Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Die FDP dreht am Rad
Keine drei Tage sind vergangen, seit Bundesfinanzminister Christian Lindner die Förderung von E-autos komplett infrage stellte. Nun will der FDP-CHEF die gerade beschlossene Abkehr der EU vom Verbrennungsmotor ab 2035 blockieren. Damit tritt er das Gaspedal auf dem sorgsam gepflegten Grün seines Koalitionspartners voll durch. Darüber wächst unter Regierungspartnern, die in ökologischen Dingen ohnehin keine Liebesheirat verbindet, wohl so schnell nicht wieder Gras. Selbst Anhänger der Liberalen dürften sich fragen, ob die FDP jetzt ganz am Rad dreht. Noch zu Jahresbeginn hatte Bundesverkehrsminister Volker Wissing die Verbraucher davor gewarnt, weiter auf Verbrenner zu setzen. Jetzt erklärt derselbe Volker Wissing, Lindner habe die richtigen Worte gefunden: Bei den Antrieben müsse man technologieoffen bleiben.
Während den einen gerade vor Staunen der Unterkiefer herunterfällt, dürfte sich Lindner des Beifalls eines erheblichen Teils der deutschen Autofahrer gewiss sein. Im Kern aber dreht sich der Streit in der Koalition hauptsächlich um den Einsatz von sogenannten E-FUels. Das Fahren eines herkömmlichen Autos mit dem synthetischen Sprit verbraucht allerdings etwa fünfbis sechsmal so viel sauberen Strom wie das Fahren eines Elektroautos. E-fuels sollen vor allem in Flugzeugen oder Schiffen eingesetzt werden.
Nun ist es keineswegs so, als dürften Verbrenner ab 2035 gar nicht mehr fahren. Und bis die letzten um die Jahrhundertmitte ihren Geist aufgeben, geht noch viel Zeit ins Land. Noch dazu wollen die meisten Fahrzeughersteller schon vor der von der EU gesetzten Frist freiwillig vollständig elektrisch unterwegs sein: Audi ab 2033, VW zwischen 2032 und 2035, und selbst Mercedes hat den baldigen Umstieg angekündigt. Der Verbrennungsmotor hat nicht die Zukunft, die Christian Lindner ihm zugestehen möchte.