Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Schermbeck prüft Klage gegen Leitung
Die Verwaltung wehrt sich gegen eine Trassenführung der geplanten Wasserstoffleitung über das Gemeindegebiet. In einer detaillierten Stellungnahme nennt sie viele Gründe. Notfalls soll ein Gericht die Interessen durchsetzen.
SCHERMBECK Als die Pläne zur Wasserstoffleitung Dorsten-duisburg-hamborn in der Sitzung des Planungs-, Umwelt- und Mobilitätsausschuss am 26. Oktober 2021 erstmals vorgestellt wurden, gab es von der Firma Open Grid Europe (OGE) nur einen etwa 35 Kilometer langen und etwa zwölf Meter breiten Untersuchungsraum. Innerhalb dieses Korridors wurde kein konkreter Trassenverlauf favorisiert. Schermbeck lag am Rande des Untersuchungsraumes.
Jetzt hat Open Grid Europe allerdings zwei von drei Trassenführungen vorgeschlagen, die durch die Schermbecker Witte Berge und durch Gahlen führen. Für die Verlegung dieser Wasserstoffleitung wurde folgender Zeitplan festgelegt: Raumordnungsverfahren ab April 2022, Bau- und Vorabmaßnahmen ab Oktober 2025, Hauptbauzeit ab März 2026, Inbetriebnahme Ende 2026. Inzwischen hat der Regionalverband Ruhr (RVR) die Gemeinde um eine Stellungnahme gebeten.
Die Gemeinde hatte Open Grid Europe zur Teilnahme an der Sitzung eingeladen. Die Firma hat die Einladung nicht angenommen. Der Umweltausschuss gab am Dienstag einstimmig eine Stellungnahme ab. Sie beinhaltet elf Gründe, die insgesamt zu folgendem Urteil führen: „Die mit unzureichenden Sachverhaltsgrundlagen und Bewertungsinstrumentarien von der OGE für Schermbeck ermittelten Korridore und ihre Gewichtung sind fehlerhaft und damit als rechtswidrige Ausübung des Planungsermessens einzuordnen.“
Nach Auffassung der Gemeinde ist die Trassenbündelung von Gasleitungen zu Lasten der Gemeinde Schermbeck unzutreffend vernachlässigt. Kritisiert werden auch die unzureichende Würdigung des Schutzes von Trinkwasserbrunnen auf Schermbecker Gebiet, die Durchquerung eines Ffh-gebietes sowie die großflächige Durchquerung von Naturschutzflächen beziehungsweise naturschutzwürdigen Flächen durch die Schermbecker Korridore. Die Stellungnahme kritisiert die unzureichende
Würdigung der Bodeneigenschaften und des Bodenschutzes bei den Schermbecker Korridoren, eine rechtsfehlerhafte Berücksichtigung von Abgrabungs-(reserve) flächen als Ausschlusskriterium für Korridoralternativen außerhalb von Schermbeck.
Die Gemeinde weist darauf hin, dass Korridore über Schermbeck die Leitungstrasse um 2102 Meter beziehungsweise sogar 3322 Meter verlängern und dass die Korridore über Schermbeck die gemeindliche Planungshoheit und bauliche Entwicklung merklich einschränken. Die Stellungnahme verweist auf einen undifferenzierten, lückenhaften, nicht nachvollziehbaren und fehlerhaften Variantenvergleich im Erläuterungsbericht und im Umweltverträglichkeitsprüfungsbericht.
Die Beeinträchtigung der gemeindlichen Wirtschaftswege wird ebenso angeführt wie eine nicht „hinnehmbare Beeinträchtigung der Schermbecker Landwirtschaft durch zusätzliche Flächenverknappung und Nutzungsausfälle.“Hinzu komme ein Planungskonflikt durch Flächenüberlagerung mit der Windenergie-vorrangfläche „Rüster Feld“.
Für den Fall, dass die Schermbecker Stellungnahme nicht berücksichtigt wird, hat der Ausschuss am Dienstag gegen die Stimme des Bfb-mitglieds Klaus Roth beschlossen, „die gemeindlichen Interessen durch eine spätere Klage gegen die Entscheidung zum Genehmigungsantrag gerichtlich klären zu lassen, wenn sie wesentlich auf den Ergebnissen eines Raumordnungsverfahrens und damit auf einer der Korridor-/trassenführungen über Schermbeck aufbaut.“