Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Selenskyj will alle Städte zurückerobern
Der ukrainische Präsident fordert erneut schnellere Waffenlieferungen zur Verteidigung seines Landes.
(dpa) Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach vier Monaten Krieg in einer Videobotschaft von einer moralisch und emotional schwierigen Phase gesprochen. Vom Westen forderte er zum Auftakt des G7-gipfels im bayerischen Elmau abermals mehr Militärhilfe.
Russland konzentriert seine Bodenoffensive seit Längerem auf die Gebiete Luhansk und Donezk in der Ostukraine. Nach dem Rückzug der ukrainischen Armee aus Sjewjerodonezk, dem Verwaltungszentrum von Luhansk, steht das Gebiet größtenteils unter russischer Kontrolle. In der Nachbarstadt Lyssytschansk stehen die Russen bereits in den Außenbezirken. Russlands
Verteidigungsminister Sergej Schoigu besuchte kämpfende Einheiten– wo genau, wurde nicht mitgeteilt.
Im Osten der Ukraine geriet erneut die nukleare Forschungseinrichtung „Neutronenquelle“in Charkiw unter Beschuss. Dabei seien Gebäude und Infrastruktur wie Lüftungskanäle beschädigt worden, teilte die Nuklearaufsichtsbehörde mit. Der Teil der Anlage, wo der
Kernbrennstoff gelagert wird, wurde nicht erwähnt. Es sei keine erhöhte Strahlung festgestellt worden. Die Ukraine machte Russland verantwortlich.
Der ukrainische Präsident Selenskyj kündigte an, alle von Russland eingenommenen Städte zurückerobern zu wollen. Zu den teils schleppenden Waffenlieferungen aus dem Westen sagte er, die Waffen dürften „nicht länger auf Trainingsplätzen oder in Lagerhallen liegen“. Allein am Samstag sei die Ukraine innerhalb eines halben Tages von 45 russischen Raketen getroffen worden: „Das bestätigt, dass die Sanktionspakete gegen Russland nicht genug sind.“An diesem Montag soll Selenskyj per Video zum G7-treffen zugeschaltet werden.
Zurückhaltend bewertet die EU neue Us-vorschläge zur Durchsetzung einer Preisobergrenze für russisches Öl. „Wir wollen einen Feinschliff“, sagte Eu-ratspräsident Charles Michel. Es brauche eine klare Vorstellung über die direkten Auswirkungen und mögliche Nebenwirkungen. Die USA wollen Russland dazu zu zwingen, Öl für einen deutlich niedrigeren Preis an große Abnehmer wie Indien zu verkaufen. Dies könnte funktionieren, indem der Westen Dienstleistungen wie Versicherungen für Öltransporte an die Einhaltung des Preisdeckels knüpft.