Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Die aktuellen Baustellen der Ampel
In der Bundesregierung knirscht es. Worüber SPD, Grüne und FDP streiten und wo Einigkeit herrscht.
Über den eineinhalbstündigen Koalitionsausschuss am Mittwochabend im Kanzleramt war im Anschluss von „konstruktiven Gesprächen“die Rede. Dabei gibt es für die Ampel-parteien durchaus einige Knackpunkte.
Schuldenbremse Kurz vor dem Koalitionsausschuss machte der FDP-CHEF deutlich, dass sie zu seinen wichtigsten Anliegen gehört, „weil wir sonst unsere Haushalte nicht unter Kontrolle bekommen“. Bei stark steigenden Zinsen könne man sich zusätzliche Schulden nicht mehr leisten. Zum anderen sollte man die Inflation nicht mit „immer neuen staatlichen Subventionen anschieben“. Aus Sicht der Grünen wird der Staat alleine die Inflation nicht ausgleichen können. Zur Schuldenbremse sagte Grünen-chef Omid Nouripour zu Wochenbeginn: „Wir würden gerne sehen, wie sie eingehalten werden soll bei all den notwendigen Ausgaben.“
Entlastungen Grünen-chefin Ricarda Lang will künftige Entlastungen „noch zielgerichteter“ausgestalten und Zuschüsse sozial staffeln. Sie unterstützt den Vorschlag von SPDArbeitsminister Hubertus Heil, den Hartz-iv-satz um rund 50 Euro anzuheben. Außerdem wollen die Grünen Menschen mit kleiner Rente stärker in den Blick nehmen. Lindner hingegen stimmte die Bürger auf eine entbehrungsreiche Zeit ein. Es gehe um drei bis vier, vielleicht fünf Jahre der Knappheit. Er sprach von der Gefahr einer „sehr ernstzunehmenden Wirtschaftskrise“. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sieht die von Kanzler Olaf Scholz (SPD) einberufene Konzertierte Aktion mit Arbeitgebervertretern und Gewerkschaften als Antwort auf die wirtschaftliche Lage und die hohe Inflation.
Atomkraft Angesichts der Drosselung der Gaslieferungen durch Russland vor dem Hintergrund des Ukraine-kriegs gibt es einen Streit um den Weiterbetrieb der letzten Atomkraftwerke über das Jahresende hinaus. Bundesfinanzminister Lindner fordert, diesen zumindest zu prüfen. Grüne und SPD lehnen das ab.
Verbrenner Die FDP lehnt das Verkaufsverbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 auf EUEbene ab. Die Liberalen fordern, dass sie auch nach 2035 neu zugelassen werden können, wenn sie nachweisbar nur mit E-fuels betankbar sind. Das grün geführte Umweltministerium befürwortet ein Verbrenner-aus ab 2035. Können sich die Koalitionspartner nicht einigen, stimmt Deutschland in der Regel mit Enthaltung.
Corona-bekämpfung Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern wollen am 1. Juli Maßnahmen für den Herbst vorstellen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sprach sich für ein Ende der GratisBürgertests aus, wegen Finanzierungslücken in der Kranken- und Pflegeversicherung. Finanzminister Lindner wird das gern gehört haben.