bedroht. Ganz massiv, wie die Trump-regierung in den USA gezeigt hat, oder auch subtiler, wie Boris Johnson es in Großbritannien macht. Die Krise der Demokratie ist als Thema wie geschaffen für Jan-werner Müller. Der an der Us-universität Princeton lehrende Politikwissenschaftler hat schon viele Bücher veröffentlicht, die sich mit Demokratie, Populismus und Freiheit auseinandersetzen. In seinem neuen Werk fragt Müller, was das überhaupt ist: das Wesen der Demokratie.
Klar ist: Regelmäßige Wahlen reichen nicht aus, um eine intakte Demokratie zu sein. Denn die rechtspopulistischen Regierungen in Polen, Ungarn und der Türkei wurden alle rechtmäßig gewählt, um danach die Freiheiten der Bürger Stück für Stück zu beschneiden und die Macht der Herrschenden zu stärken – und damit zu sichern.
Scharfsinnig bemerkt Müller, dass auch liberale Politiker die Grenzen überschreiten, indem sie nach der Wahl nur die Interessen ihrer Klientel vertreten. Auch durch Missachtung weiter Teile der Bürgerschaft könne man Demokratie diskreditieren. Müller ist fassungslos angesichts seiner Analyse und verlässt bisweilen die sachliche Ebene. Sein Buch gerät so zu einem flammenden Appell, die Freiheit nicht zu opfern. Ganz stringent legt er dar, wie nicht nur autoritäre Herrscher die Demokratie zerstören, sondern auch Wirtschaftsbosse. Was den einen der unbedingte Machtwille, ist den anderen das Gewinninteresse.
Was bleibt? Es gibt wenig Gründe für Optimismus, schreibt Müller am Schluss seines ebenso klugen wie alarmierenden Buches. Es hänge von den Menschen ab. Ihr Einsatz für die Demokratie zähle. Das sei nicht umsonst: Demokratie beruhe schließlich „auf der Bereitschaft, sich anzustrengen“.