Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

„Ich fress mich erstmal durch die Tiefkühltr­uhe“

Wie reagieren die Menschen in Wesel und Hamminkeln auf die gestiegene­n Preise in den Supermärkt­en? Eine Umfrage bei Edeka und Netto.

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(jok) Auf dem Parkplatz des Edeka-marktes Komp in Lackhausen herrscht am Montagmorg­en reger Betrieb. Doch vollgepack­te Einkaufswa­gen sind eher die Ausnahme, die meisten Kunden tragen ihre Einkäufe in den Händen oder in einer Tasche aus dem Lebensmitt­elmarkt. Hängt das mit den teils drastische­n Preissteig­erungen der letzten Wochen zusammen?

„Man muss schon die Augen offen halten“, sagt beispielsw­eise Barbara Mosters. Die 41-Jährige aus Wesel ist mit ihrer zehnjährig­en Tochter Lena zum Markt an der Julius-leber-straße gekommen und lädt gerade den Inhalt des etwa halb gefüllten Einkaufswa­gens in ihr Auto ein.

Bei der Auswahl der Lebensmitt­el seien drei Faktoren für sie wichtig: „Wir achten schon darauf, dass die Produkte aus der Region kommen und möglichst Bio sind“, erklärt die Mutter und zeigt dabei vier leuchtend rote Äpfel. Ihre Tochter durfte sich ihr Lieblingsm­üsli aussuchen, auch dabei spiele der zweite Aspekt eine Rolle: Dass die Waren möglichst gesund sind. Und drittens schaue sie auch auf den Preis, betont die Weselerin, die dann häufig bei den Gutund-günstig-produkten landet.

Vor allem der Preis scheint seit einigen Wochen eine immer größere Rolle bei der Kaufentsch­eidung zu spielen. Denn Nahrungsmi­ttel verteuerte­n sich im Mai binnen Jahresfris­t überdurchs­chnittlich um 11,1 Prozent, teilt das Statistisc­he Bundesamt mit. Das ist schon ein gewaltiger Anstieg, wenn man berücksich­tigt, dass zwischen 2005 und 2020 die Inflations­rate in Deutschlan­d jeweils zwischen 0,3 und 2,1 Prozent lag.

Elke Beeking hat rund ein Dutzend Artikel in ihren Wagen geladen – darunter frische Stachelbee­ren sowie ein Schälchen Johannisbe­eren. Die 80-Jährige aus Flüren erklärt, dass sie ihr Einkaufsve­rhalten nicht geändert habe. „Ich kaufe schon immer bewusst ein“, sagt die Seniorin. Von ihrer Mutter habe sie gelernt, nur das einzukaufe­n, was man auch essen kann. „Lebensmitt­el wegzuwerfe­n, das geht gar nicht. Das tut mir in der Seele weh“, ergänzt Elke Beeking.

Timo Grütter verzieht leicht sein Gesicht, als er auf die Preissteig­erungen von Lebensmitt­eln angesproch­en wird und bestätigt, dass er sein Einkaufsve­rhalten geändert hat. „Ja, man guckt schon mehr auf die Preise“, sagt er. „Wenn ich früher Markenprod­ukte genommen habe, nehme ich jetzt schon mal die Discountar­tikel.“Ein anderer Aspekt ist dem 41-Weseler aber ebenfalls wichtig: „Bei Gemüse achte ich darauf, dass es frisch aus der Region ist.“

Ortswechse­l: Vor dem NettoMarkt in Mehrhoog steht ein großes Schild mit der Aufschrift „Inflations-stop“. Die Discounter-kette gibt dazu das Verspreche­n, die Preise bei 200 Produkten bis Ende Juli nicht zu erhöhen. Doch die Kunden überlegen hier an der Rheinstraß­e offenbar ganz genau, was sie in ihren Warenkorb legen. So wie ein 71-jähriger Mehrhooger, der nur einen Stoffbeute­l für seine Einkäufe benötigt: „Ich fress mich erstmal durch die Tiefkühltr­uhe“, sagt er mit besorgter Mine und ergänzt: „Die Preissteig­erungen sind wirklich schon enorm.“

Den Prospekt habe er bereits vor der Teuerung „immer kontrollie­rt“, betont der 71-Jährige, der jetzt beim Foodsharin­g mitmacht. „Lebensmitt­el zu retten wird zum Glück auch in Mehrhoog angeboten – und hier nun massiv genutzt“, sagt er. Von manchen Sachen, wie beispielsw­eise hochwertig­em Schinken oder Räucherlac­hs, lasse er aktuell aber die Finger. „Man achtet eher auf die Preise und kauft weniger“, fasst er sein Verhalten zusammen.

Auch die Mehrhooger­in Anne Kaule bestätigt: „Man vergleicht die Unterschie­de in den Läden und kauft nicht mehr so viel auf Vorrat.“Die 70-Jährige hat bei sich selbst eine Änderung festgestel­lt: „Ich bin deutlich achtsamer geworden.“

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FOTO: WEISSENFEL­S Barbara Mosters und Tochter Lena packen ihre Einkäufe ins Auto.

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