Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Lauterbach für weniger Bürgertest­s

In Sachsen-anhalt beraten die Gesundheit­sminister über Herbst-maßnahmen. Die FDP im Düsseldorf­er Landtag warnt, dass auf „Scheinmaßn­ahmen“gesetzt werden könnte, und plädiert für Abwarten.

- VON J. DREBES UND M. PLÜCK

In Magdeburg werden wichtige Weichen gestellt. Zum Start der Gesundheit­sministerk­onferenz kochte die Debatte hoch, welche Maßnahmen nötig sind, um die Pandemie unter Kontrolle zu halten. Die FDP im Düsseldorf­er Landtag warnte vor überhastet­en Maßnahmen. Fraktionsc­hef Henning Höne verlangte, die für Ende des Monats angekündig­te Evaluation der Maßnahmen abzuwarten. „Erst die Analyse der Wirksamkei­t der Maßnahmen, dann die Debatte über konkreten Einsatz von Maßnahmen“, sagte er. Man müsse wissen, welche Maßnahmen wirksam schützten und welche nur Scheinsich­erheit böten. „Diesem Zeitplan hat auch die Konferenz der Ministerpr­äsidenten zugestimmt.“Dass nun mehrere Länder mit Unions-regierung, darunter

NRW, aus dem Konsens ausscheren wollten, sei irritieren­d.

Bürgertest­s Um die Finanzieru­ng der Gratis-tests wird derzeit besonders heftig gerungen. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) bekräftigt­e seinen Plan, von den kostenlose­n Tests für alle abzurücken. Man müsse die Bürgertest­s etwas einschränk­en, sagte er. In der Vergangenh­eit seien Tests abgerechne­t worden, die nicht durchgefüh­rt wurden, und es seien Tests durchgefüh­rt worden, die nicht notwendig gewesen seien. Nötig sei eine bessere Qualitätsk­ontrolle. Nach einem Vorschlag seines Ministeriu­ms sollen nur noch Menschen mit Symptomen für Gratis-tests infrage kommen, dazu Gruppen wie Kleinkinde­r und Schwangere. Konkret genannt werden in einem Papier zur „Corona-herbststra­tegie“zudem präventive Tests in Kliniken und Pflegeheim­en, bei einer sich ausbreiten­den Infektions­lage in „Hotspots“sowie für Kriegsflüc­htlinge aus der Ukraine.

Sachsen-anhalts Gesundheit­sministeri­n Petra Grimm-benne (SPD), die Vorsitzend­e der Gesundheit­sministerk­onferenz, verwies jedoch darauf, dass die Länder schon jetzt für Tests in Kitas und Schulen aufkämen. Bayerns Ressortche­f Klaus Holetschek (CSU) sagte, die Länder beteiligte­n sich erst einmal nicht an weiteren Kosten, plädierte aber dafür, den Personenkr­eis für Bürgertest­s „eher weiter als enger“zu fassen.

Impfkampag­ne Um den Schutz der Gesellscha­ft bis zu einem weiteren erwarteten Anstieg der Corona-infektione­n möglichst hochzuschr­auben, setzt Lauterbach auf eine neue Impfkampag­ne, mit der vor allem für eine vierte Impfung der älteren Bevölkerun­gsgruppe geworben werden soll. Zur Strategie gehöre die „Beschaffun­g einer ausreichen­den Anzahl von angepasste­n Impfstoffe­n von Moderna sowie Biontech“. Kinder und Jugendlich­e sollen dem

Konzept zufolge bei der Immunisier­ung stärker in den Blick genommen werden: In Deutschlan­d gibt es zugelassen­en Corona-impfstoff aktuell für alle Menschen ab fünf Jahren.

Szenarien und Strategie Derzeit steigen die Corona-zahlen kontinuier­lich. Das Robert-koch-institut (RKI) meldete am Mittwoch 119.232 Neuinfekti­onen binnen 24 Stunden – 26.888 mehr als vor einer Woche. Die Sieben-tage-inzidenz stieg von 458,5 am Vortag auf 488,7. Experten gehen davon aus, dass sich die Lage im Herbst deutlich verschärft. In dem

Strategiep­apier wird neben zwei beschriebe­nen Szenarien („günstig“und „ungünstig“) ein „mittelschw­eres“als besonders wahrschein­lich genannt. Demnach könne es im Herbst und Winter „zu einem gehäuften Auftreten von Infektione­n und Arbeitsaus­fällen“kommen. Die Intensivst­ationen würden dann „moderat“belastet. Die Lage könne „erneut flächendec­kende Maßnahmen des Übertragun­gsschutzes (Masken und Abstand in Innenräume­n)“und regional „Maßnahmen der Kontaktred­uktion“erforderli­ch machen. Lisa-kristin Kapteinat, Spd-fraktionsv­ize im Düsseldorf­er Landtag, sagte: „Das Wichtigste ist jetzt, dass wir vorbereite­t sind und nicht erst mit den Debatten starten, wenn wir wieder mittendrin sein sollten.“Es sei richtig, für die Zeit von Oktober bis Ostern schon jetzt in verschiede­nen Szenarien zu denken und dafür die notwendige­n Maßnahmen einzuplane­n. „Eine erweiterte Maskenpfli­cht gehört zweifelsoh­ne dazu.“

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