Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Von 62 bis 102
Seit zehn Jahren unterstützt der Besuchsdienst Beieinander Seniorinnen und Senioren in Wesel mit sozialen Kontakten. Die Ehrenamtlichen besuchen aktuell 25 Bürger. Die Altersspanne bei denen ist groß.
(jok) Zeit ist etwas kostbares, Zeit kann aber auch ein Geschenk sein. Das wissen die rund 40 Ehrenamtlichen des Besuchsdienstes Beieinander genauso gut, wie Dutzende Senioren, die von dem sozialen Projekt profitiert haben und in Zukunft noch profitieren werden. Am Montag hat das Weseler Hilfsprojekt nun sein zehnjähriges Bestehen gefeiert. Grund genug, auf ein Jahrzehnt zurückblicken, das Initiator Alfred Kehl als eine „Win-winSituation“für Besucher und Besuchte zusammenfasst.
„Die Idee kam vom Rotary-club Wesel-dinslaken, dass wir ein Sozialprojekt auf die Beine bringen, dass sich langfristig trägt“, schilderte Kehl den Ausgangsgedanken. Neben der Jugendarbeit sei das Anliegen gewesen, auch etwas für die Senioren zu machen. „Es gibt immer mehr alleinlebende Menschen, die wenig soziale Kontakte haben“, weiß der ehemalige Chefarzt des Evangelischen Krankenhauses Wesel. Oft seien das Menschen, die noch nicht pflegebedürftig sind, noch nicht im Altersheim sein müssen und selbstständig sein wollen, aber ein Angebot für soziale Kontakte bekommen sollen.
Bei der Suche nach jemandem, der das Ganze koordinieren könnte, sei es ein Glücksfall, dass die Rotarier Cornelia Haß gefunden hätten, so Kehl weiter. „Die große Kunst von Frau Haß besteht darin, Menschen zusammenzuführen, die zusammenpassen.“Das Konzept des Besuchsdienstes Beieinander ist, dass immer eine ehrenamtliche Besucherin oder ein Besucher mit einem Zu-besuchenden zusammengeführt werden, die dann als Pärchen zusammenbleiben.“Es gäbe Paare, die schon viele Jahre zusammen sind.
Das Konzept ist, soziale Kontakte herzustellen. „Welche sozialen Kontakte gerade für die Betroffenen am besten sind, entscheidet der Betroffene selber“, so Alfred Kehl weiter. Es gebe ganz unterschiedliche Temperamente: Manche wollten nur Schach spielen, andere gerne rauskommen und Ausflüge machen. Es geht aber auch einfach zusammen Kaffeetrinken oder Klönschnack. „Ich hatte mal einen Herrn, der hat immer nur von früher erzählt, Und als das abgehakt war – Krieg und Nachkriegszeit –, haben wir über das erzählt, was ihn jetzt interessiert, was so im Fernsehen läuft wie Fußball zum Beispiel“, berichtet der 74-Jährige aus eigener Erfahrung als Besucher.
Cornelia Haß stellt die Erstkonsellschaftsspiele, Kaffeeklatsch – Hauptsache die Aktivität stellt für beide Seiten eine Bereicherung dar.
Schulungen Damit die Besucher mit dem Gefühl gut vorbereitet und emotional gut ausgerüstet zu sein in die Haushalte gehen, werden vom Besuchsdienst Beieinander regelmäßig moderierte Themenabende durchgeführt. Bei diesen Schulungen gibt es dann Ratschläge, wie die Grenzen des Engagements klar definiert werden können.
der erste Besuch an. Die Ehrenamtlichen sind zwischen 44 und 91 Jahren alt – im Schnitt 71 Jahre. „Die Jüngste, die von uns besucht wird, ist 62 – der Älteste 102.“Im Gründungsjahr 2012 startete der Besuchsdienst Beieinander mit 21 Helferinnen und Helfern – 2019 waren es schon 32.“
Die Verantwortlichen haben gemerkt: „Es gibt offenbar eine große – von uns nicht so erwartete – Hemmschwelle, sich zu outen, als jemand, der gerne Hilfe hätte. Hilfe anzunehmen, ist offenbar für ältere Menschen nicht einfach.“
Dazu sagt Anne Gerlach, die Vorsitzende des Weseler Seniorenbeirats: „Das Thema Einsamkeit wird von den Personen vielfach wie ein Stigma empfunden.“Meist würde der Besuchsdienst auf solche Menschen aufmerksam durch Dritte, berichtet Kehl. „Mittlerweile begleiten wir auch mit in die Heime“, ergänzt Haß.
Die Koordinatorin bietet jeden Freitag von 10 bis 12 Uhr im Seniorenbüro der Stadt Wesel eine Sprechstunde an. Dort ist sie auch telefonisch unter 0281-3008514 erreichbar, auch per Mail kann man unter beieinander@evkwesel.de Kontakt zu dem Besuchsdienst aufnehmen.
Weit über 50 Leuten in Wesel wurden mittlerweile schon soziale Kontakte geschenkt. Ein Wunsch von Alfred Kehl scheint in diesen zehn Jahren also definitiv erfüllt worden zu sein. Denn der Rotarier hatte sich fest vorgenommen: „Wir wollten Wesel nicht nur fahrradfreundlicher, sondern auch seniorenfreundlicher machen.“Das ist den Ehrenamtlichen garantiert gelungen.
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