Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Verwaltung ist kein Selbstzweck
Bei dem Einsatz der Bundeswehr im Gesundheitsamt in Moers im Dezember und Januar hat es Probleme gegeben. Wer den internen Bericht, den der Leiter des Kreisverbindungskommandos der Bundeswehr, Michael Herbrecht, Ende Januar 2022 verfasst hat, liest, kommt nicht umhin, dies festzustellen. Es hat gehakt, es hat gegenseitige Vorhaltungen gegeben, es gab auch zwischenmenschliche Probleme. Das ist kein Drama. Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Aber es ist so gewesen, niemand bestreitet das.
Dass das Interesse der Beteiligten, also des Kreises Wesel und der Bundeswehr, nicht besonders groß ist, diese Auseinandersetzungen ein halbes Jahr später noch einmal fortzuführen, ist nachvollziehbar. Und dass man sich im Großen und Ganzen versteht, und alle möchten, dass dies so bleibt, zweifelt auch niemand an. Warum sind die Vorkommnisse aus dem vergangenen Corona-winter also heute noch wichtig? Weil sie einen Eindruck gewähren, wie es der Verwaltung gelungen ist, die größte Aufgabe der vergangenen Jahre zu bewältigen.
Verwaltung ist kein Selbstzweck. Sie dient den Bürgerinnen und Bürgern und wird auch von ihnen finanziert. Diese haben also ein Recht zu erfahren, wenn es Probleme gibt. Dass Soldaten, die Corona-kontakte nachverfolgen wollen, über die Feiertage nicht ins Gesundheitsamt können, „mangels Schlüssel“. Dass fünf Soldaten offenbar ein Vielfaches der Fälle erledigt haben, die 19 Mitarbeiter des Gesundheitsamts geschafft haben (was der Kreis bezweifelt). Dass die Soldaten nicht vollumfassend einbezogen wurden in die Planung der Arbeit.
Hat das Gesundheitsamt möglicherweise ineffizient gearbeitet? Wieso war es nach fast zwei Jahren Pandemie überhaupt noch auf die Bundeswehr angewiesen? Das sind legitime Fragen, auf die es gewiss keine einfachen Antworten gibt. Es geht nicht darum, mit dem Finger auf jemanden zu zeigen, weil etwas nicht gelungen ist. Es geht darum, Fehler transparent zu machen, damit eine Debatte darüber stattfinden kann, was aus ihnen zu lernen ist.
Schließlich wissen wir: Die Pandemie ist auch im Juni 2022 noch nicht vorbei.
Henning Rasche
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