Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Bei der SV 08/29 geht eine Ära zu Ende

Thomas Giesen beendet seine Fußball-laufbahn nach 15 Jahren. Der 35-Jährige möchte künftig mehr Zeit mit seiner Familie verbringen. Heute gibt es ein Abschiedss­piel für ihn, Marco Wohlgemuth und den Langzeit-coach Dirk Juch.

- VON JONAS AHLS

Für viele ist die SV 08/29 Friedrichs­feld ohne Thomas Giesen sicherlich kaum vorstellba­r, doch ab der kommenden Saison Realität. Der 35-Jährige hängt nach 15 Jahren im Trikot der „Vereinigte­n“die Fußballsch­uhe an den Nagel. Der Grund dafür ist nicht etwa die fehlende Lust oder der Fußbruch, den er sich Anfang des Jahres zugezogen hat. Der dreifache Familienva­ter hat für sich entschiede­n, die wenige Zeit, die ihm neben dem Job bleibt, mit seinen Kindern und seiner Frau zu verbringen.

„Ich hatte gute Gespräche mit dem neuen Trainer und wollte ursprüngli­ch noch ein, zwei Jahre dranhängen. Es gab auch Überlegung­en, ob ich ins Trainertea­m wechsle, doch da ist der Zeitaufwan­d der gleiche.

Thomas Giesen langjährig­er Spieler der SV 08/29

Ich muss die Zeit zu Hause investiere­n, das ist viel wichtiger. Vor allem will ich meine Kinder sehen. Ich bin viel arbeiten, meine Frau ist oft alleine, und ich sehe die Kinder meistens nur eine Stunde am Abend“, so Giesen, der mit seiner Entscheidu­ng im Reinen zu sein scheint, auch wenn es für ihn schwer sei, es zu realisiere­n.

So ganz fernbliebe­n wird er dem Platz nicht: „Ich werde weiter freitags zum Training gehen, um mich fit zu halten. Das eine oder andere Spiel werde ich mir mit Sicherheit auch angucken. Die Jungs haben meine Nummer, wenn wirklich mal Not am Mann ist, helfe ich aus. Ich hoffe aber, dass das Telefon still bleibt.“

Jetzt freut er sich erst einmal darauf, am Wochenende mit seinen Kindern in den Zoo oder ins Schwimmbad zu gehen, ohne auf die Uhr gucken zu müssen. Irgendwann glaubt er, werde er wieder etwas im Fußballber­eich machen. Seinen eigenen Sohn zu trainieren, könnte er sich vorstellen. Das möchte er aber in Ruhe auf sich zukommen lassen.

Schon vor seiner langen Zeit am Tannenbusc­h hat Thomas Giesen viel erlebt. Von seinem Heimatvere­in ging es zunächst für ein Jahr zum KFC Uerdingen, dann für ein weiteres Jahr zum MSV Duisburg in die Jugend-bundesliga, wo er unter anderem gemeinsam mit dem heutigen Msv-kapitän Moritz Stoppelkam­p auf dem Platz stand. Eine schwere Verletzung bremste seinen weiteren Weg in Meiderich aus, woraufhin es ihn zum SUS 09 Dinslaken zog. Dort verbrachte er drei Jahre in der Jugend, ehe es in den Seniorenbe­reich ging. In seinem zweiten Jahr verhalf er dem SUS 09 als Torschütze­nkönig zum Aufstieg in die Landesliga, was er neben der Zeit beim MSV als persönlich­es Highlight seiner langen Laufbahn sieht. Nach dem Aufstieg zog es den Torjäger zurück zu seinem Heimatvere­in, wo er 15 Jahre bleiben sollte.

Der Höhepunkt im Friedrichs­felder Trikot war für Giesen die Saison 2013/2014, als die „Vereinigte­n“erst im Viertelfin­ale des Niederrhei­npokals gegen den Regionalli­gisten Rot-weiss Essen ausschiede­n. Friedrichs­feld war für Giesen allerdings viel mehr als nur ein Sportverei­n. Eine Heimat, eine Familie, die ihm durch schwere Zeiten geholfen hat. „Als ich meine Eltern verloren habe, habe ich so viel Rückhalt im Verein gefunden. Das hat mir gezeigt, dass ich alles habe, was ich brauche. Deswegen bin ich auch nicht mehr weggegange­n“, sagt Thomas Giesen.

Die letzte Zeit im Trikot des Bezirkslig­isten hat der langjährig­e Kapitän sich aber etwas anders vorgestell­t: „Erst die zwei SaisonAbbr­üche wegen Corona, und jetzt die Verletzung vor der Rückrunde.“Seinen Abschied wird Thomas Giesen allerdings noch bekommen. Am heutigen Samstag findet am Tannenbusc­h ein Abschiedss­piel für ihn, Marco Wohlgemuth und den langjährig­en Trainer Dirk Lotz statt. Dafür hat er unter der Woche auch grünes Licht vom Arzt bekommen. „Zum Glück kann ich wenigstens noch dieses eine Spiel machen.“

Seinem Verein wünscht Giesen, dass er sich wieder im oberen Drittel der Bezirkslig­a etabliert. Doch sein größter Wunsch hat nichts mit der schönsten Nebensache der Welt zu tun: „Ich hoffe, dass ich die Kinder gut groß kriege.“

„Ich muss die Zeit zu Hause investiere­n, das ist viel wichtiger“

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FOTO: MARKUS JOOSTEN So kennt man Thomas Giesen (links): Seit vielen Jahren hat er stets vollen Einsatz gezeigt. Dafür ist aber auch viel Zeit draufgegan­gen.

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