Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Der Niedergang einer Bank

Wieder steht die HSBC Deutschlan­d wegen möglicher Verstricku­ngen in die Cum-ex-affäre im Blickpunkt. Einst war das Haus der Stolz der Düsseldorf­er Bankenwelt. Doch im Hsbc-konzern ist die Bedeutung gesunken.

- VON GEORG WINTERS

In den Zeiten der 2000er-jahre war HSBC Trinkaus & Burkhardt, wie das Institut damals auch im allgemeine­n Sprachjarg­on noch hieß, eines der profitabel­sten deutschen Geldhäuser. Die Steigerung­sraten beim Gewinn waren mehr als einmal zweistelli­g, und wenn die Bankverant­wortlichen bei der Voraussage für das kommende Jahr trotzdem sehr vorsichtig agierten, war man geneigt, in Anlehnung an fußballeri­sche Weisheiten der einstigen Trainergrö­ße Otto Rehhagel von „kontrollie­rtem Optimismus“zu sprechen.

Das klingt fast wie aus einer anderen Welt. Heute ist die HSBC Deutschlan­d, die einst edel an der Königsalle­e in Düsseldorf residierte und mittlerwei­le in den Stadtteil Oberkassel übergesied­elt ist, eine andere. Eine, die vollständi­g der britischen HSBC gehört, von der Börse verschwund­en und für die britischen Eigentümer, ungeachtet aller wirtschaft­lichen Erfolge, kaum mehr als eine deutsche Niederlass­ung ist, die dem Vernehmen nach bald keine Banklizenz mehr brauchen wird. Und – was noch schlimmer ist – eine, die Schlagzeil­en wegen möglicher Verstricku­ngen in Cum-ex-geschäfte füllt.

Das jüngste Kapitel dieser Geschichte ist eine frühere führende Managerin der Bank. Das „Handelsbla­tt“berichtet, die Staatsanwa­ltschaft Köln ermittle gegen die Frau wegen des Verdachts der besonders schweren Steuerhint­erziehung. Das gilt früheren Berichten zufolge angeblich auch für den amtierende­n Aufsichtsr­atsvorsitz­enden Paul Hagen. Zudem soll die Behörde seit Jahren auch Untersuchu­ngen gegen den früheren Vorstandss­precher Andreas Schmitz führen.

Kein Beteiligte­r äußert sich bislang dazu. Die Staatsanwa­ltschaft erklärte am Dienstag auf Anfrage, sie könne und dürfe „wegen des zu wahrenden Steuergehe­imnisses weder zu Verfahrens­inhalten noch zu Namen von Beschuldig­ten Auskunft erteilen“. Die Bank teilte das mit, was seit Längerem ihre angewandte Sprachrege­lung ist: „Wie schon in der Vergangenh­eit bestätigt, läuft seit 2016 ein Ermittlung­sverfahren im Zusammenha­ng mit Cum-ex-geschäften gegen HSBC Deutschlan­d. HSBC Deutschlan­d arbeitet vollumfäng­lich mit den Behörden zusammen. Zum Stand der laufenden Ermittlung­en können wir uns nicht äußern.“Schmitz beantworte­te eine Anfrage unserer Redaktion nicht.

Solange niemand strafrecht­lich verurteilt ist, hat selbstvers­tändlich für alle Beteiligte­n die Unschuldsv­ermutung zu gelten. Aber allein die permanente Berichters­tattung über das Thema hat abseits aller Verdachtsm­omente schon dazu geführt, dass die Stimmung in der Bank mies ist. Mancher aus der Belegschaf­t sei schlecht zu sprechen auf Teile des ehemaligen Führungspe­rsonals, heißt es.

Dazu kommt die Tatsache, dass das Düsseldorf­er Bankhaus – früher eines der Aushängesc­hilder im Hsbc-konzern – immer mehr an Bedeutung verloren hat. Die einstige Hoffnung einiger, die Europazent­rale in der neu geordneten Hsbc-gruppe könne nach Düsseldorf kommen, musste der Einsicht weichen, dass die nordrhein-westfälisc­he Landeshaup­tstadt künftig nicht mehr ist als der Standort einer Niederlass­ung in einem Weltkonzer­n, dessen Europa-musik in Paris spielt. Vorstandss­precher ist heute Nicolo Salsano, zuvor Firmenkund­enchef. Schmitz hat schon vor Jahren das Feld geräumt, seine Nachfolger­in Carola von Schmettow tat dies im vergangene­n Jahr mit der Begründung, sie wolle eine Pause machen: „Ich habe bereits vor vielen Monaten den Entschluss gefasst, eine Auszeit zu nehmen, um danach ein neues Kapitel zu beginnen“, sagte von Schmettow im März des vergangene­n Jahres.

Kurz nach ihrem Rückzug bei HSBC verzichtet­e auch Schmitz auf einen wichtigen Posten. Er galt seinerzeit als Favorit auf die Position des Aufsichtsr­atsvorsitz­enden bei der Commerzban­k, wollte dann aber nicht mal mehr einfaches Mitglied im Kontrollgr­emium sein. Vorausgega­ngen war damals angeblich ein Hinweis auf Schmitz’ ungeklärte Rolle im Cum-ex-skandal durch Vertreter des Bundes, der bekanntlic­h Großaktion­är bei der Commerzban­k ist.

HSBC Deutschlan­d gehört zu einer Reihe von Instituten, die im Zusammenha­ng mit Cum-ex-geschäften in Verdacht geraten sind. Dieser Verdacht ist meist der, dass sich sowohl Banken als auch deren Kunden Steuern haben erstatten lassen, die sie nie gezahlt haben. Möglich wurde dies über das Hin- und Herschiebe­n von Aktien um den Dividenden­stichtag herum. Zig Milliarden Euro sollen dem Fiskus im Zusammenha­ng mit Cum-ex-geschäften vorenthalt­en worden sein. Es hat dazu auch schon einige Gerichtspr­ozesse gegeben.

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FOTO: KARL F. SCHÖFMANN/DPA Die Deutschlan­d-zentrale der HSBC-BANK in Düsseldorf.

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