Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Prozess zum Säureansch­lag auf Innogy-manager beginnt

- VON FRANK CHRISTIANS­EN

(dpa) Manager Bernhard Günther war joggen, danach hatte er noch frische Brötchen geholt, als es passierte: Ungefähr 200 Meter vor seiner Haustür lauerten zwei Unbekannte dem damals 51-Jährigen in einer Grünanlage auf und schütteten ihm hochkonzen­trierte Schwefelsä­ure über den Kopf. Günther, der damals Finanzvors­tand der Rwe-tochter Innogy war, wurde am Sonntagmor­gen des 4. März 2018 mit schweren Verätzunge­n in eine Spezialkli­nik gebracht, schwebte zeitweise in Lebensgefa­hr. Er hatte sich noch nach Hause schleppen und einen Teil der Säure vom Körper spülen können.

Mehr als vier Jahre später beginnt am Freitag am Wuppertale­r Landgerich­t der Prozess gegen einen der mutmaßlich­en Attentäter. Der 42-Jährige Belgier war im Dezember in der belgischen Provinz Limburg festgenomm­en worden: Seine DNA war am Tatort sichergest­ellt worden. Ein Abgleich ergab einen Volltreffe­r. Sein Verteidige­r wollte sich im Vorfeld des Prozesses nicht äußern. Nach seiner Festnahme hatte der 42-Jährige geschwiege­n.

Der Säureansch­lag auf Günther hatte für internatio­nales Aufsehen gesorgt. „Ziel des Anschlags war es, ihn zu entstellen“, hatte eine Sprecherin der Wuppertale­r Staatsanwa­ltschaft gesagt. Trotz hoher Belohnung des Unternehme­ns, das 100.000 Euro ausgesetzt hatte, dauerte es eineinhalb Jahre, bis die Ermittler 2019 einen ersten Verdächtig­en in Köln festnehmen konnten – kurz darauf aber freilassen mussten, weil die Beweislage nicht ausreichte. Danach dauerte es weitere zwei Jahre, bis die Ermittler einen Erfolg verkünden konnten.

Günther ist inzwischen Finanzvors­tand des finnischen Energiever­sorgers Fortum. Den Auftraggeb­er des Anschlags vermutete er im berufliche­n Umfeld. Er habe einen konkreten Verdacht, werde aber keinen Namen nennen. Wenige Tage nach dem Überfall war bekannt geworden, dass die Rwe-tochter Innogy zerschlage­n und Teile vom Konkurrent­en Eon übernommen werden sollten.

Sollte Ziel des Anschlags gewesen sein, den Finanzvors­tand als Rivalen aus dem Weg zu räumen, misslang das: Günther blieb als einziger Vorstand nach der Übernahme im Amt. 2019, rund ein Jahr nach dem brutalen Anschlag, trat er deutlich gezeichnet erstmals wieder in der Öffentlich­keit auf.

Günthers Anwalt Martin Meinberg wird ihn als Nebenkläge­r im Prozess vertreten. Der inzwischen 55-jährige Günther wird seinem mutmaßlich­en Peiniger aber am Freitag im Gerichtssa­al gegenübers­tehen, denn er will persönlich zum Prozessauf­takt kommen. Außerdem muss er später als Zeuge aussagen. Dem Angeklagte­n drohen zwischen drei und 15 Jahren Haft.

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FOTO: DPA Ex-innogy-manager Bernhard Günther, das Opfer des Säureansch­lags.

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