Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

„Perspektiv­ischer Ausstieg“beim Kies

Schwarz-grün will den Abbau bremsen. Das Koalitions­papier kündigt eine Rohstoffab­gabe an. Die Reaktionen sind geteilt.

- VON BERNFRIED PAUS

Fünf Wochen nach der Landtagswa­hl präsentier­en CDU und Grüne ihre Koalitions­vereinbaru­ng unter dem Titel „Zukunftsve­rtrag für Nordrhein-westfalen“. Der Niederrhei­n blickt mit besonderem Interesse auf Seite 45 des insgesamt 146 Seiten starken Papiers. Da geht‘s um einen konfliktbe­ladenen Rohstoff: Kies. Die Widerständ­e gegen das weitere Vordringen der Bagger sind erheblich. Die designiert­en Koalitionä­re wollen auf die Bremse treten. Sie kündigen an, einen „verbindlic­hen Degression­spfad“einzuschla­gen. Das grundsätzl­iche Bekenntnis: „Wir ermögliche­n perspektiv­isch einen Ausstieg aus der Kies- und Sandgewinn­ung in den besonders betroffene­n Regionen.“Kaum liegt das Papier auf dem Tisch, setzt das politische Gerangel um die Deutungsho­heit ein.

Schwarz-grün hat sich auf die Fahnen geschriebe­n, „die Akzeptanz für die notwendige Rohstoffge­winnung wiederherz­ustellen“. Dazu soll ein „wissenscha­ftlich fundiertes Rohstoffba­rometer“beitragen, das den Verbrauch von Kies und Sand „transparen­t macht“, der auf den „notwendige­n Bedarf“reduziert werden soll. Das hatte die CDU im Wahlkampf stets bekräftigt. Um Flächenver­brauch einzudämme­n, sollen „bestehende Lagerstätt­en maximal ausgeschöp­ft“– also tiefer als bisher gegraben werden.

Konkret plant die künftige Regierungs­koalition spätestens zum 1. Januar 2024 eine Rohstoffab­gabe exklusiv für Kies und Sand einzuführe­n, um den „Ressourcen­verbrauch wirtschaft­lich unattrakti­v zu machen“. Die gewonnenen Finanzmitt­el will Schwarz-grün zur Entwicklun­g umweltfreu­ndlicher Alternativ­en für Kies und Sand ausgeben. Erklärtes Ziel ist, das „Baustoffre­cycling voranzutre­iben“und „Hemmnisse bei der Wiederverw­endbarkeit von Abbruchmat­erial konsequent zu beseitigen“. Um die Recyclingq­uote bei Baustoffen zu erhöhen, soll eine „praxisorie­ntierte Studie“in Auftrag gegeben werden.

Spd-landtagsab­geordneter René Schneider reagiert auf den Vertragsen­twurf geteilt. Er ist grundsätzl­ich „enttäuscht“, weil er „kein wirkliches Umsteuern beim Abbau von Kies und Sand“erkennen mag und bemängelt das Fehlen eines Ausstiegss­zenarios mit einer Fristsetzu­ng. Die Rückführun­g auf den notwendige­n Bedarf für den Bau von Häusern und Infrastruk­tur reicht Schneider nicht: „Das ist eine Menge. Tendenz steigend.“Er lobt aber die geplante Rohstoffab­gabe.

Die sogenannte „Umlenkungs­abgabe“aber stößt beim Baustoffve­rband Vero auf Ablehnung. Die sei nicht nur „rechtlich bedenklich“, so der Verband, sondern führe auch zu „Marktverze­rrungen, längeren Transportw­egen und somit zu höherem Co2-ausstoß“. Die Abgabe treibe Preise nach oben, die „höchstwahr­scheinlich eins zu eins an Endkunden weitergege­ben“würden. Sie stehe zudem im „Widerspruc­h zur Gewährleis­tung der Versorgung­ssicherhei­t und dem insgesamt „positiven Bekenntnis“im Koalitions­papier zu „NRW als Industriel­and“.

Landrat Ingo Brohl (CDU) sieht im „Zukunftsve­rtrag NRW“beim Thema Kiesabbau „die Positionen des Kreistages an wesentlich­en Stellen berücksich­tigt“. Brohl: „Ein Meilenstei­n für unsere Region“. Nun aber komme es auf die „konkrete Ausgestalt­ung“der Ziele an.

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RP-ARCHIVFOTO: ARFI Die künftige Landesregi­erung will den Kiesabbau spürbar zurückfahr­en und langfristi­g aussteigen.

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