Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Die FDP dreht am Rad

- VON MARTIN BEWERUNGE

Keine drei Tage sind vergangen, seit Bundesfina­nzminister Christian Lindner die Förderung von E-autos komplett infrage stellte. Nun will der FDP-CHEF die gerade beschlosse­ne Abkehr der EU vom Verbrennun­gsmotor ab 2035 blockieren. Damit tritt er das Gaspedal auf dem sorgsam gepflegten Grün seines Koalitions­partners voll durch. Darüber wächst unter Regierungs­partnern, die in ökologisch­en Dingen ohnehin keine Liebesheir­at verbindet, wohl so schnell nicht wieder Gras. Selbst Anhänger der Liberalen dürften sich fragen, ob die FDP jetzt ganz am Rad dreht. Noch zu Jahresbegi­nn hatte Bundesverk­ehrsminist­er Volker Wissing die Verbrauche­r davor gewarnt, weiter auf Verbrenner zu setzen. Jetzt erklärt derselbe Volker Wissing, Lindner habe die richtigen Worte gefunden: Bei den Antrieben müsse man technologi­eoffen bleiben.

Während den einen gerade vor Staunen der Unterkiefe­r herunterfä­llt, dürfte sich Lindner des Beifalls eines erhebliche­n Teils der deutschen Autofahrer gewiss sein. Im Kern aber dreht sich der Streit in der Koalition hauptsächl­ich um den Einsatz von sogenannte­n E-FUels. Das Fahren eines herkömmlic­hen Autos mit dem synthetisc­hen Sprit verbraucht allerdings etwa fünfbis sechsmal so viel sauberen Strom wie das Fahren eines Elektroaut­os. E-fuels sollen vor allem in Flugzeugen oder Schiffen eingesetzt werden.

Nun ist es keineswegs so, als dürften Verbrenner ab 2035 gar nicht mehr fahren. Und bis die letzten um die Jahrhunder­tmitte ihren Geist aufgeben, geht noch viel Zeit ins Land. Noch dazu wollen die meisten Fahrzeughe­rsteller schon vor der von der EU gesetzten Frist freiwillig vollständi­g elektrisch unterwegs sein: Audi ab 2033, VW zwischen 2032 und 2035, und selbst Mercedes hat den baldigen Umstieg angekündig­t. Der Verbrennun­gsmotor hat nicht die Zukunft, die Christian Lindner ihm zugestehen möchte.

Newspapers in German

Newspapers from Germany