Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Der Familientradition verpflichtet
Generationenwechsel bei Rewe an der Friedrichstraße: Zum 30. Juni übernimmt Robin Blankenagel (30) den Supermarkt von seinem Vater Rolf, der mit 67 Jahren in den Ruhestand tritt. Was der neue Chef so alles plant.
Viele Familienunternehmen haben das Problem, dass sich der Nachwuchs beruflich anders orientiert – mit der Folge, dass beim Ausscheiden der Inhaber die Firmen nicht selten verkauft oder komplett geschlossen werden (müssen).
Bei Rewe Blankenagel in Wesel tritt zum 30. Juni Rolf Blankenagel mit 67 Jahren in den Ruhestand. Dass der Lebensmittelmarkt unweit des Berliner Tores weiterhin in Familienhand bleibt, liegt an Robin Blankenagel. Nach seinem Abitur in Wesel hat der 30-Jährige 2019 seinen Master of Science im Wirtschaftsingenieurwesen, Fachrichtung Maschinenbau und Wirtschaft, an der Universität Duisburg-essen erlangt. Zum 30. Juni tritt er die Nachfolge seines Vaters an und übernimmt damit in dritter Generation die Verantwortung für mehr als 60 Voll- und Teilzeitkräfte.
Statt wie viele seiner Studienkollegen mit dem auf dem Arbeitsmarkt begehrten Abschluss eine (internationale) Karriere zu starten, fühlt sich Robin Blankenagel der Tradition verpflichtet. „Ich wurde zu nichts gedrängt und habe mich während meiner Masterarbeit gefragt, was ich gerne tun würde. Mein Verstand und mein Bauchgefühl haben mir gesagt, dass ich das vor mehr als 70 Jahren von meinem Großvater gegründete Unternehmen weiterführen möchte. Mein Studium steht dieser Entscheidung ja auch nicht entgegen“, sagt der gebürtige Weseler, dessen Vorfahren väterlicherseits aus Südwestfalen stammen.
Im Jahr 1952 gründete Friedrich Blankenagel, der Vater von Rolf Blankenagel, in Hagen einen Lebensmittel- und Feinkosthandel. 1961 wurde dieser um eine Fachmetzgerei erweitert. Friedrich Blankenagel, so heißt es in der Familienchronik, konnte seinen Verpflichtungen als selbstständiger Kaufmann im Laufe des Jahres 1982 aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr nachkommen. Trotz guter Perspektiven in einem externen Handelskonzern stieg Rolf Blankenagel in dieser Notsituation in den elterlichen Betrieb ein und verlegte zwei Jahre später den Firmensitz an den Niederrhein.
Das Unternehmen wuchs und Rewe Blankenagel eröffnete zunächst eine Filiale in Voerde-friedrichsfeld. Dann, fünf Jahre später, kam eine weitere Filiale in Wesel in der Apollo-passage hinzu, mit der man 2008 dann zum aktuellen Standort an der Friedrichstraße wechselte. Darüber hinaus wurde noch eine Filiale in Wesel-büderich betrieben.
An die Zeit in der Apollo-passage kann sich Robin Blankenagel noch gut erinnern: „Dort habe ich an so manchem Sonntag im Laden gespielt, wenn mein Vater noch etwas erledigen musste.“Und natürlich kennt er aus Kindertagen noch viele Mitarbeiterinnen, die dem Unternehmen über Jahre die Treue gehalten haben.
Auch wenn Robin Blankenagel erst am 1. Juli offiziell die Geschäftsführung übernimmt, so ist er schon seit drei Jahren mehr oder weniger häufig in der Filiale tätig. „Ich habe in allen Bereichen des Betriebs Erfahrungen gesammelt und auch an der Kasse und in unserer Metzgerei gearbeitet. Ich will und muss ja als Chef wissen, wovon ich rede“, sagt er. Während dieser intensiven Einarbeitungsphase hat Robin Blankenagel zahlreiche Praktika absolviert. Unter anderem bei Rewe Dortmund und in den Filialen anderer Kollegen. Anschließend sammelte er zwei Jahre lang vielfältige Erfahrungen außerhalb des eigenen Unternehmens in unterschiedlichen Großund Einzelhandelsbetrieben, vernetzte sich dabei im nationalen und regionalen Handel. „Ich habe festgestellt, dass es ein sehr interessanter und sehr vielseitiger Job ist. Und meine Kenntnisse als Maschinenbauer haben dazu geführt, dass ich kleinere Reparaturarbeiten selbst durchführen kann und wir so Handwerkerkosten gespart haben“, sagt er lachend.
Ein Teil von dem, was er gelernt und gesehen hat, möchte Robin Blankenagel in den nächsten Jahren am Standort an der Friedrichstraße verwirklichen. „Es gibt da so einige Ideen. Viel mehr möchte ich auch noch nicht verraten.“Nur so viel: Robin Blankenagel will nach Möglichkeit den 1600 Quadratmeter großen Markt erweitern. Beispielsweise um einen Sushi-produktions-shop. Auch schwebt ihm die Einführung eines Abholservices vor. Das Sortiment an regionalen Produkten soll noch ausgeweitet werden.
Doch zu viele Neuerungen möchte er nicht einführen. „Denn die Kunden finden das wirklich sehr gepflegte Geschäft schön und irgendwie auch gemütlich. Und vor allem ältere Stammkunden haben es gar nicht so gerne, wenn sich zu viel auf einmal ändern würde“, sagt Robin Blankenagel. Mittelfristig plant er, mit dem Unternehmen wieder zu expandieren. Dies kann er sich sowohl innerhalb als auch außerhalb Wesels vorstellen.
„Ich will und muss als Chef wissen, wovon ich rede“
Robin Blankenagel (Bald-)geschäftsführer