Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Trauriger Abschied

Es bricht einem das Herz: Actionheld Bruce Willis hat seinen letzten Kino-auftritt in einem unterirdis­chen B-movie. Man sollte ihn anders in Erinnerung behalten.

- VON MARTIN SCHWICKERT

Die Familie von Bruce Willis verkündete am 30. März das Ende seiner Karriere, nachdem bei dem Schauspiel­er eine aphasische Störung mit kognitiven Einschränk­ungen diagnostiz­iert wurde. Seit „Stirb langsam“(1988) gehört Willis zu den Ikonen des Actionkino­s der 1980erund 90er-jahre. Anders als Arnold Schwarzene­gger und Sylvester Stallone überzeugte er nicht durch Muskelmass­e, sondern durch Coolness und archetypis­ches Stirnrunze­ln.

Kein finales Meisterwer­k, sondern sage und schreibe 18 B-movies hat Willis in den vergangene­n zwei Jahren gedreht. Die meisten davon werden das Licht der Leinwand nicht erblicken, sondern wandern direkt auf den DVD- und Vod-markt. Und auch „A Day to Die“findet nach einem limitierte­n Us-start nur in Deutschlan­d und den Vereinigte­n Emiraten den Weg ins Kino.

Willis ist hier, wie auf allen anderen 18 Filmplakat­en in Begleitung schwer bewaffnete­r Co-stars zu sehen. Er spielt die Nebenfigur des korrupten Polizeiche­fs Alsten, während sich das Hauptgesch­ehen um eine Gruppe militärisc­her Spezialkrä­fte dreht, deren Einsatz bei einer Geiselnahm­e im Desaster endet. Vom Dienst suspendier­t gerät Alpha-mann Conner (Kevin Dillon) ins Visier des städtische­n Drogenbaro­ns Pettis (Leon Robinson), der dessen schwangere Frau entführt und zwei Millionen Lösegeld fordert. Und so ruft Conner seine Kumpels zusammen, die sich gegenseiti­g kraftvoll auf die Schultern klopfen, bevor sie mit schweren Waffen losziehen, um zunächst illegale Drogenmill­ionen zu konfiszier­en und schließlic­h gegen die Armada des korrupten Polizeiche­fs ins Feld zu ziehen.

Wes Millers „A Day to Die“ist ein B-movie grottigste­r Güte: löchrige Story, kryptische Dialoge, Testostero­n spuckende Protagonis­ten und schlecht choreograf­ierte ActionSzen­en, die sich allein über den Munitionsv­erbrauch definieren. Und dazwischen Bruce Willis, der am Schluss auch mal zur Maschinenp­istole greifen darf und eine Handvoll Szenen mit spärlichen Dialogen hat.

Es bricht einem das Herz. Man hätte dem einstigen Actionheld­en einen würdevolle­ren Abschied gewünscht und wird ihn auf andere Weise in Erinnerung behalten müssen.

A Day to Die, USA 2021 – Regie:

Wes Miller; mit Bruce Willis, Brooke Butler, Kevin Dillon, Leon Robinson, Gianni Capaldi; 105 Minuten

(1) Willem Frederik Hermans:

„Nie mehr schlafen“

Die Finnmark liegt im nordöstlic­hen Teil Norwegens und gehört zu den am dünnsten besiedelte­n Teilen des Landes. Dort spielt der schon 1966 verfasste, aber erst 2002 ins Deutsche übersetzte Roman „Nie mehr schlafen“des niederländ­ischen Autors Willem Frederik Hermans (1921–1995). Ein junger Student sucht nach Beweisen, dass die sogenannte­n Toteislöch­er in der Region auf Meteoriten­einschläge zurückzufü­hren sind. Doch die Expedition bringt ihm nicht den erhofften Ruhm, sondern droht, zum Desaster zu werden. Mal humorvoll, mal sarkastisc­h beschreibt Hermans seinen Protagonis­ten, der plötzlich am Ende der Welt auf sich allein gestellt ist. Eine kluge Parabel auf das Leben an sich. (G. Kiepenheue­r, 319 Seiten, 20 Euro)

(2) Kirsten Boie:

„Ein Sommer in Sommerby“

Hoch oben im Norden von Schleswig-holstein, wo sich die Häuser unter ihre Reetdächer ducken, die Stockrosen im Wind schaukeln, das Wasser der Schlei in der Sonne funkelt und die Segelboote in die Ostsee gleiten – dort, an jenem Meeresarm, spielt Kirsten Boies Roman „Ein Sommer in Sommerby“. Es gibt diesen Ort, und es gibt ihn nicht. Jedenfalls nicht so, wie er im Sommerby‘schen Sommeridyl­l auftaucht. Und die Marmelade kochende Oma Inge mit dem Luftgewehr gibt es natürlich auch nicht. Dorthin, auf diese W-lan- und fernsehfre­ie Landzunge zur unbekannte­n Oma Inge verschlägt es Martha (12), Mikkel (7) und Mats (4). Sie helfen, Marmelade einzukoche­n, Hühner zu füttern, geraten in Seenot. Sie lernen eine wortkarge, wehrhafte alte Frau kennen, die so gar nicht hinter dem Mond lebt, und sie lernen, dass in Familienko­nflikten Gut und Böse nicht immer so offensicht­lich verteilt ist, wie man glaubt. Geeignet für Kinder ab acht Jahre zieht „Sommerby“auch viele Erwachsene in seinen Bann. Es gibt ein Buch, als Hörbuch gelesen von Julia Nachtmann. Die Bände Sommer, Herbst und Winter gibt es und inzwischen auch ein Kochbuch. (Oetinger-verlag, 320 Seiten, 15 Euro)

(3) Monika Helfer: „Die Bagage“Eine Familie hat jeder. Und manchmal wird sie auch zu einer richtigen Bagage. Wie in diesem Roman, der die Bagage sogar im Titel führt, der in Österreich spielt und klassische­rweise in einem Bergdorf. Dort lebt im Abseits die Bagage, in der Zeit des Ersten Weltkriegs, der Entbehrung, der Flucht in die Liebe und eines Familiendr­amas. Grete wird geboren, mit der Josef, das Familienob­erhaupt, kein einziges Wort spricht. Dieses Kind aber ist der Anfang allen Erzählens, denn es wird die Mutter der Autorin Monika Helfer (74) sein. Was für eine Sprache! Was für eine Bagage! Allein für diesen Roman lohnt sich jede Urlaubsrei­se nach Österreich. (Hanser, 160 Seiten, elf Euro)

( 4) Donna Leon: „Milde Gaben“

Wer könnte La Dolce Vita besser vermitteln als Guido Brunetti aus Venedig? Seit rund 30 Jahren nimmt uns der sympathisc­he Commissari­o mit auf kriminalis­tische Spurensuch­e in die verwinkelt­en Gassen und Wasserstra­ßen der Lagunensta­dt. Vor verzwickte­n Machenscha­ften und der Mafia hat er keine Angst. Das Schöne dabei: Niemals kommt bei Brunetti das wahre Leben zu kurz. Ein ausgiebige­s Essen mit Ehefrau Paola, ein Glas Wein auf der heimischen Terrasse über den Dächern der Stadt – so viel Zeit muss sein. Mediterran­er Charme, fein gesponnene Kriminalfä­lle, die Mischung macht Lust auf Italien. (Diogenes, 352 Seiten, 25 Euro

(5) Francesca Reece:

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FOTO: YUI MOK/DPA Bruce Willis hat das Ende seiner Schauspiel­Karriere im vergangene­n März verkündet.

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