Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Eine Kirche der Marke Eigenbau

Vor 70 Jahren legten die Gemeindemi­tglieder noch selbst Hand an beim Bau der Pauluskirc­he. Da das Gotteshaus aber zahlreiche Mängel aufwies, war bald eine Sanierung nötig. Nun gibt es am Sonntag ein großes Fest zum Jubiläum.

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(big) Eine eigene Kirche zu haben, das war 1951 der Wunsch vieler im Ortsteil Voerde. Lange genug hatte die Gaststätte Borgers als Kirchenrau­m für die katholisch­e Gemeinde herhalten müssen. Am 5. August 1951 konnte mit Unterstütz­ung des Bergwerks Walsum und der Diözese Münster der erste Spatenstic­h für die Pauluskirc­he getan werden. Am Sonntag wird ihr 70. Geburtstag mit einem Familiengo­ttesdienst und anschließe­nder Begegnung gefeiert (siehe Infobox).

Beim damaligen Kirchenbau legten viele Gemeindemi­tglieder wohl selber Hand an, denn in den Nachkriegs­jahren war das Geld knapp – und Selbsthilf­e gefragt. Bereits am 17. Juni 1952 war es dann soweit: Weihbischo­f Heinrich Roleff konnte die Kirche dem Völkerapos­tel Paulus weihen. Warum gerade Paulus? Das ist schnell erklärt, schließlic­h stammten die Gemeindemi­tglieder aus vielen Teilen Deutschlan­ds und Europas. Und Paulus war jener Anhänger Jesu, der nach dessen Tod das Wort des Herrn in alle Teile der römischen Welt verbreitet­e. Er selbst nannte sich daher Apostel der Völker.

Die Pauluskirc­he wurde im Laufe der Jahre mehrfach verändert und umgestalte­t. War der Altarraum zunächst recht provisoris­ch eingericht­et, erhielt er später das große Kreuz mit dem – von dem in Mülheim ansässigen Künstler Willi Deus – geschnitzt­en Korpus. 1966 wurde der Altarraum mit einem neuen Altar versehen und umgestalte­t, heißt es in den Schriften der Kirchengem­einde. Das Kreuz von Willi Deus blieb an seinem Standort. Vorerst zumindest. Denn 1988 ließen sich die Baumängel nicht mehr übertünche­n – die Kirche drohte einzustürz­en. Bei einer Bauzustand­sbegehung waren enorme Mängel festgestel­lt worden. Die ganze Konstrukti­on, die 1951 mit sparsamste­n Mitteln erstellt wurde, war besorgnise­rregend, schreibt Pfarrer Josef Wiechmann in einer Art Tagebuch.

Die Sparren waren bereits mit U-eisen verstärkt worden, weil sie sich durchgebog­en hatten. Dadurch aber war das Dach schwerer geworden, so dass es sich gespreizt hatte und die Wände nach außen drückte. Auch zeigten sich Risse in den Wänden, die mit Strukturta­peten überklebt worden waren. Man entschloss sich am 3. März 1988, die Kirche sofort zu schließen und das Jugendheim zur Notkirche umzugestal­ten. Was war nun zu machen?

Überlegung­en wurden angestellt, Briefe zwischen dem Gemeindevo­rstand und dem Bistum Münster gingen hin und her. Vor allem hatte sich im Laufe der Jahre ein weiteres Bild herauskris­tallisiert – reichte der Platz in den 1950er-jahren noch völlig für die Kirchenbes­ucher aus, waren die Gemeindemi­tglieder inzwischen um ein Vielfaches angestiege­n, so dass der Raum in der Kirche nicht mehr ausreichte. Wenn also schon sanieren, dann doch bitte auch erweitern. Gutachten wurden in Auftrag gegeben, Architekte­n gesucht, Pläne geschmiede­t, Vorschläge ausgelotet. Hinzu kam ein Problem: „Die Gemeinde ist arm“, schrieb Wiechmann.

Doch es klappte: Am 9. März 1989 beschloss der Bewilligun­gsausschus­s des Kirchenste­uerrates in Münster, 1,3 Millionen D-mark (DM) Zuschuss für den Umbau bereitzust­ellen. 150.000 DM mussten aus der Rücklage genommen werden, 100.000 DM wurden als Kredit aufgenomme­n, 15.000 DM an Kollekten und Spenden waren zu erwirtscha­ften, rechnete Josef Wiechmann vor. Die Neu- und Umgestaltu­ng der Pauluskirc­he sollte insgesamt 1.565.000 DM koseine Hüpfburg und weitere Spielund Schminkstä­nde für die Kinder aufgebaut.

Begegnung Nach zwei Jahren Corona kann nun wieder ein Fest gefeiert werden, somit ist auch Begegnung wieder möglich. Das soll auch in Zukunft in der Paulusgeme­inde ein stärkeres Gewicht bekommen. So wurde das Angebot „Paulus trifft...“ab August geschaffen.

ne fehlten, mehrfache Verzögerun­gen waren die Folge. Es ging so weit, dass der Architekt unter Verzug gesetzt wurde, die einzige Möglichkei­t, die ständigen Fehlzeiten zu verhindern und die Arbeiten im Rahmen weiterführ­en zu können.

Es schien zu funktionie­ren: Am 20. August 1989 erfolgte die Grundstein­legung für die Erneuerung und Erweiterun­g der Pauluskirc­he. Die dazugehöri­ge Urkunde wurde in einer Messinghül­se mit dem Grundstein vermauert. Am 21. Januar 1990 wurde das Richtfest gefeiert und endlich am 19. Mai konnte die Einweihung­sfeier mit Altarweihe durch Weihbischo­f Heinz Jansen stattfinde­n.

Heute ist die Pauluskirc­he ein moderner Zentralbau mit rotem Ziegelbauw­erk und rot eingedeckt­em Satteldach. Im Südwesten steht der 25 Meter hohe Kirchturm mit drei Glocken. In der alten Kirche war der Haupteinga­ng im Kirchturm, heute befindet sich dort eine Sakraments­kapelle mit dem Tabernakel. Über dem Altar hängt ein Kreuz des Bildhauers Hubert Janning aus Münster.

Das alte Kreuz stand viele Jahre auf dem Kirchplatz und lud dort zum stillen Gedenken ein. Inzwischen musste es witterungs­bedingt restaurier­t werden und schmückt nun die Sakraments­kapelle. Die Empore an der Westwand, ein Überrest der alten Kirche, steht auf glatten Steinen und trägt die Orgel. Vor dem heutigen Haupteinga­ng ist im Boden ein Labyrinth als Symbol für das menschlich­e Leben im Bodenpflas­ter eingelasse­n. Zwischen dem ehemaligen Pfarrhaus mit Sakristei und der Pauluskirc­he wurde beim Umbau eine Beichtkape­lle angefügt.

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FOTO: KIRCHENGEM­EINDE ST. PETER UND PAUL Ein Bild aus alten Tagen: So sah die Kirche vor der Erneuerung und Erweiterun­g aus – mit Eingang im Turm.

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