Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Lehrer gegen Justizmini­ster

Ein Verband fordert vor den Ferien eine Änderung des Infektions­schutzgese­tzes.

- VON JAN DREBES

Der Bundesvors­itzende des Deutschen Lehrerverb­andes, HeinzPeter Meidinger, hat die Bundesregi­erung aufgeforde­rt, das Infektions­schutzgese­tz noch vor der Sommerpaus­e zu ändern. „Wie schwierig oder auch unproblema­tisch die Infektions­lage im Herbst sein wird, weiß derzeit niemand“, sagte Meidinger unserer Redaktion. „Umso wichtiger ist es, dass wenigstens noch vor der Sommerpaus­e das Infektions­schutzgese­tz so nachgebess­ert und verlängert wird, dass die Schulen bei Bedarf in der Lage sind zu reagieren.“

Die Infektions­zahlen waren zuletzt wieder gestiegen. Das RobertKoch-institut (RKI) gab die bundesweit­e Sieben-tage-inzidenz der Corona-neuinfekti­onen am Dienstag mit 458,5 an. Am Vortag hatte der Wert der Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohner und Woche bei 416,0 gelegen ( Vorwoche: 447,3; Vormonat: 342,0). Für den Herbst und Winter befürchten Experten eine weitere Corona-welle.

Lehrerverb­andschef Meidinger äußerte Unverständ­nis über Justizmini­ster Marco Buschmann. Der Fdp-politiker hatte im Interview mit unserer Redaktion gesagt: „Ich habe nichts gegen die Maske, meine Frau und ich tragen sie auch, wenn wir etwa in den Supermarkt gehen – aber eben freiwillig. Will der Staat Masken vorschreib­en, etwa in Innenräume­n, muss das evidenzbas­iert und verhältnis­mäßig sein. Ob das der Fall ist, besprechen wir, wenn alle Gutachten vorliegen.“Meidinger nannte als Beispiel für seine Forderung nach Reaktionsm­öglichkeit­en der Schulen die Wiedereinf­ührung der Maskenpfli­cht im Klassenzim­mer. „Wenn Bundesjust­izminister Marco Buschmann allerdings sagt, dazu fehle zum derzeitige­n Zeitpunkt die wissenscha­ftliche Begründung, dann kann ich nur den Kopf schütteln. Zur Wirksamkei­t von Masken, auch an Schulen, gibt es Studien ohne Ende“, so der Lehrerverb­andschef.

„Auch der Hinweis des neuen Mitglieds im Expertenra­t, Klaus Stöhr, Masken seien kontraprod­uktiv, weil sie die Durchseuch­ung verzögerte­n, lässt mich etwas fassungslo­s zurück“, sagte Meidinger. „Da wird so getan, als gebe es weder Long Covid noch besonders schützensw­erte vulnerable Gruppen.“

Dass es zügig zu einer Änderung des Infektions­schutzgese­tzes kommen wird, ist nicht absehbar. Voraussich­tlich wird dies erst nach der parlamenta­rischen Sommerpaus­e geschehen, die am 9. Juli beginnt. Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) sagte dazu, es gebe mit den 16 Ministerpr­äsidentinn­en und Ministerpr­äsidenten die klare Verabredun­g, dass man die Evaluation der Corona-pandemiela­ge durch das Sachverstä­ndigengrem­ium am 30. Juni abwarten werde. Eine Reform werde rechtzeiti­g vor dem Auslaufen der bisherigen Corona-schutzmaßn­ahmen am 23. September beschlosse­n.

Unterdesse­n fordern die Kinderärzt­e in Deutschlan­d, dass Kitas und Schulen geöffnet bleiben müssen bei steigenden Infektions­zahlen. „Bei allen Überlegung­en zum neuen Infektions­schutzgese­tz sollte eins unumstößli­ch feststehen: Dass es keine allgemeine­n Kitaund Schulschli­eßungen mehr geben wird. Auch nicht in Hotspots“, sagte der Präsident des Berufsverb­andes der Kinder- und Jugendärzt­e, Thomas Fischbach, auf Anfrage. „Die Zahlen verhaltens­auffällige­r oder übergewich­tiger Kinder haben stark zugenommen, besonders Kinder aus bildungsfe­rnen Haushalten leiden. Sie müssen aufgefange­n werden“, mahnte Fischbach.

Als Kinder- und Jugendärzt­e sei man gegen anlasslose Massentest­s in den Schulen. „Wer Symptome hat, sollte getestet werden. Eine Maskenpfli­cht im Unterricht sollte es nur in Hotspots geben“, sagte Fischbach. Ganz wichtig bleibe aber das Impfen, so der Verbandsch­ef. „Da brauchen wir eine höhere Quote. Wir fordern die Abgeordnet­en des Bundestage­s auf, einen neuen Anlauf für eine allgemeine Impfpflich­t zu nehmen.“Denn nur eine Impfung könne bei Covid-19 nachweisli­ch vor schweren Krankheits­verläufen schützen.

(mit dpa)

gebers Network Rail, hatte er gesagt. Doch die Industrie hat keinen finanziell­en Spielraum, um der Gewerkscha­ft entgegenzu­kommen, da sie die dafür nötigen Finanzen von der Regierung erhalten müsste. Die Lockdowns während der CoronaPand­emie hatten schwere Auswirkung­en auf den Bahnverkeh­r; der Staat musste mit Subvention­en von 16 Milliarden Pfund aushelfen.

Premiermin­ister Boris Johnson rief Arbeitnehm­er am Dienstag zu Mäßigung auf. Wenn die Inflation durch höhere Löhne angeheizt würde, „hätte das langfristi­g einen viel größeren Einfluss auf Gehälter, würde Sparguthab­en zerstören und die Schwierigk­eiten, denen wir ausgesetzt sind, verlängern“. RMTChef Mick Lynch hielt dagegen. „Jeder Arbeitnehm­er in Großbritan­nien verdient eine Lohnerhöhu­ng, die die Krise der Lebenshalt­ungskosten widerspieg­elt. Unsere Kampagne wird so lange dauern wie nötig, bis wir eine akzeptable Einigung erzielen“, sagte er und kündigte an, dass die Streiks für Monate weitergehe­n könnten.

Der Regierung von Premier Johnson kommt die scharfe Rhetorik des als militant geltenden Gewerkscha­ftschefs durchaus recht. Boris Johnson, der vor Kurzem ein fraktionsi­nternes Misstrauen­svotum knapp überstand, kann jetzt mit seiner harten Haltung gegenüber den Streiks auf die uneingesch­ränkte Unterstütz­ung in der Konservati­ven Partei zählen.

Für Labour ist das Thema heikel. Parteichef Keir Starmer hat sich weder für noch gegen den Ausstand ausgesproc­hen. Der Streik sollte gar nicht erst stattfinde­n, ist seine Position, weil die Regierung einen Deal in den Verhandlun­gen zwischen RMT und Network Rail hätte ermögliche­n müssen. Von Parteigeno­ssen wird ihm Zaudern vorgeworfe­n.

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FOTO: DPA Heinz-peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverb­andes.

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