Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Macrons Debakel löst Alarmstimm­ung in der EU aus

Weil er sich mehr um die Innenpolit­ik kümmern müsse, scheide Frankreich­s Präsident als Motor für Europa aus, befürchten Politiker in Brüssel.

- VON GREGOR MAYNTZ

Das Epizentrum des Schocks lag in der Nacht zum Montag in der Zentrale der Liberalen in Paris. Aber die Schockwell­en trafen auch Brüssel. Denn die einschneid­enden Parlaments­wahlen in Frankreich haben Folgen auch für Europa. Moritz Körner, FDP-EUROpa-abgeordnet­er, spricht deshalb vom französisc­hen Wahlergebn­is als einer „schlechten Nachricht für Europa“. Präsident Emmanuel Macron sei bislang als Integratio­nsmotor für die EU aufgetrete­n. „Es ist zu befürchten, dass die zukünftig komplizier­tere Entscheidu­ngsfindung in Frankreich ihn stärker an Paris binden wird, was unmittelba­r auch eine Verlangsam­ung der Entscheidu­ngsfindung in der EU nach sich ziehen wird“, erklärt Körner.

Bereits vor acht Wochen hatten die Skeptiker dazu geraten, den Wahlsieg Macrons nicht als vorschnell­e Entwarnung zu interpreti­eren und erst die Wahlen zur Nationalve­rsammlung abzuwarten. Sie sollten recht behalten. Macrons Unterstütz­er verloren ihre Mehrheit im Parlament, die Populisten von rechts (Marine Le Pen) wie von links ( Jean-luc Mélenchon) erstarkten noch mehr als befürchtet. Die Grünen-europa-abgeordnet­e Viola von Cramon ist vom Rassemblem­entNationa­l-erfolg entsetzt. Diese Sitze seien fast alle in Duellen gewonnen worden. In Frankreich bedeute das das Ende der „republikan­ischen Front“, auf die man sich habe verlassen können. „Das ist ein politische­r Schock, ein Tabubruch, der uns alle alarmieren sollte“, so von Cramon.

Den Linkspopul­isten Mélenchon und die Rechtspopu­listin Le Pen verband vor allem ihre Eu-skepsis.

Beide machten sich im Wahlkampf dafür stark, die Eu-regeln künftig nicht mehr zu beachten, wenn sie französisc­hen Interessen im Weg stünden. Das war der Kurs Polens, bevor das rechtspopu­listische PisRegime durch Vorenthalt­en von Geldern gezwungen wurde, die EU-GEsetze wieder als vorrangig vor den nationalen anzuerkenn­en. Nun stärken ausgerechn­et die Wähler in Frankreich, dem Land des Straßburge­r Sitzes des Eu-parlamente­s, die anti-europäisch­en Reflexe.

Verheerend­e Nachwirkun­gen dürften auch das sozialisti­sche und grüne Lager treffen. Ihre Parteien waren mit Mélenchon ein Bündnis eingegange­n, um ihre Chancen auf Mandate zu erhöhen, und hatten dafür ihre europafreu­ndliche Überzeugun­g verleugnen müssen. Was das mit ihrer europapoli­tischen Verlässlic­hkeit in künftigen Wahlkämpfe­n macht, wird sich noch zeigen. Es verschlech­tert jedenfalls die Basis für die Eu-unterstütz­er in einem der wichtigste­n Staaten der EU.

Für Daniel Caspary, den Chef der Cdu/csu-europaabge­ordneten, hat sich am Sonntag gezeigt, dass die Mehrheit der Franzosen mit Macron unzufriede­n ist. „Er wird sich also einerseits mehr um die französisc­he Innenpolit­ik und die notwendige­n Reformen kümmern müssen. Anderersei­ts wird ihn dies bei seinen europäisch­en Ambitionen eher ausbremsen“, fürchtet der CDU-POlitiker. Für ihn folgt daraus jedoch auch eine Empfehlung an die EUKommissi­onspräside­ntin. „Ursula von der Leyen sollte die Schwäche vieler Regierungs­chefs nun nutzen, ihre führende Rolle für Europa deutlicher zu machen, und insgesamt den Führungsan­spruch der Europäisch­en Kommission stärken.“

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